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Rubrik: Lesen statt Hören
10. Juli 2007

Barrierefrei - ohne Hürden durchs Leben

von Katharina Zabransky

Menschen mit Behinderungen begegnen im Alltag einer Vielzahl von Barrieren. Nicht alle Produkte und Dienstleistungen sind für sie zugänglich. Was getan werden, damit auch behinderte Konsumenten ungestört einkaufen können?
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Freak-Moderatorin: Barrierefrei - ohne Hürden durchs Leben. Willkommen zu einer Freak-Radio Sendung aus dem ORF Kultur Café. Heute behandeln wir einen Aspekt des Themas "Wirtschaft - der Motor unserer Gesellschaft".

Behinderte und ältere Menschen werden oft nicht als wichtige Teilnehmer der Wirtschaft gesehen. Tatsache ist aber: Barrieren, mit denen behinderte Menschen kämpfen, stellen auch für die Generation 50plus, eine wachsende Konsumentengruppe, ein großes Probleme dar. Der Begriff 50plus meint jene, die nach dem zweiten Weltkrieg geboren wurden und sich in der Zeit des Wirtschaftsbooms gut situieren konnten. Sie kommen nun in ein Lebensalter, in dem sie die Früchte ihrer Arbeit genießen könnten und wollten.

Dabei müssen sie sich nun mit Barrieren herumschlagen, die mit den natürlichen Einschränkungen des Alters, wie Sehschwäche, Hörschwäche und Mobilitätseinschränkungen zu tun haben. Diese Gruppe wächst und sie wird im Durchschnitt immer älter. Deshalb bekommt die Devise "Barrierefrei - ohne Hürden durchs Leben" eine stärkere Bedeutung.

Zunächst möchte ich meinen ersten Gast, Frau Grundner, hier im ORF-KulturCafe begrüßen. Können Sie kurz sagen, was Sie tun und wo Sie beschäftigt sind?

Maria Grundner: Ich bin Mitarbeiterin der ÖAR (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation) und betreue dort das Sekretariat für Barrierefreiheit.

In meinen Arbeitsbereich fällt die Beratung für Architekten, Betroffene und Bauherren, die barrierefrei bauen wollen. Ich arbeite mit den Studien unterschiedlichster Bundesministerien und bin auch für Gleichstellungsfragen zuständig. Was ich auch mache: Ich setze das Bundes-Behinderten-Gleichstellungsgesetz im Bereich von Bundesbauten zu Etappenplänen um.

Freak-Moderatorin: Dann frage ich Sie noch etwas Einfacheres: Welche Schule beziehungsweise welche Ausbildung haben Sie gemacht?

Maria Grundner: Ich habe die Höhere Technische Lehranstalt für Hochbau absolviert, danach sechs Jahre bei einem Baumeister als Mitarbeiterin in der Statik gearbeitet und bin jetzt seit Februar bei der ÖAR in Wien angestellt.

Freak-Moderatorin: Sind Sie selber behindert?

Maria Grundner: Ich habe eine Muskelkrankheit, bin gehbehindert und benütze für einen Teil den Rollstuhl.

Freak-Moderatorin: Herr Erich Schmid, können Sie sich kurz vorstellen?

Erich Schmid: Ich bin von Geburt an blind. Ich bin Lehrer am Bundesblindenerziehungsinstitut in Wien und dort vor allem zuständig für die EDV (Elektronische Datenverarbeitung). Ich beschäftige mich viel mit Hilfsmitteln für blinde Menschen, vor allem im Computerbereich. Und ich bin Projektleiter für die Produktion tastbarer Pläne. Darunter fallen zu Beispiel auch Pläne von Gebäuden oder Stadtpläne sowie Atlanten.

Freak-Moderatorin: Der Dritte hier am Tisch ist Herr Gerhard Witzany vom ÖZIV (Österreichischer Zivil-Invalidenverband), können Sie sich kurz vorstellen?

