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.Barrieren mit dem Webdienstleister abbauen
Andrea Frauscher, Telekom Austria, Projekt Telekomaustria.com
Moderatorin, Eva Papst: Die nächste Referentin ist eine Dame, die Frau Andrea Frauscher von der Telekom Austria Group. In ihrem Referat geht es in erster Linie um Harmonisierung der verschiedensten Probleme, die man so hat, wenn man Webanbieter ist und es ist auch ein Praxisbericht, wie eine Sache durch Kommunikation und Vernetzung wachsen kann.
Andrea Frauscher: Einen schönen Nachmittag auch von meiner Seite. Mein Name ist Frauscher Andrea, ich arbeite bei der Telekom Austria Group, bin dort für die Unternehmenswebsite zuständig. Ich darf Ihnen heute unser Projekt vorstellen, wie es zur www.telekomaustria.com gekommen ist, beziehungsweise zur Barrierefreiheit dieser Seite oder zur relativen Barrierefreiheit, absolut ist das ja nie. Ich habe dem Ganzen den Untertitel "Vom guten Gewissen zum Wissen" gegeben. Diesen Untertitel habe ich mir von Mainblog ausgeborgt, darauf komme ich später noch einmal zu sprechen. Dieser Untertitel veranschaulicht sehr schön die ganze Entwicklung und wie es eben zur telekomaustria.com-barrierefrei gekommen ist.
Ich hole ein bisschen aus, 2004 haben wir die telekom.at gelauncht. Damals waren unsere Anforderungen, dass die Seite barrierefrei ist, wir haben dazu auch intern Know-How aufgebaut, haben das Ganze mit der Webagentur umgesetzt und haben uns damals, ich betone das, damals für eine barrierefreie Version entschieden. Diese hatte zwar den Content, aber eine eigene Home und eine eigene Navi im Gegensatz zur "normalen" Flash-Version. Wir haben das Ganze dann mit der Agentur umgesetzt, die auch schon die barrierefreien Kriterien umsetzen sollte und umgesetzt hat und danach einen WAI-Check durchgeführt. Überprüft haben wir das mit einer spezialisierten Agentur und Vertretern des ÖBSV und einem sehschwachen Kollegen, der bei uns in der Telekom Austria arbeitet. Dann haben wir eine Liste von To-Dos gehabt, die wir umsetzen mussten und danach ist das Ganze wieder überprüft worden. Wir haben dann guten Gewissens gemeint, es ist einmal relativ barrierefrei, es gibt zwar vielleicht ein paar Dinge, die man noch lösen kann, aber es ist für uns einmal ok so. Das war damals die Seite. Ist sie wirklich barrierefrei? Ende 2006 haben wir dann ein Mail von Main bekommen mit dem Betreff "Ergebnis Barrierecheck www.telekom.at" und Main war der Meinung, dass die Seite noch so barrierefrei ist, wie wir damals geglaubt haben und dass sie doch eine Reihe von Mängeln aufweist. Ich habe mich dann ein bisschen schlau gemacht, wer Main ist und was die machen und habe dann einen Blog gefunden, auf dem schon heiß diskutiert wurde. Ich darf jetzt kurz daraus zitieren, ohne jetzt Namen zu nennen: "Es ist eine typische Seite eines Unternehmens, das Anstrengungen für barrierefreies Internet unternommen hat, doch nach 15 Minuten Testen auf dieser Seite lässt sich sagen, dass sie sogar grundsätzlich die minimalsten Standards der Barrierefreiheit nicht einhält. Sonst basteln alle ein bisschen an ihren Webseiten herum, erfüllen damit mehr oder weniger zufällig das eine oder andere Kriterium für Zugänglichkeit und behaupten dann, wir sind total barrierefrei."
Ich war etwas frustriert und dann hat es Gott-sei-Dank noch andere Meldungen gegeben, "?aber der Seite nicht einmal minimale Standards der Barrierefreiheit zuzugestehen ist auch nicht fair. Und da sollte die Telekom ihre Agentur noch ein wenig quälen um das zu optimieren."
