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.Banking, Bildung und Barrieren
Transkription einer Sendung über ein neues Bank-Service für gehörlose Menschen. Zu Gast im Studio: Helene Jarmer, Nationalratsabgeordnete der Grünen, Erwin Schauer, Disability Manager der Bank Austria, Christian Klim, Filialleiter in der Bank Austria und Sabine Schremser, Gebärdensprachdolmetscherin.
Moderatorin Margarete Endl: Menschen mit Behinderung stoßen im Alltag auf zahlreiche Barrieren. Diese betreffen nicht nur bauliche Hindernisse, sondern auch Dienstleistungen. Seit dem 1. Jänner 2016 müssen auch Bankdienstleistungen barrierefrei angeboten werden. Grund genug uns näher mit dieser Thematik zu beschäftigen.
Die heutige Sendung trägt den Titel „Banking, Bildung und Barrieren“. Bei uns zu Gast sind Helene Jarmer, Nationalratsabgeordnete der Grünen, Erwin Schauer, Disability Manager der Bank Austria, Christian Klim, Filialleiter in der Bank Austria und Sabine Schremser, Gebärdensprachdolmetscherin.
Ich beginne mit Helene Jarmer. Seit 1. Jänner 2016 sind die zehnjährigen Übergangsfristen im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz vorbei. Wie sieht die Situation nun für gehörlose Menschen in Österreich aus? Wie barrierefrei ist Österreich tatsächlich – wie viele Barrieren gibt es noch?
Helene Jarmer: Die baulichen Barrieren sind überall. Es gibt aber auch Kommunikations- und Informationsbarrieren und sprachliche Barrieren, die uns betreffen. Wie wir alle wissen, ist das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz kein streng oder scharf formuliertes Gesetz. Die Bank Austria ist eigentlich nicht verpflichtet, die Barrieren abzubauen. Sie mussten es nicht machen. Sie hätten sich auch freikaufen können, hätten eine kleine Strafe gezahlt und wären auch im Rennen gewesen. Wenn man wirklich etwas ändern will, müssen sich die Einstellungen der Menschen in ihren Köpfen ändern. Diese Barrieren müssen in Österreich noch stark abgebaut werden.
Wie kann man Menschen für die Anliegen gehörloser Menschen sensibilisieren? Was braucht es dazu?
Helene Jarmer: Man muss im Alltag normal zusammenleben, gemeinsam aufwachsen. Kinder sind offen, für sie ist es etwas Selbstverständliches mit Gehörlosen aufzuwachsen. Kinder lieben die Gebärdensprache. Die ist für sie ein bisschen wie eine Geheimsprache. Sie lernen es irrsinnig schnell. Wenn man so aufwächst, gibt es keine Barrieren mehr.
Wie wäre für Sie das ideale Schulsystem, um diese Verständigung zu ermöglichen?
Helene Jarmer: Das wäre ein inklusives System, alle lernen in einem System. Das heißt, dass sich nicht die Kinder an das System anpassen müssen, sondern umgekehrt.
Dazu braucht es aber auch Lehrer, die die Gebärdensprache selbst sprechen.
Helene Jarmer: Sehr richtig. In diesem Punkt ist es leider so, dass die Lehrer in Österreich nicht verpflichtet sind, die Gebärdensprache zu erlernen, um in einer gehörlosen Klasse zu unterrichten. Im Lehrplan ist das nicht verankert. Die Kinder bekommen nicht das Recht auf Gebärdensprache als Unterrichtssprache. Wenn die Kinder Glück haben und sich einige Lehrer engagieren und die Gebärdensprache erlernen, dann läuft es gut.
Was sind konkret Ihre Forderungen in diesem Bereich?
Helene Jarmer: Ganz klar: In der Ausbildung der Pädagoginnen wünschen wir uns, dass sie für den Unterricht mit gehörlosen Kindern die Gebärdensprache wirklich gut erlernen. Auch im Lehrplan sollte Gebärdensprache als Unterrichtssprache verankert werden. Das heißt, die Kinder sollen zweisprachig in deutscher Lautsprache und Gebärdensprache aufwachsen.
Sie sind Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes. Wie ist die Zusammenarbeit mit der Bank Austria entstanden?