Gerhard Witzany: Ich arbeite als Leiter der Gleichstellungsberatung für den ÖZIV. Der ÖZIV ist eine Interessensvertretung von und für Menschen mit Behinderung und setzt sich hier aktiv seit über vierzig Jahren für Wünsche, Belange und Bedürfnisse von behinderten Menschen ein. Der ÖZIV hat traditionell eine Reihe von Dienstleistungen, die direkt an behinderte Menschen adressiert sind, zum Beispiel Support, persönliches Coaching, Schulungen, Rechtsdatenbank, Arbeitsassistenz und andere.

Der ÖZIV hat jetzt zwei neue Dienstleistungspakete, die er unter dem Namen "ÖZIV Access" direkt an die Wirtschaft, an Unternehmen und Organisationen adressiert. Im Wesentlichen sind das zwei Dinge: Das eine sind ÖZIV Firmentrainings, in denen Mitarbeiter von Unternehmen geschult werden, um so die Bedürfnisse von behinderten Menschen besser kennenzulernen. Sie erfahren, wie sie am besten mit Kunden, um die es letztlich geht, umgehen können.

Der zweite Bereich - für diesen Bereich bin ich verantwortlich - ist der ÖZIV Access Gleichstellungsberatungsbereich. Das ist ein Dienstleistungsangebot, das sich - wie gesagt - an die Wirtschaft sowie an Organisationen richtet. Unser Ziel ist die Gestaltung einer barrierefreien Umwelt. Der Schwerpunkt hier ist die bauliche Barrierefreiheit, wobei wir unter baulicher Barrierefreiheit nicht nur die klassischen Stufen-Rampen-Situationen verstehen. Wir achten auch auf die gesamten Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, so auch sehbehinderte oder blinde Menschen, schwerhörige oder gehörlose Menschen und so weiter.

Unsere Basis bei dieser Arbeit ist das Behindertengleichstellungsgesetz. Außerdem arbeiten wir auch sehr stark Normen-, beziehungsweise ÖNorm-orientiert. Dadurch wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht wird.

Freak-Moderatorin: Auch Sie frage ich: Haben Sie eine Behinderung?

Gerhard Witzany: Ich selber bin nicht von einer Behinderung betroffen.

Freak-Moderatorin: Hören wir nun als Einstieg für die Sendung für eine Straßenumfrage beziehungsweise Straßenbefragung:

Straßenbefragung, erster Interviewpartner: Für mich ist Barrierefreiheit die grenzenlose Freiheit in jeder Hinsicht, also auch die geistige.

Straßenbefragung, zweite Interviewpartnerin: Gerade die Hindernisse für sehbehinderte Menschen sind sehr leicht zu beseitigen, seien es jetzt die gelben Markierungen bei Stiegenanfängen oder dass man nicht unbedingt etwas mitten in den Weg stellt, von Stühlen in Schanigärten bis hin zur offenen Auslagenscheibe. Da könnte man schon vorsichtiger sein.

Straßenbefragung, dritter Interviewpartner: Was recht lustig an öffentlichen Gebäuden ist: Dass es zum Teil noch immer eine Stufe zum WC hin gibt. Das WC ist ein ganz großes Handicap für viele Menschen, die eine Körperbehinderung haben. Dem wird noch immer nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt.

Straßenbefragung, vierte Interviewpartnerin: Dass man überhaupt die baulichen Barrieren in den Köpfen abbaut.

Straßenbefragung, fünfter Interviewpartner: Mein Vorschlag wäre, was natürlich niemandem zu wünschen wäre, einfach einmal ein paar Politiker für eine Woche in den Rollstuhl zu setzen und die dann eine Woche lang im Rollstuhl durch Wien kurven zu lassen: damit sie einmal sehen, wie das Leben mit Barrieren wirklich ist.

Freak-Moderatorin: Wir haben jetzt einige Inputs zum Thema Barrierefreiheit bekommen, auch zum Thema "Barrieren von und für sehbehinderte Menschen". Herr Schmid, welche Barrieren begegnen Ihnen als blindem Konsumenten im Alltag?

