Inhalt:
.5 Jahre Antidiskrimininierungs-Verfassungsbestimmung für behinderte Menschen
»Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.« Was hat diese Bestimmung tatsächlich gebracht? Sind es nur leere Worte, gedruckt auf geduldigem Papier - oder ist das mehr?
Freak-Radio (zu den Gästen): Wenn Sie sich vielleicht einmal unseren Hörerinnen und Hörern vorstellen wollen?
Dr. Fenzl: Ja, guten Tag, mein Name ist Peter Fenzl. Ich habe sechs Jahre am Verfassungsgerichtshof als Wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet und bin heutein einer Berufungsbehörde des Landes Wien dienstlich tätig. Meine Qualifikation, hier zu sitzen, beruht auch darauf, dass ich seit 27 Jahren aufgrund eines Badeunfalls Rollstuhlfahrer bin.
Mag. Krispl: Ich darf mich auch kurz vorstellen: Mein Name ist Michael Krispl. Ich bin seit vielen Jahren in der Selbstbestimmt-Leben-Initiative Österreich tätig und im Verein "Blickkontakt". Das ist eine Interessensgemeinschaft für blinde und sehbehinderte Menschen: Ich bin selbst auch blind und widme mich priärschon seit vielen Jahren dem Thema Gleichstellung und habe in dieser Funktion auch in allen Arbeitsgruppen auf Bundesebene und auf Wiener Landesebene mitgewirkt, um Gesetze nach diskriminierenden Bestimmungen zu durchforsten. Ich war auch, als die Verfassungsbestimmung noch gefordert wurde, zu diesem Zeitpunkt auch schon tätig.
+nach einer Musikbrücke
:Freak-Radio: Sie hören Freak-Radio auf Mittelwelle 1476, und die Musik stammt heute von Sergej Prokofiev). Doch kehren wir zurück zum Thema fünf Jahre Verfassungsbestimmung:
Am 9. Juli 1997 wurde im Plenum des Nationalrats einstimmig die Verfassungsänderung mit dem BGBl. 87/1997 beschlossen. Diese ist dann 14.August 1997 in Kraft getreten. Der Artikel 7 der Österreichischen Bundesverfassung lautet also seit fünf Jahren:
"Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechts, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinerten Menschen in allen Bereichen des Lebens zu gewährleisten.
In der Begründung hat es seinerzeit geheißen: Die vorgeschlagene Novellierung erscheint deshalb notwendig, weil es noch immer nicht selbstverstädnlich sein dürfte, Behinderte im alltäglichen Leben nicht zu diskriminieren. Diese Bestimmung ist als Staatszielbestimmung ausgestattet.
Ja, was ist eigentlich so eine Staatszielbestimmung, Herr Dr. Dr. Fenzl?
Dr. Fenzl: Die Staatsziel des Artikel 7 des Bundesverfassungsgesetzes (BVG) bestimmt eigentlich ein Verahalten des Staates, der öffentlichen Hand gegenüber dem Einzelnen. Um es genau zu sagen: Beim Artikel 7 betraf die Novellierung nicht den gesamten Artikel, sondern nur den zweiten Teil. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz besteht schon sein Existenz des Bundesverfassungsgesetzes und beinhaltetete ja an sich auch die Gleichstellung der behinderten Menschen in jener Formulierung, wie sie damals gewählt wurde.