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Rubrik: Leichter Lesen
30. Oktober 2005

Arbeitsprojekte für Menschen mit Lernschwierigkeiten am ersten Arbeitsmarkt?

von Franz Hoffmann, Julia Wolkerstorfer

Diese Sendung ist für Menschen (und auch Firmen), für die das Thema neu ist. Menschen, die vielleicht noch nicht wissen, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten auch am ersten Arbeitsmarkt arbeiten können (also nicht nur in der "Werkstätte" oder der "Beschäftigungstherapie").

Wir berichten heute von Menschen mit Lernschwierigkeiten und wie diese am ersten Arbeitsmarkt arbeiten können. Viele Menschen mit Lernschwierigkeiten arbeiten in den Werkstätten (man sagt dazu auch BT oder Beschäftigungstherapie).

"Der Mensch kommt zuerst"

Werner Berghofer möchte den Ausdruck "Werkstätte" nicht.
Er kommt aus der Steiermark und ist dort bei den Selbstvertretern tätig.

Selbstvertreter sind Menschen mit Lernschwierigkeiten, die für sich selbst sprechen. Die Selbstvertretung ist 1974 entstanden. Man sagt dazu auch "People First", das bedeutet "Mensch zuerst". Der "Mensch" steht an erster Stelle.

Werner Berghofer findet, dass das Wort "Werkstätte" (BT) diskriminierend ist ("diskriminiert werden" heißt soviel wie "Außenseiter sein", "nicht dazu gehören").

Ein neues Gesetz

Seit Juli 2004 gibt es in der Europäischen Union ein neues Gesetz für Gleichbehandlung in der Arbeit (bei der Europäischen Union haben sich verschiedene Länder aus Europa zusammengeschlossen, zum Beispiel Schweden, Deutschland, Österreich und viele Andere). Die Firmen dürfen ihre Angestellten (Angestellte = Mitarbeiter) mit Behinderungen nicht schlechter behandeln.
In Österreich gilt dieses Gesetzt (für Menschen mit Behinderungen) erst ab Jänner 2006.

"Geistig behindert" ist ein alter Begriff. Das hat man früher so gesagt. Heute sagt man zum Beispiel "Menschen mit Lernschwierigkeiten".

Arbeiten wie alle anderen auch

Wenn man Menschen mit Behinderung auch im Bereich der Arbeit integriert, dann lässt man sie teilhaben am ersten Arbeitsmarkt (an der Wirtschaft). Eben nicht nur am 2. Arbeitsmarkt oder in der Beschäftigungstherapie.
(Für Menschen mit Lernschwierigkeiten ist es manchmal schwierig, sich richtig einzuschätzen. Bei manchen Leuten ist es so, dass sie es sich zutrauen müssen. Darum sind auch die Selbstvertreter so wichtig. Es kommt also sehr auf die Person an, aber auch auf die Umstände).

Dr. Weber ist der Präsident der Lebenshilfe. Er meint zum Beispiel, dass es in anderen Ländern schon gute Arbeitsmodelle (=Bereiche/ Möglichkeiten) gibt, durch die Menschen mit Lernschwierigkeiten auch am ersten Arbeitsmarkt (also "draußen" in der Wirtschaft) arbeiten können.
Es hänge auch sehr von der Politik ab, weniger aber vom Geld. (In der Politik oder in der Regierung gibt es zum Beispiel die SPÖ, ÖVP, BZÖ, Grünen und so weiter).

Gute Beispiele, die es jetzt schon gibt

Hier zwei Beispiele aus der Praxis, also aus der Wirklichkeit (Beispiele für Firmen, die Menschen mit Lernschwierigkeiten am ersten Arbeitsmarkt schon eingestellt haben).

1.Buchhändler (jemand, der Bücher verkauft). Herr L. war dort für 20 Stunden angestellt (er war Mitarbeiter). Es gab verschiedene Förderungen (Gelder) für diese Person am ersten Arbeitsmarkt, sodass diese Person dort überhaupt arbeiten konnte.

2.McDonald:
Bei McDonalds gibt es das Projekt >McStart<. Menschen mit Lernschwächen werden dort am ersten Arbeitsmarkt eingeschult (das heißt, sie lernen, wie sie ihre Arbeit machen können). In Wien ist es die McDonalds-Filiale in der Altmannsdorferstrasse.

»Mehr verdienen!«

Ein Mann mit Lernschwierigkeiten sagt zum Thema >Arbeit< (er arbeitet jetzt in einer Werkstätte):

 

"Meine Wünsche für die Zukunft: Mehr verdienen. Weil die Arbeit in der Werkstätte ist lächerlich - Papierfalten und Stifterl stecken. Sinnlos. Verkäufer werd´ ich wahrscheinlich nie wieder.
Ich möchte was montieren, was zählen, hämmern und nageln, schrauben und bohren. Ich möchte in den Urlaub fahren können, wie ich möchte. Oder einmal ins Kino gehen. Ich will mir auch das Essen selber leisten können.
Und ich rede zuviel. Wenn ich arbeite, muss ich den Chef oder die Chefin oft fragen. Und auch telefonieren muss ich noch lernen."

Sendungsverantwortlich: Julia Wolkerstorfer


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