Erich Schmid: Als EDV-Experte fällt mir zunächst einmal die Barriere im Internet ein, da hat die Wirtschaft nicht so viel von mir, wie sie vielleicht haben könnte. Es sind leider viele E-Shops und Internetseiten, auf denen etwas angeboten wird, nicht barrierefrei. Das geschieht durch die Ungeschicklichkeit der Webseitendesigner oder Webseitengestalter. Es gibt Richtlinien für Barrierefreiheit: Würden diese eingehalten, würden wahrscheinlich mehr blinde Menschen im Internet auch kaufen.

Die zweite Barriere ist oft im Geschäft selber. Bei den vielen Produkten, die ja heute auf dem Markt sind, kann ich nicht mehr leicht unterscheiden, welches Produkt welches ist. Ich brauche immer wieder Hilfe, kann also nur in ganz bestimmten Geschäften ganz bestimmte Produkte ohne fremde Hilfe einkaufen. Gut wären hier Barcode-Beschriftungen und die möglichen Lesehilfen, um diese Produkte erkennen zu können.

Freak-Moderatorin: Wie könnten Sie solche Beschriftungen dann als blinder Mensch lesen?

Erich Schmid: Es gibt heute schon Möglichkeiten, dass der Barcode, der auf den Verpackungen für die Kassa unbedingt vorhanden sein muss, ausgelesen werden kann. In Deutschland funktioniert dieses System schon einigermaßen, in Österreich gibt es da noch viel zu tun.

Freak-Moderator: Herr Witzany, welches sind die größten Barrieren für mobilitätsbehinderte Menschen? Gemeint sind hier vor allem Rollstuhlfahrer und auch gehbehinderte Menschen, also eventuell mit oder ohne Stock.

Gerhard Witzany: Als erstes fallen immer wieder die Stufen oder Stiegen bei Eingängen oder in Gebäuden auf. Jeder sieht, dass das eine Barriere ist. Das geht natürlich viel weiter, nicht nur für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen.

Es gibt auch Barrieren für Männer oder Frauen mit Kinderwagen oder Transportrodeln oder für Menschen, die schon älter sind - an sich noch keine Behinderung im engeren Sinn haben. Aber viele tun sich doch schon etwas schwerer beim Gehen und brauchen deshalb entsprechende Handläufe. Man sieht hier sehr viele Konstruktionen, die gut gemeint sind. Es wird viel Geld ausgegeben, aber eigentlich schlecht ausgegeben, weil es keine brauchbare Lösung darstellt! Handläufe habe ich jetzt vor allem deshalb angesprochen, weil sie ein gutes Beispiel dafür sind, dass mit entsprechendem Wissen eine gute Lösung erzielt werden kann, ohne dass man mehr Geld ausgeben muss.

Das ist ein generelles Thema: Die Mehrkosten, die immer wieder als Gegenargument ins Treffen geführt werden, sind in Wirklichkeit gering, wenn man es rechtzeitig, das heißt in der Planungsphase berücksichtigt. Ein barrierefreier Handlauf kostet nicht mehr als einer, der nicht barrierefrei ist.

Freak-Moderatorin: Und was sind Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse dafür, dass die Barrieren abgebaut werden?

Gerhard Witzany: Das größten Hindernis, dass Barrieren nicht abgeschafft werden, ist zum Teil Unwissenheit. Diese Unwissenheit existiert auf verschiedensten Ebenen: sowohl bei dem, der eine nicht-barrierefreie Situation schafft, also zum Beispiel ein Lokalbetreiber oder ein Bauherr, der etwas herstellt - aber zum Teil auch bei den betroffenen Leuten, die noch zu wenig darüber wissen.

Auch im Kreise der behinderten Menschen merke ich sehr oft, dass jeweils nur auf die eigenen Bedürfnisse geschaut wird und dass man zu wenig auf die anderen achtet. Wir versuchen in unserer Gleichstellungsberatung, die Materie umfassend zu betrachten. Wir gehen dabei sehr stark normenorientiert vor. Bei unseren Analysen schauen wir uns systematisch an, wie die Situation für einen Rollstuhlfahrer aussieht, wie sie für jemanden ausieht, der schlecht geht oder schwer gehen kann, oder für jemanden, der andere Mobilitätseinschränkungen hat oder auch für sinnesbeeinträchtigte Menschen.