Helene Jarmer: Im Servicecenter ÖGS barrierefrei orientieren wir uns an den Bedürfnissen der gehörlosen Menschen im Alltag und bauen Barrieren ab. Es gibt einige gute Beispiele im Bankwesen zum Beispiel die Barclays Bank in Großbritannien. Die sehen behinderte Menschen als Kunden an und haben eine andere Sichtweise. Sie machen die Bank zugänglich für alle. Die Bank Austria hat sich uns auch offen präsentiert. Einige Mitarbeiter beherrschten bereits die Gebärdensprache und so sind wir zusammengekommen. Für mich war sehr wichtig, dass gehörlose Menschen die Möglichkeit haben in der Bank eine adäquate Beratung in Gebärdensprache zu bekommen. Bis dato war die Kommunikation in der Bank sehr schwierig für gehörlose Menschen. Sie mussten etwas aufschreiben, um mit dem Bankberater auf dieser Ebene kommunizieren. Aber das war kein Gespräch auf gleicher Augenhöhe. Wenn man nur Geld abheben möchte auf der Bank, dann ist das leicht möglich. Da braucht man keine großen Gespräche.
Aber, wenn es um Themen, wie einen Kredit oder um verschiedene Sparformen, war, eine differenzierte Beratung für gehörlose Menschen auf diesem Wege nicht möglich. So leicht sind Gebärdensprachdolmetscher nicht zu finden. Dann stellt sich immer die Frage, wer die Dolmetsch-Kosten übernimmt. Der Zugang zu Bankdienstleistungen wurde für gehörlose Menschen erleichtert.
Zur Situation der Gebärdensprachdolmetscher: Es wird immer gesagt, dass es vor allem im Raum Wien zu wenige gibt. Was muss passieren, damit sich die Situation verbessert?
Helene Jarmer: Ich sage Ihnen ein paar Zahlen: In Schweden gibt es ungefähr genau so viele Menschen, die gehörlos sind, wie in Österreich. Es sind ungefähr 10.000 Personen. Es gibt dort 600-700 Gebärdensprachdolmetscher, in Österreich nur 100. Das ist viel zu wenig für ganz Österreich. Unser Ziel wäre es, dass wir mehrere Dolmetsch-Ausbildungen anbieten können. Bis dato gibt es nur drei Stellen: Darunter ein Fremdsprachenstudium an der Universität Graz mit Gebärdensprache, dann gibt es in Linz eine Ausbildung für Gebärdensprachdolmetscher und eine berufsbegleitende Ausbildung für Gebärdensprachdolmetscher in Wien. Aber eine offizielle Ausbildung in Wien fehlt noch und im Westen Österreichs gibt es überhaupt keine Ausbildungsstätten.
Sie erwähnten die Barclays Bank als Vorbild. Gibt es andere Vorbilder, die sie international ausfindig machten?
Helene Jarmer: Mir ist niemand bekannt. Vielleicht wissen die Herren aus der Bank noch mehr. Aber ich kenne wirklich nur dieses Beispiel, von der Barclays Bank, wo ich in London selbst vor Ort war. Die Menschen sind gut sensibilisiert, sie wissen es gibt Beratung für behinderte Menschen unterschiedlichster Art. Sie verwenden viele Systeme von der Brailleschrift zur Gebärdensprache. Und für Rollstuhlfahrer gibt es barrierefreie Eingänge.
Erwin Schauer – sie sind Disability-Manager der Bank Austria. Seit wann hat die Bank ein Disability-Management?
Erwin Schauer: Die Bank Austria hat seit April 2010 ein Disability Management.
Und was macht ein Disability-Manager?
Erwin Schauer: Das Disability-Management ist verantwortlich für Bankkunden und auch Mitarbeiter mit Behinderung. Wir haben die gesamte Thematik – die riesige Thematik der Barrierefreiheit sowie die erhöhte Fürsorgepflicht für behinderte Mitarbeiter. Das fällt alles in das Aufgabenfeld des Disability-Managements. Gesetzlich gesprochen - das Behinderteneinstellungs- und Behindertengleichstellungsgesetz.
Wie ist das von der Bank Austria vor 2010 geregelt worden?
Erwin Schauer: Vor 2010 war das so geregelt, wie in den meisten anderen Großbetrieben: Es gibt eine Personalabteilung, es gibt einen Betriebsrat. Es hat schon damals Behindertenvertrauenspersonen im Unternehmen gegeben, die von behinderten Mitarbeitern gewählt worden sind.
