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.Arbeitswelt von Menschen mit intellektueller Behinderung
Zur Personengruppe »Menschen mit einer intellektueller Behinderung« in Österreich: Zu den Begrifflichkeiten sowie deren Veränderung wurde bereits im Vortrag von Tobias Buchner und Wolfgang Orehounig eingegangen. Ausgehend von dem Richtwert der Weltgesundheitsorganisation, wonach jeweils zwischen 0,4 und 0,6 % der Population eines Landes zu jener Personengruppe gehören, können wir davon ausgehen, dass in Österreich rund 40.000 bis 50.000 Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung leben. Darunter fallen explizit jene Personen, die im Sinne bisher immer noch üblicher Klassifikationsansätze als Menschen mit einer geistigen Behinderung bezeichnet werden. Legen wir dieser Zahl die durchschnittliche Altersverteilung zu Grunde, so befinden sich voraussichtlich zwischen 30.000 bis 35.000 Personen im erwerbsfähigen Alter. Genauere Zahlen oder Statistiken gibt es in Österreich bis heute nicht, so wie sich auch ganz allgemein die Grundlagenforschung zu diesem Bereich im internationalen Vergleich auf einem sehr niedrigen Niveau bewegt. Einigermaßen verlässliche Zahlen gibt es nur aus dem System Schule. So hatten im Jahr 2007 etwa 29.000 Schüler und Schülerinnen in Österreich den so genannten Status eines »sonderpädagogischen Förderbedarfs« inne. Hierbei handelt es sich jedoch um die Gesamtzahl der SchülerInnen, deren Förderbedarf durch ein hohes Ausmaß an Heterogenität gekennzeichnet ist. Eine Tendenz ist immer wieder erstaunlich zu beobachten: während die Geburtenquote in Österreich kontinuierlich rückläufig ist und auch die Gesamtzahl der SchülerInnen zurückgeht, nimmt die absolute Anzahl an SchülerInnen, die einen »Sonderpädagogischen Förderbedarf« zugesprochen bekommen, von Jahr zu Jahr zu. Umgelegt auf den Lebensbereich Arbeit führt das zu der Konsequenz, dass immer mehr vom System als »behindert« etikettierte junge Menschen dadurch erschwerte Zugangsvoraussetzungen zur Teilhabe an diesem gesellschaftlich so bedeutsamen Lebensbereich haben. Wir befinden uns dabei in einem klassischen Paradoxon, einerseits ist es wissenschaftlich erwiesen, dass der Status des »Sonderpädagogischen Förderbedarfs« einen Nachteil im Wettbewerb am hochgradig kompetitiv ausgerichteten Arbeitsmarkt bedeutet, zum anderen ist jedoch die Gewährung von Unterstützung von eben jenem Etikett abhängig (dies wird vielfach auch als das so genannte »Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma« bezeichnet). Auf die Begriffsdebatte soll an dieser Stelle, um den Rahmen nicht zu sprengen, nicht näher eingegangen werden, nur so viel: Der Begriff der »Geistigen Behinderung« wird weltweit von Betroffenen zunehmend als diskriminierend angesehen. Aus diesem Grund hat die internationale ‚People First‘-Bewegung für sich den Begriff »Menschen mit Lernschwierigkeiten« gewählt. Grundsätzlich ist zu sagen: Seien es mobilitätsbeeinträchtigte Personen oder sinnesbeeinträchtigte Menschen: Der Begriff an sich oder die Zuordnung zu einer Behinderungskategorie sagt wenig über den tatsächlichen Unterstützungsbedarf eines Menschen aus. Wenn als Ziel sozial- und arbeitsmarktpolitischer Bestrebungen die berufliche Teilhabe und Inklusion stehen soll, wenn es also das Ziel ist, dass sich Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt behaupten können, dann bräuchte es neue Klassifikationssysteme, die in der Lage sind, den jeweils individuellen Unterstützungsbedarf einer Person zur Erreichung eines bestimmten Ziels (sei es die berufliche Integration oder die selbstbestimmte Lebensführung im frei gewählten Wohnumfeld) zu bestimmen. Hier zu Lande müssen sich Menschen aber nach wie vor in sozialadministrative »Schubladen« einteilen lassen. Es gibt Pauschalleistungen hier, Maßnahmen für diese und jene Zielgruppe dort, und es ist wiederum der Mensch, der dabei gezwungen wird, sich anzupassen. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive betrachtet gehen dabei wertvolle Synergien verloren.