Freak-Moderatorin: Frau Grundner, Sie sind zuständig für die barrierefreie Gestaltung von Bundesbauten in Österreich. Was sind hier die größten Hürden, warum geht das nicht schneller?

Maria Grundner: Die Bundesbauten sollten österreichweit barrierefrei zugänglich gemacht werden. Also so, dass der Zugang für alle Menschen ohne fremde Hilfe möglich ist. Dass jeder Mensch diese Bundesbauten von Museen, Einrichtungen bis öffentliche Dienste besuchen kann.

Das größte Hindernis ist, wie sensibilisiert die Mitarbeiter in einer Einrichtung sind, also welcher Hauch durch die Gänge weht: Besteht eine Bereitschaft zur Zusammenarbeite oder ist ein Widerstand vorhanden? Ist das Verständnis dafür sehr gering oder nicht vorhanden?

Freak-Moderatorin: Wo sind Sie auf viel Verständnis oder Entgegenkommen gestoßen?

Maria Grundner: Das ist sehr individuell: Wenn Betroffene bekannt sind, dann ist das eher leichter. Wenn man nie mit Betroffenen zusammenarbeitet oder nie die Konfrontation mit irgendeiner Behinderung gehabt hat, dann ist es schwierig, dass man dafür sensibilisiert ist.

Es gibt sogar Aussagen wie: "Wir brauchen nicht barrierefrei werden, denn zu uns kommt eh niemals ein Rollstuhlfahrer." Aber warum kommt er nicht? Weil davor sechs Stufen sind und diese eben eine unüberbrückbare Barriere darstellen. Diese Aussage kann man deshalb also absolut nicht gelten lassen.

Freak-Moderatorin: Noch einmal eine Frage an Herrn Schmid: Gibt es wirtschaftliche Angebote von denen Sie aufgrund von Barrieren ausgeschlossen sind, aufgrund Ihrer Blindheit?

Erich Schmid: Es gibt natürlich Angebote, wie zum Beispiel Videorekorder, diese waren für uns fast nie programmierbar, sprich: wir konnten nicht alle Features nutzen. Wir konnten nicht einmal die Dinge, die zu dieser Zeit schon ein CD-Spieler geboten hat, nutzen. Jetzt kommen die DVD-Rekorder und auch da kann ich mir nicht einfach einen handelsüblichen DVD-Rekorder kaufen und ihn einfach über die Fernsteuerung bedienen. Bei den Handys ist ein positives Beispiel zu vermelden, da gibt es doch einige Typen und Serien, zu denen eine Sprachausgabe entwickelt wurde. Daher können wir als Blinde dieses Angebot nützen, allerdings auch nicht jedes Handyfabrikat beziehungsweise nicht jede Handytype.

Freak-Moderatorin: Worin sehen Sie das wirtschaftliche Potential von behinderten Menschen?

Maria Grundner: Es gibt dazu eine Studie von einem deutschen Institut. Die dort errechneten Zahlen gehen davon aus, dass für zehn Prozent der Bevölkerung Barrierefreiheit unentbehrlich ist. Diese sind darauf angewiesen, dass Zugänglichkeit gegeben ist. Für dreißig bis vierzig Prozent der Bevölkerung ist sie einfach notwendig, damit man sich angenehm bewegen kann. Und man höre und staune: Für hundert Prozent aller Menschen ist Barrierefreiheit einfach komfortabel, ist es ein Qualitätsmerkmal. Es vermittelt Sicherheit und Nachhaltigkeit, folglich steigt der Wert jeder Immobilie, wenn sie barrierefrei ausgeführt ist.

Freak-Moderatorin: Gibt es noch ein Beispiel dafür?

Erich Schmid: Ja, ich kann auch noch ein Beispiel bringen: Wären viel mehr Verpackungen von Produkten mit Braillerschrift gekennzeichnet, dann würden sich natürlich blinde Menschen leichter tun, diese Produkte zu nutzen. Ich bin überzeugt, sie würden mehr davon kaufen. Gewisse Ansätze gibt es jetzt schon bei den Verpackungen von Medikamenten. Laut einer EU-Richtlinie müssen diese Verpackungen gekennzeichnet werden. Die Europäische Norm dafür ist gerade im Werden, und es wäre nicht schlecht, diese Verpackungsbeschriftungen auch auf andere Bereiche auszudehnen.