Und was hat sich seit 2010 durch Ihre Funktion und diese Abteilung geändert für Kunden und Kundinnen, Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen?
Erwin Schauer: Geändert hat sich sehr viel sehr viel, etwa in der Barrierefreiheit für Kunden. Für uns ist Barrierefreiheit ein Allroundprojekt. Da geht es nicht nur um die bauliche Barrierefreiheit, um Rampen für Rollstuhlfahrer. Barrierefreiheit zieht sich bei uns durch das gesamte Unternehmen. Davon ist Kommunikationstechnik genauso betroffen, wie die Baulichkeiten. Man sieht das an diesem Objekt, das im Oktober vom Stapel gelaufen ist: Smart Banking mit Gebärdensprache für gehörlose Menschen. Wir bemühen uns, zu einer barrierefreien Bank zu werden. Was behinderte Mitarbeiter betrifft, hat sich Folgendes geändert: Seit dem letzten Quartal 2012 erfüllen wir bereits die Einstellungsquote laut Behinderteneinstellungsgesetz. Wir bemühen uns auch über diese Quote hinaus behinderte Menschen gezielt einzustellen.
Wie viele Menschen mit Behinderung beschäftigt die Bank Austria derzeit?
Erwin Schauer: Die Bank Austria beschäftigt derzeit ca. 400 Mitarbeiter mit Behinderung, davon 260 begünstigt Behinderte.
Sie haben es schon angesprochen: Im Oktober ist ein neues Projekt vom Stapel gelaufen, das sich an gehörlose Menschen richtet. Ich würde gerne Herrn Klim, den Experten für Smart Banking, fragen: Was ist denn eigentlich Smart Banking? Wie erklären Sie das jemandem, der von Smart Banking noch nichts gehört hat?
Christian Klim: Das Smart Banking der Bank Austria ermöglicht es unseren Kunden, die Bankgeschäfte unabhängig von Ort und Zeit zu erledigen. Das bedeutet, man kann bequem von zu Hause aus oder von unterwegs die Bankgeschäfte erledigen, mithilfe der modernen Medien, mit Tablet, Smartphone, PC etc. Und auch die Beratung findet online statt. Beratungsgespräche kann man online via PC, Laptop oder Tablet von zu Hause aus bequem wahrnehmen, mit erweiterten Beratungszeiten von Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr.
Was macht das Ganze für Menschen mit Behinderungen so interessant?
Christian Klim: Unsere Kunden sind ortsunabhängig. Unsere Kunden ersparen sich sehr viel Zeit. Sie haben nicht diese Abhängigkeit, eine Filiale aufsuchen zu müssen und die Wege zu gehen. Und sie können sich kompetente Beratung und Expertise im Finanzbereich direkt nach Hause holen.
Könnten Sie uns das neueste Projekt vorstellen, das im Oktober gestartet ist und sich an gehörlose Menschen richtet.
Christian Klim: Gehörlose Menschen haben im Smart Banking die Möglichkeit, die Onlineberatung via Videotelefonie mithilfe eines Dolmetsch-Service vom Servicecenter ÖGS barrierefrei wahrzunehmen. Das kann man sich so vorstellen, dass der Kunde bequem zu Hause sitzt, mit seinem Tablett, PC oder Laptop, sich in die Videokonferenz einwählt und dann zusätzlich zum Bank Austria Berater oder der Beraterin ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin mit Gebärdensprachkompetenz dazukommt, und dann das Gespräch zu dritt, mit Dolmetsch, geführt wird.
Wie lange im Voraus muss ein Termin gebucht werden, damit das funktioniert?
Christian Klim: Allgemein ist es so, dass die Terminanfrage im Online Banking gestellt werden kann. Unsere Kunden haben die Möglichkeit, im Onlinebanking auf „neuen Termin“ zu klicken und uns zu senden. Hier haben wir zwecks Koordination mit dem Dolmetsch-Service eine Vorlaufzeit von circa zwei Tagen. Aber es gibt die Möglichkeit, über das Servicecenter ÖGS barrierefrei Relayservice, mit der Bank Austria in Kontakt zu treten und auch telefonisch einen Termin zu vereinbaren.
Wie kam es zu dem Projekt Gebärdensprache in Verbindung mit Smart Banking?
