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Rubrik: Lesen statt Hören
25. Mai 2003

Aufeinander Zugehen

von Hubert Wallner

Gisela Gerber: Übermensch würde ich ein Stück relativieren. Eben in diesem Theaterstück, das jetzt im Odeon aufgeführt wird, "Synchronisation Birkenwald", wird dargestellt, dass das aus einer ganz menschlichen Basis kommt und durchaus nicht aus einer übermenschlichen, dass einfach diese Wurzeln gelegt sind in jedem Einzelnen, sie müssen nur aktiviert werden können, das heißt die Ressourcen in uns müssen in irgend einer Form aktiviert werden können und das können wir nur wirklich in der Auseinandersetzung mit dem Lebendigem und mit dem lebendigen Menschen. Wenn das - wie zum Beispiel in der Historie - nicht möglich ist, mit Bildern. Mir schwebt vor, beispielsweise einmal ein Theaterstück zu machen, wo Behinderung im Zentrum steht und wo wir durch Bilder, die unsere Emotionen berühren, Bilder berühren den Affekt eben sehr viel stärker als Worte, wir können nicht immer nur lesen, sondern wir müssen etwas sehen, Bilder entwickeln und unsere Vorstellungen dann in der Realität überprüfen, um sie begreifbar zu machen.

Freak-Radio: Liebe Frau Doktor, bei uns in der Runde ist auch Kathi Zabransky, sie ist meine Chefin. Bilder waren ein Beispiel. Es gibt einen Behinderten, der halb Wien wahnsinnig gemacht hat, weil er trotz seiner Behinderung mit Roller Skates durch die Stadt gefahren ist. Dann ist er umgestiegen auf den Rollstuhl und hat folgendes gemacht: immer wenn er gestürzt ist, hat er ein Foto gemacht von den Leuten, die ihn angeschaut haben, die gesagt haben, "Um Gottes willen, was ist passiert?" oder von der Perspektive der Häuserwand neben der er gelegen ist. Darüber hat er eine Ausstellung gemacht. Wie heißt er?

Katharina Zabransky: Ich möchte nur kurz berichtigen. Er hat Multiples Sklerose, seine Behinderung ist fortgeschritten sozusagen, am Anfang ist er mit zwei Stöcken gegangen, dann hat er einen Roller benutzt, so wie ihn auch Kinder jetzt oft haben, dann ist das nicht mehr gegangen, dann hat er auf den Rollstuhl - während dieser Phase mit dem Roller ist er oft gestürzt, hat immer eine Kamera bei sich gehabt, im Liegen hat er Fotos aufgenommen, hatte öfter Stress mit Leuten gehabt, die ihm aufhelfen wollten, weil sie ihn nicht fotografieren lassen haben. Daraus ist auch ein Buch entstanden, das er vorgestellt hat. Mittlerweile ist er Rollstuhlfahrer, nämlich Handybike Fahrer und er heißt Martin Bruch.


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