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Rubrik: Lesen statt Hören
06. April 2003

Arbeitsverbot bei Waisenpension?

von Gerhard Wagner

Frau Kampas sieht nicht; sie braucht Assistenz bei ihrer Arbeit. Wenn Sie geringfügig beschäftigt ist, dann muss sie von dem Geld, das sie nicht verdient, weil es ihr die Pensionsversicherung wieder abzieht, auch noch ihre Arbeitsassistenz bezahlen. Deshalb meint sie mit leiser Bitterkeit: "Im Endeffekt steigt man, wenn man arbeitet, finanziell schlechter aus, als wenn man zu Hause im Eck sitzt"

Der Standpunkt des Sozialministeriums:

Arbeitsversuch einreichen, "um optimale Lösungen bemüht"

"... Erzielt der behinderte Mensch ein Einkommen, welches über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, so hat der Pensionsversicherungsträger die Angelegenheit auf Grund der individuellen Umstände des Einzelfalles zu überprüfen. Es ist darauf hinzuweisen, dass über diese Frage im Rahmen der Selbstverwaltung durch den zuständigen Pensionsausschuss zu entscheiden ist. Ob das Einkommen auf Grund unselbständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit zufließt, ist unerheblich.

Um vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein, ist es einem Waisenpensionsempfänger dringend zu empfehlen, vor Antritt einer Erwerbstätigkeit seine Absicht dem zuständigen Pensionsversicherungsträger bekannt zu geben...

Es erscheint im Zweifelsfalle ratsam, bei dieser Meldung darauf hinzuweisen, dass zunächst ein Arbeitsversuch geplant ist. Sobald mit einer dauerhaften Erwerbstätigkeit gerechnet werden kann, wird eine Waisenpension als finanzielle Grundversorgung in aller Regel ohnehin nicht mehr benötigt werden.

Es wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Vielzahl der vom Bundessozialamt durchgeführten Qualifizierungsprojekte die dargestellte Problematik äußerst selten auftritt. Das Bundessozialamt ist grundsätzlich bestrebt, individuell angepasste, für den behinderten Menschen optimal geeignete Lösungen zu finden ."

Bedenkliche psychosoziale Folgen

Irgendwann einmal wird jeder erwerbsunfähige behinderte Mensch die Waisenpension beziehen, weil ja, je älter man wird, die Wahrscheinlichkeit desto größer ist, dass einer der beiden Elternteile stirbt: In diesem Augenblick fällt man in die Waisenpension, so man nicht vorher selbständig gearbeitet hat. Die Sozialhilfe des Bundeslandes ist ab dann nicht mehr zuständig.

Daher ist die Gruppe der Menschen, die vom Arbeitsverbot bei Waisenpension betroffen sind, keineswegs klein.

Auch dem Erziehungswissenschafter Dr. Peter Singer ist es ähnlich gegangen. Er ist seit seiner Geburt schwer behindert. Seit dem Tod des Vaters ist er auf Halbwaisenpension umgestellt.

Er sieht im Phänomen des Arbeitsverbots bei Waisenpension auch noch weitere soziale Dimensionen: "Es gibt Menschen so wie ich, die keine reguläre Beschäftigung annehmen können, aber zeitweise das eine oder andere machen möchten und auch können. In meinem Fall ist es so, dass ich an der Universität tätig bin - aber derzeit ganz ohne Bezug, weil ich eben kein Einkommen beziehen darf. Dann gibt es noch einen individual- und sozialpsychologischen Aspekt: Denn wenn Menschen wissen, sie dürfen nichts verdienen, dann ist durchaus die Möglichkeit gegeben, dass sie sich denken, ja warum soll ich mich denn anstrengen? - Und das führt dann zu der Gefahr, dass manche Menschen vielleicht perspektivlos werden, Energien abbauen und dadurch eher an den Rand gedrängt werden und sich auch drängen lassen."


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