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Rubrik: Lesen statt Hören
25. August 2002

5 Jahre Antidiskrimininierungs-Verfassungsbestimmung für behinderte Menschen

von Gerhard Wagner

Was nicht angegangen wurde, ist zum Beispiel das Notariatsakt-Zwangsgesetz, wo noch immer Notariatsaktspflicht für Rechtsgeschäfte von blinden und von gehörlosen Menschen vorgesehen sind. Das wurde gelockert, aber bei weitem nicht gelöst.
Oder auch der Ausschluss von Berufsgruppen wie zum Beispiel dem Richterdienst für behinderte Menschen.

Freak-Radio: So viel ich weiß, dürfen blinde und sehbehinderte Menschen jetzt Trauzeugen sein, was vorher nicht der Fall war...

Mag. Krispl: Aber nicht einmal das wurde in dem Sinn geändert, wie wir uns das vorgestellt hätten! Es wurde eine wirklich äußerste Kompromisslösung gefunden, mit der wir nicht wirklich zufrieden sind, die aber wenigstens besser ist als der Status zuvor.

Freak-Radio: Aber in vielen Rechtsgeschäften, vor allem auch Bankgeschäften, gibt es ja noch nach wie vor große Schwierigkeiten im täglichen Leben.

Mag. Krispl: Genau!

nach einer Musikbrücke

Freak-Radio: Sie hören Freak-Radio auf Mittelwelle 1476 diesmal zum Thema "5 Jahre Verfassungsbestimmung: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden")
Wir waren gerade bei den Folgen des Verfassungsgesetzes. Es hat ja auch auf Länderebene Bemühungen gegeben:

Mag. Krispl: Es sind diverse Arbeitsgruppen in den Bundesländern eingesetzt worden, die behindertendiskriminierende Bestimmungen ausfindig machen sollten. Der Arbeitsgruppe in Wien darf ich als rechtlicher Berater der gemeinderätlichen Behindertenkommission beiwohnen. Hier ist auch einiges passiert: Hier sind bereits diverse Bestimmungen gefunden worden, die ebenfalls diskriminieren und es sind auch viele davon mittlerweile geändert worden.

Ich möchte aber vielleicht noch neben den Arbeitsgruppen einen anderen, sehr interessanten Aspekt erwähnen: Es hat auch im November 2001 das erste Verfassungsgerichtserkenntnis zum Artikel 7, dem Benachteiligungsverbot gegeben. Und das ist für meine Begriffe ein sehr interessanter Aspekt, weil es ein konkreter Anlassfall war:
Eine Dame, die von Sondernotstandshilfe ausgeschlossen wurde, weil sie aufgrund einer Behinderung arbeitsunfähig war, hat dann den Rechtsweg beschritten, hat gegen den Bescheid berufen. Letztlich hat sie mit Verfassungsgerichtshofbeschwerde Recht bekommen. Denn Der VGH hat tatsächlich diesen Bescheid aufgehoben, wegen Verstoßes gegen Artikel 7 Abs 1, des Benachteiligungsverbotes und hat zugleich ausgesprochen, dass die Behörde der Bestimmung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, auf die man sich im Verfahren berufen hat, keinen Inhalt im Wege der Interpretation verleihen darf, der mit dem Artikel 7 im Widerspruch steht.

Das ist schon ein sehr interessanter Aspekt weil sich zeigt, dass der Art 7 durchaus auch unmittelbare Wirkung entfalten kann und man daher vermehrt auch darauf schauen sollte, dass die Betroffenen aktiv werden: Dort, wo sie diese Möglichkeit haben, sollten sie diesen Rechtsweg auch beschreiten.

Freak-Radio: Das heißt also, dass es tatsächlich aufgrund dieser Verfassungsbestimmung ein Urteil gegeben hat, dass eine Diskriminierung mit Berufung auf diese Verfassungsbestimmung aufgezeigt und aufgehoben hat. Das ist allerdings wirklich sehr interessant!


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