Derzeit gibt es sie nur auf Produkten, die mit Brailleschrift Aufsehen erregen wollen, das klingt vielleicht ein bisschen negativ, zum Beispiel Kosmetikprodukte oder T-Shirts. Da ist es einfach schick ist, wenn da zusätzlich Braille drauf steht. Aber es ist natürlich auch für blinde Konsumentinnen und Konsumenten sehr angenehm, wenn es das gibt.

Freak-Moderatorin: Sollte aus Ihrer Sicht mehr mit Braillebeschriftungen getan werden?

Erich Schmid: Ja, es kann nicht genug getan werden. Es müsste nicht unbedingt Braille sein, es gibt verschiedenste Methoden. Die RFID Chips haben heute zwar immer noch einen schlechten Ruf, weil sie vom Datenschutz her nicht so optimal sind. Wenn man das einmal im Griff hätte, so könnte man vieles mit solchen Chips ausstatten, die dem Blinden oder vielleicht auch dem alten Menschen, der nicht mehr so gut sieht und dem Sehbehinderten mehr über das Produkt erzählen, das er gerade in Händen hat. Vorausgesetzt er hat ein entsprechendes Lesegerät dazu.

Freak-Moderatorin: Wie schafft Barrierefreiheit Arbeitsplätze?

Maria Grundner: Mir fällt in diesem Zusammenhang der Tourismus ein. Da gäbe es wirklich ein großes Potential, wenn Tourismuseinrichtungen barrierefrei gestaltet würden. In diesem Bereich ist noch viel zu wenig getan worden: Das Angebot ist viel zu gering.

Menschen mit Behinderungen würden oft und gerne längere Reisen machen. Wir sind auch dazu bereit, mehr Geld auszugeben, wenn eine durchgehende Servicekette vorhanden ist, also wenn man barrierefrei Urlaub machen kann: Wenn die Barrierefreiheit schon bei der Reservierung des Zimmers gegeben ist, wenn die Anreise zum Reiseziel leicht und einfach machbar ist, wenn die Einrichtungen am Urlaubsort barrierefrei gestaltet sind, wenn Kultureinrichtungen zugänglich sind. Wenn also, von Hotels und Pensionen angefangen, bis hin zu den Aktivitäten, die man im Urlaub machen will und kann, oder auch Shopping, also wenn das alles barrierefrei ist. Da, glaube ich, wäre ein großes Potential vorhanden.

Gerhard Witzany: Ich würde gerne noch einen Satz dazu sagen. Ich glaube, dass Barrierefreiheit auch für behinderte Menschen großes Potential hätte, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn eine Firma oder ein Geschäft einmal barrierefrei erreichbar ist, weil vielleicht die Stufen weg sind, oder weil eine Rampe oder ein Lift gebaut ist, und wenn es drinnen ein barrierefreies WC gibt, dann spricht nicht mehr viel dagegen, dass ein Unternehmen auch einen behinderten Mitarbeiter einstellt. Und auch da sehe ich ein großes Potential für die Wirtschaft und für zusätzliche Arbeitsplätze.

Freak-Moderatorin: Die nächste Frage richtet sich wieder an alle: Die Verherrlichung der Jugend und Schönheit sollte eigentlich in Richtung Integration aller Menschen gehen. Behinderung und Alter sollten nicht ausgegrenzt werden, auch deshalb, weil die Gesellschaft sich in Richtung Alter entwickelt. Was könnte man tun, damit die Integration von behinderten Menschen in diesem Sinn leichter möglich wäre?

Erich Schmid: Wenn man bedenkt, dass sechzig Prozent aller blinden und sehbehinderten Personen über sechzig Jahre alt sind, dann wird klar, dass ein Design für Senioren sicher auch den Blinden und Sehbehinderten zugute kommt, die eben jünger sind als sechzig. Wenn ein Handy größere Anzeigen hat, dann ist das für den alten Menschen gut, aber natürlich auch für den sehbehinderten Menschen. Wenn Dinge einfach zu bedienen sind, dann ist das für alle Menschen gut. All das kann man mit dem Schlagwort "Design for all" zusammenfassen. Es kommt dann immer allen zugute.