Erwin Schauer: Wir haben bereits 2010 einen Pool von Mitarbeitern gegründet, die die Gebärdensprache beherrscht haben. Das waren circa acht Mitarbeiter österreichweit, die die Gebärdensprache bereits konnten. Damals sagten wir, das wollen wir bei den Kundenbetreuern in den Filialen verstärken. Wir haben begonnen, gezielt Mitarbeiter in Gebärdensprache auszubilden – das machen wir jetzt auch noch.
Die Zielsetzung damals war, dass wir zumindest in jedem politischen Bezirk einen Kundenbetreuer mit Gebärdensprache haben. Dann habe ich mir einmal angeschaut, wie viele politische Bezirke es in Österreich gibt, und bin draufgekommen: Bis wir 100 Kundenbetreuer mit Gebärdensprache ausgebildet haben, bin ich sicher in Pension. Daraufhin haben wir gesagt, dass wir einen anderen Weg finden müssen. Inzwischen hat sich verstärkt das Smart Banking in der Bank Austria herausgebildet, was ja überhaupt für behinderte Menschen von irrsinnig großem Wert ist, weil auch mobilitätsbehinderte Menschen, die Probleme haben, zu einer Filiale zu kommen, wunderbar Smart Banking nutzen können. So ist die Idee geboren worden, dass man flächendeckend in Österreich Kundenbetreuung in Gebärdensprache über Smart Banking anbieten kann. Das war die Geburtsstunde von diesem Projekt.
Das war die Geburtsstunde. Wie ist man weiter vorgegangen?
Erwin Schauer: Man ist dann so vorgegangen, dass man sich mit den Kollegen von Smart Banking zusammengesetzt und dort versucht hat, in Zusammenarbeit mit dem Servicecenter ÖGS barrierefrei erste Prozesse festzulegen. Diese Projekte sind dann mehr und mehr gereift, und innerhalb von ein paar Monaten hat man dieses Projekt auf die Beine gestellt. Seit Oktober bieten wir es gezielt an.
Für welche Geschäfte greifen denn Bankkunden vermehrt auf Smart Banking zurück?
Christian Klim: Man kann sich Smart Banking wie eine Online-Filiale vorstellen. Die Bankgeschäfte, die Kunden im Smart Banking erledigen, sind die gleichen, die die Kunden auch in den Filialen erledigen: ganz normale Serviceleistungen, wie die Bestellung einer Kreditkarte, die Besprechung einer Adressänderung oder Namensänderung bis hin zur kompetenten Beratung über ihren Bau- und Wohnfinanzierungswunsch, ihren Veranlagungswunsch. All das passiert im Smart Banking gleich wie in einer Filiale.
Und für Gespräche, die länger dauern, wie Kreditanträge?
Christian Klim: Das passiert vorwiegend per Onlineberatung, per Videotelefonie, mit einer sehr professionellen Software, die die Videokonferenzen für den Kunden als Erlebnis gestaltet. Das kann natürlich auch per Telefon passieren. Aber wir empfehlen bei solchen Beratungen, die ins Detail gehen und komplexere Themen wie eine Finanzierung etc. betreffen, die Videotelefonie, weil es hier die Möglichkeit gibt, den Bildschirm mit dem Kunden zu teilen. Der Kunde kann die Informationen, die man bespricht, auf seinem Bildschirm sehen und mitverfolgen. Das läuft ähnlich wie in einer Filiale, wo man über Informationsmaterialen gemeinsam am Tisch sitzt, hier die kompetente Beratung über den Bildschirm.
Wie funktioniert das konkret? Gehe ich da auf Skype?
Christian Klim: Es ist nicht Skype, aber man kann es sich ähnlich vorstellen. Es ist eine professionellere Software vom Unternehmen Citrix, einem der Marktführer in Europa für Videokonferenzen. Sie als Kunde haben eine Terminanfrage. Das kann telefonisch passieren, aber auch im Online-Banking. Wir senden Ihnen einen Link zu. Wenn Sie auf diesen Link klicken, sind Sie in der Videokonferenz. Bei der ersten Videokonferenz müssen Sie sich die Software herunterladen. Die ist natürlich kostenlos. Wenn Sie dann in der Videokonferenz drinnen sind, gibt es gewisse Sicherheitsmaßnahmen: Wir identifizieren Sie, wir fragen nach Ihrer Verfügernummer, nach Pincodes und Losungswort, um dann mit Ihnen Ihre Bankgeschäfte im sicheren Bereich besprechen zu können.
