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Rubrik: Lesen statt Hören
01. Februar 2004

Barrierefreier Arztbesuch?

von Walter Lindner

Gerda Ressl: Das Wichtigste, wenn ich mit meiner Tochter zum Arzt gehe, ist, dass er bereit ist, mit einem mental behinderten Menschen zu kommunizieren. Tut er das nicht, verlasse ich sofort diese Praxis. Es gibt solche Ärzte immer noch, obwohl ich sehr zuversichtlich bin. Nachdem man jetzt den barrierefreien Zugang entdeckt hat, der wirklich kommen wird, denke ich doch, dass durch den Zugang zu den Medien und Internet es sich verbreiten wird. Man kann einfach abrufen, wo es Ärzte gibt, die einen Zugang zu mental behinderten Menschen freiwillig haben. Ich bezieh mich hauptsächlich auf mentalbehinderte Menschen! Der Zugang ist ganz wichtig, denn sonst kann ich mit einer Betreuung überhaupt nicht rechnen. Ich habe beispielsweise Zahnärzte erlebt, die bei mental behinderten Menschen nur unter Narkose arbeiten, ihnen auf einen Schlag sieben Zähne ziehen. Ich habe aber auch Zahnärztinnen erlebt, die denselben Patienten das ohne Narkose, mit viel Einfühlungsvermögen, machen. Die muß man dann bei schwierigen Patienten herausfiltern. Das wird uns nicht erspart bleiben, die gewillten Ärzte herauszufinden. Aber auch da bin ich sehr zuversichtlich.

Freak-Radio: Herr Dr. Paukner: Auf das Statement von Frau Ressl bezugnehmend: Hat ein Arzt die Möglichkeit, einen behinderten Patienten abzulehnen?

Dr. Paukner: Grundsätzlich würde ich sagen, dass mich das betroffen macht, wenn das passiert. Das soll überhaupt keine Entschuldigung Sein: Es steckt wahrscheinlich Angst dahinter. Wie geht man mit einem behinderten Patienten um, wie gehe ich mit einer mentalbehinderten Patientin um? Ich glaube, dass hier verstärkt Kommunikation notwendig ist. Wo sind die Bedürfnisse dieser PatientInnen? Das Studium ist mir in diesem Bereich nahezu alles schuldig geblieben. Da hat sich überhaupt nichts getan. Die Erfahrungen macht man erst dann, wenn man dafür offen ist. Vielleicht hat sich das etwas geändert. Ich bin aber eher skeptisch, ich glaube nicht, dass es wesentlich besser geworden ist. Aber das heißt nicht, dass wir gemeinsam, Behindertenverbände, betroffene Patientinnen und Patienten und die Kammer, ein Podium schaffen könnten, wo wir einfach versuchen, diese Barrieren in den Köpfen wegzuräumen.

Freak-Radio: Frau Tschutschek: Ist es nicht manchmal so, dass man automatisch eine Begleitperson anschaut, wenn sie beispielsweise mit einem blinden Patienten mit geht und sich dadurch, ohne es bewusst zu tun, mit ihr unterhält anstatt mit ihm?

Gundi Tschutschek: Das ist selbstverständlich eine Möglichkeit. Ich bin mit einem blinden Mann verheiratet. Ich habe mich dabei erwischt, dass ich für ihn gesprochen habe. Danach habe ich mir gedacht: "Bitte, er ist ja manns genug, für sich selber zu reden." Das passiert. Nur mein Arzt, der Herr Dr. Frass, versucht, da er die Patienten selbst in das Sprechzimmer bittet, den Patienten ohne Begleitperson zu kontaktieren, wenn der das möchte, weil so ein Arztbesuch eine Privatsache ist. So versuchen wir, die Chance zu geben, allein mit dem Arzt zu sprechen.


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