Freak-Moderatorin: Ich möchte auch noch auf die Gruppe der Menschen mit Lernbehinderung hinweisen, die mit einfacheren Methoden besser zurechtkommen würden.
Letzte Frage an die hier Anwesenden: Wie steht es mit der Vernetzung untereinander? Als Vertreter von sehbehinderten Menschen, als Vertreter von körperbehinderten Menschen und als Bauberater? Wie sehen Sie die Vernetzung von beratenden Institutionen in Österreich?

Gerhard Witzany: Wir pflegen bereits Vernetzungen mit anderen Interessensvertretungen. Im Konkreten gibt es eine enge Kooperation nicht nur zwischen Maria Grundner und mir, sondern zwischen der ÖAR und dem ÖZIV. Wir arbeiten beim ÖZIV auch mit einigen anderen Institutionen sehr eng zusammen. Ich gebe Ihnen aber vollkommen Recht, dass das noch zu wenig ist. Es wäre sicher in der Sache hilfreich, wenn Vernetzungen und Kooperationen in größerem Ausmaß stattfinden würden.

Maria Grundner: Ich sehe die ÖAR auch als eine Drehscheibe dieser Vernetzungen. Da gibt es sehr viele unterschiedliche Gruppierungen, die wir österreichweit zusammenführen wollen. Der Verein "Design for all" ist sicher eine der maßgeblichen Gruppierungen, dazu die Arbeit vom ÖZIV. In den einzelnen Bundesländern gibt es Anlaufstellen für solche Fragen, die untereinander kommunizieren.

Erich Schmid: Ich denke, es ist ein Vorteil dieser Vernetzung, die sicher schon begonnen hat, die aber jedenfalls intensiver werden kann und muss, dass jede Behindertengruppe ihr Kerngeschäft hat. Sie vertritt zwar behinderte Menschen, die zu dieser Gruppe gehören, sie hat auch Spezialisierungen entwickelt, die genau diese Behindertengruppe betreffen. Zum Beispiel habe ich heute vor der Sendung viel über Persönlixhw Assistenz gelernt.

Im Blindenbereich ist die Vernetzung noch nicht weit fortgeschritten. Da hatte ich hier gute Gesprächspartner, um etwas für mich und vielleicht auch für andere zu lernen. So können die einzelnen Gruppen ihr Wissen einander zu Verfügung stellen. Das ist das Beste an dieser Vernetzung.

Freak-Moderatorin: Damit sind wir schon fast am Ende der Sendung. Frau Grundner, wenn Sie sich, was Barrieren anlangt, etwas wünschen könnten, was wäre das? Welche Barrieren sind die Schlimmsten?

Maria Grundner: Ich würde mir schon wünschen, dass das Thema viel mehr im Alltag verankert wird. Sensibilisierungsarbeit ist nach wie vor sehr, sehr wichtig. Die Barrieren in den Köpfen sind meist noch ziemlich hoch und ziemlich groß. Da könnte man beispielsweise mit Bildungsprogrammen ansetzen.

Es ist notwendig, dass viel mehr Menschen über dieses Thema Bescheid wissen, um so die Inklusion behinderter Menschen bewerkstelligen zu können.

Freak-Moderatorin: Wir sind nun beinahe am Ende dieser Sendung angelangt. Abschließend möchte ich noch die Sendungsgestalter Chris Egger, Peter Steinkellner und Bernhard Hruska erwähnen. Außerdem danken wir Sendungscoach Roberto Talotta für seine tatkräftige Unterstützung, technisch verantwortlich war Gerhard Pally. Am Mikrofon verabschiedet sich Katharina Zabransky.

Freak-Selbstbestimmt-Jingle

Sprecherin: Sie hörten eine Sendung der Schwerpunktreihe: »Selbstbestimmt mit allen Sinnen - ...

Sprecher: ...Wege zur Gleichstellung. Wege ohne Diskriminierung« ...

Sprecherin: ...die vom Bundessozialamt aus Mitteln der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung gefördert wird.


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