Erwin Schauer, Sie haben vorher erzählt, wie sich innerhalb der Bank von einer Lösungsmöglichkeit aus eine andere entwickelt hat. Haben Sie sich auch internationale Vorbilder angesehen? Gibt es andere Banken, die etwas machen, das Ihnen gefällt? Oder sind Sie Vorreiter?
Erwin Schauer: In Bezug auf das Projekt Gebärdensprache: Es gibt eine Bank in England, die Barclays Bank, die auf dem Sektor tätig ist, in Bezug auf Gebärdensprache. Das, was mir davon bekannt ist, ist aber, dass die in erster Linie mit einer Avatar-Lösung arbeiten. Wir sagten aber, dass wir keine Avatar-Lösung wollen, sondern eine persönliche, individuelle Beratung anbieten wollen. Mit diesen Dolmetschdiensten sind wir meines Wissens die einzige Bank, die das anbietet.
Gibt es schon internationale Anfragen an die Bank Austria, dieses Modell zu übernehmen?
Erwin Schauer: In dem Moment, wo wir mit diesem Projekt an die Öffentlichkeit gegangen sind, hat es sehr viele Anfragen aus Deutschland gegeben.
Wie wichtig war es Ihnen, Betroffenenorganisationen an Bord zu haben?
Erwin Schauer: Die Betroffenenorganisationen sind bei jedem Projekt, das wir im Disability Management machen, ausgesprochen wichtig. Hätten wir die Betroffenenorganisationen bei der Projektentwicklung nicht dabei, dann würden wir vom Schreibtisch weg Projekte entwickeln, die am Ziel vorbeischießen. Darum braucht man unbedingt die Erfahrungswerte der Betroffenenorganisationen.
Wie ist es eigentlich mit der Finanzierung? Geld spielt gerade in einer Bank eine große Rolle. Wer bezahlt diesen Service?
Erwin Schauer: Das zahlt die Bank Austria. Das ist ein Teil des Kundenservice.
Die Bank Austria befindet sich aktuell im Umbruch. Wie wird es mit dem Disability Management weitergehen?
Erwin Schauer: Genauso wie gehabt. Das Disability Management wird auch in der nächsten Zeit sehr wichtig in der Bank Austria sein. Die gesamte Beschäftigung mit der Thematik behinderter Menschen ist fast zu einem Markenzeichen der Bank Austria geworden. Da sind wir sehr stolz darauf. Gerade in Zeiten, wie diesen – wir wissen, dass die Bankfilialen immer weniger werden, nicht nur bei der Bank Austria, sondern bei allen Banken. Da werden andere Methoden der Bankgeschäfte umso wichtiger werden – Smart Banking, Online Banking, Mobile Banking. Dort muss ebenfalls Barrierefreiheit gegeben sein. Das sind für uns Riesenprojekte, dort die notwendige Barrierefreiheit zu schaffen. In einer Bank gibt es eine Unmenge an Drucksorten, eine Unmenge an PDFs. Die PDFs müssen in einer Form gestaltet sein, dass blinde Menschen ihre Vorlesefunktion verwenden können. Das sind unsere nächsten Projekte. Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, solche Projekte auf die Beine zu stellen.
Sie haben ja auch Gebärdensprachvideos auf der Homepage.
Erwin Schauer: Wir haben Gebärdensprachvideos, eine Vorlesefunktion für blinde Menschen und eine Leichter-Lesen-Funktion auf der Homepage.
Die Nationalratsabgeordnete Helene Jarmer sagte vorhin, dass das Behindertengleichstellungsgesetz so schwach ist, dass die Bank Austria gar nicht gezwungen wäre, die Schritte zu setzen, die Sie unternommen haben. Das heißt, das ist ein freiwilliger Akt der Bank Austria?
Erwin Schauer: Nicht nur. Die Bank Austria bemüht sich natürlich, die gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen, aber auch darüber hinaus einiges zu tun, und stellt damit eine soziale Kompetenz unter Beweis. Ich bin auch nicht der Meinung, dass das Behindertengleichstellungsgesetz so schwach wäre. Ich habe vor Kurzem einen Entwurf für eine EU-Richtlinie in Bezug auf Barrierefreiheit bekommen und ihn mir genau angesehen. Da kann ich sagen, dass wir uns mit unserem Behindertengleichstellungsgesetz nicht verstecken müssen, dass dieses Behindertengleichstellungsgesetz eigentlich sehr weitreichend ist. Was jetzt gemacht werden sollte, ist einfach, dass dieses Gesetz gelebt wird. Das ist jetzt gerade im Werden, und ich hoffe, dass es bald so ist, dass man nicht nur im Bankwesen, sondern auch in anderen Geschäftsbereichen behinderten Menschen dementsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellt.
Herr Klim, eine Frage, die sich mir aufdrängt. Man sagt öfters, Smart Banking sei eine Art Generationenfrage, dass die jungen Leute damit besser zurechtkommen als die älteren Leute. Versucht man, ältere Menschen dafür zu begeistern, oder haben sie weiterhin die Filialen, die ihnen offensteht? Was machen Sie für Erfahrungen?
Christian Klim: Die Smart Banking-Vereinbarung ist keine Entweder-oder-Vereinbarung, es ist eine Sowohl-als Auch-Vereinbarung. Jedem Kunde, der das Smart Banking Service nutzt, stehen auch weiterhin alle Filialen der Bank Austria zur Verfügung: Er kann seine Bankgeschäfte dort erledigen und auch Beratung in Anspruch nehmen. Wir bewerben natürlich Smart Banking und ganz klar, in der jüngeren Generation wird es leichter angenommen, weil sie mit Medien und Technik im Umgang gewohnter ist. Dennoch darf man nicht unterschätzen, dass auch die ältere Generation mittlerweile sehr gut mit PC, Laptop und Tablett umgehen kann und Smart Banking nutzt, um sich die Wege zu ersparen beziehungsweise die Bequemlichkeit hat, die Bankgeschäfte von zu Hause aus zu erledigen.
Herr Schauer, Sie hatten noch andere Projekte? Da wurde darauf geachtet, wie barrierefrei Geldautomaten sind. Wie steht es damit?
Erwin Schauer: Unsere Selbstbedienungsgeräte in den Filialen haben für blinde Menschen eine Sprachausgabe. Das ist voll ausgerollt. Blinde Bankkunden können ihr Headset bei diesen Geräten anstecken und bekommen über die Sprachausgabe die Anleitung, wie sie dieses Gerät bedienen können. Wir haben vor einigen Jahren bereits die Geräte insofern umgestellt, dass über die Tastatur der Geräte die gesamten Funktionen bedient werden können, weil sich Rollstuhlfahrer und blinde Menschen mit einem Touchscreen schwertun. Wir achten sehr darauf, dass sich die Tastatur in einer erreichbaren Höhe für Rollstuhlfahrer befindet. Auch blinde Menschen brauchen eine Tastatur, damit sie das Gerät bedienen können. Da sind wir soweit, dass wir sagen können, im Großen und Ganzen sind unsere Geräte barrierefrei.
Der Service für gehörlose Menschen ist im Oktober 2015 entstanden. Gibt es für 2016 weitere Projekte in der Pipeline?
Erwin Schauer: Es gibt für 2016 eine Reihe von Projekten, wo wir Änderungen vornehmen werden. Unser Mobile Banking ist teilweise bereits umgestellt, damit auch sehschwache und blinde Menschen damit besser umgehen können. Wir haben das Riesenprojekt, dass wir unser Online Banking verbessern werden, ebenfalls für sehschwache und blinde Menschen. Wir haben das Projekt, das wir unsere PDFs, unsere Drucksorten umstellen, dass die in einer Form sind, dass blinde Menschen eine Vorlesefunktion verwenden können. Da gibt es eine ganze Menge Projekte.
Sind eigentlich alle Filialen bereits für Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen barrierefrei?
Erwin Schauer: Wir haben gut 80 Prozent unserer Filialen barrierefrei gemacht. Bei Filialen, wo das noch nicht passiert ist, gibt es eine Suche zur Standortverbesserung.
Herr Klim, noch eine Frage zu Zahlen. Weiß man, wieviel Prozent der Kunden Smart Banking nutzen?
Christian Klim: Insgesamt sind es über 55.000 Kunden, die in Smart Banking betreut werden.
Margarete Endl: Ich bedanke mich für das sehr interessante Gespräch bei unseren Gästen: Nationalratsabgeordnete Helene Jarmer, Gebärdensprachdolmetscherin Sabine Schremser, die beiden Herren von der Bank Austria, Erwin Schauer und Christian Klim, und Techniker Fritz Trondl. Moderatorinnen waren Sandra Knopp und Margarete Endl.