Es gab da eine Liste an Postings. Wir haben uns dann mit Main in Verbindung gesetzt und auch gepostet und es ist dann zu einem Termin gekommen mit Main und BIZEPS und freien Programmierern und unserer Agentur. Da ist dann herausgekommen, die Seite ist mangelhaft, barrierefrei ist sie mehr oder weniger nicht wirklich, aber wenn wir wollen können wir Unterstützung von Experten in Anspruch nehmen. Das haben wir dann auch getan; aber vorher möchte ich noch kurz ein bisschen auf unsere Situation eingehen. So, naja, warum haben Sie's denn nicht gleich gescheit gemacht? Als Medienverantwortliche ist man wirklich immer einer ganzen Liste von unterschiedlichen Ansprüchen ausgesetzt. Da ist einmal das Design. Der Designer sagt so soll die Homepage aussehen und nicht anders und das ist schön. Dann haben wir irgendwelche externen Applikationen, die wir einbinden müssen, das Corporate Design muss beachtet werden. Dann hab ich die WAI-Kriterien, ich habe eine Redaktion, die sagt, nein, das dauert so zu lange. Ich habe die Programmierer, die sagen, nein, so geht das nicht. Dann habe ich das Image eines innovativen IKT Unternehmens, also, nur textlastig können wir nicht sein, wie schaut denn das aus, dann hab ich einen Launchtermin und in drei Wochen muss das ganze Ding fertig sein. Man versucht das alles einfach unter einen Hut zu bekommen. Der Termin bei Main und das Angebot, wirklich Unterstützung von Experten zu bekommen ist zu einem ganz genialen Zeitpunkt gekommen, wir waren nämlich gerade dabei für die telekomaustria.com zu planen, das ist die jetzt neue Group-Seite. Die Telekom Austria hat jetzt nämlich eine Holdingstruktur und es gibt eine Seite, die über der telekom.at drüber steht und über der Mobilkom-Austria und wir waren eben genau in den Vorbereitungen zum Launch. Es hat an und für sich schon das Briefing mit der Agentur gegeben, es hat schon zwei unterschiedliche Designvorschläge gegeben und zwar haben wir damals wieder gesagt, Barrierefreiheit ist uns ein Anliegen, aber durch den Termin mit Main und durch die Unterstützung haben wir unsere Ansichten, was barrierefrei eigentlich für uns ist, noch einmal ein bisschen überdacht. Wir haben dann noch einmal einen Termin gemeinsam mit der Agentur und Bizeps gemacht und gesagt, wir wollen, dass die Seite wirklich barrierefrei ist und haben uns auch einen Level AA vorgenommen. Wir haben dann zwei unterschiedliche Designs gehabt, das eine war etwas textlastiger und das andere war eher flashiger und ein bisschen verspielter. An und für sich wäre es einfacher gewesen, das eher Textlastige zu nehmen und wir haben uns dann doch für das entschieden, was allen von der Optik her besser gefällt, ohne uns wieder für eine separate barrierefreie Version zu entscheiden. Wir haben das wieder mit derselben Webagentur umgesetzt, die sich dann aber mehr Know-How in diesem Bereich angeeignet hat und haben das dann mit Bizeps so angesetzt, dass sie schon während der Programmierung einfach die Templates angeschaut haben. Dann hat es wieder eine To-Do-Liste gegeben, die die Webagentur eben erledigt hat und nach der Programmierung sind die Dinge wieder angeschaut worden. Jetzt haben wir ein noch besseres Gewissen gehabt, als vorher. Das ist jetzt die Seite. Sie ist grau, das ist eben die Designvorgabe, aber sie ist wesentlich barrierefreier als die alte. Was haben wir gelernt? Es ist wirklich wichtig, bei der Auswahl der Dienstleister darauf zu achten, dass sie wissen, was barrierefreies Programmieren ist. Bei neuen Projekten einfach die WAI Levels dezidiert ins Briefing aufnehmen, nicht nur sagen, wir hätten gerne, dass das Ganze barrierefrei ist, sondern das soll einfach AA werden. Und die WAI Levels wirklich dann auch im Vertrag festlegen, das ist unser Ziel und das ist nur dann erfüllt, wenn das auch wirklich passt. Ganz wichtig ist, die WAI-Konformität in den Entstehungsprozess miteinzubeziehen. Was für uns wirklich sehr hilfreich war, war die Zusammenarbeit mit externen Experten und was ich auch noch jedem raten würde: wirklich Zeit für die Überprüfung und die Adaptionen einplanen. Genauso wie man sagt, man plant jetzt zwei Wochen für einen Usability-Test ein, genauso sollte man sich wirklich auch die Zeit für die Accessibility-Überprüfung nehmen. Und die WAI-Arbeitspakete doppelt während und nicht nach der Programmierung ansetzen und so wenig Kompromisse wie möglich eingehen und dann wirklich dranbleiben. Also nicht dann meinen, irgendwann ist man fertig, weil man ist einfach nie fertig mit diesen Dingen, man muss sich dann die neuen Seiten wieder anschauen, die neuen Applikationen wieder durchschauen und das ist wirklich ein Work-in-Progress. Was wollen wir noch machen? Wir haben noch einige offene To-Dos für die telekomaustria.com, wir haben dann durch den Launch der telekomaustria.com die telekom.at ein bisschen liegen gelassen, das werden wir jetzt dann, beziehungsweise nächstes Jahr angehen und wir wollen Leitlinien zur Barrierefreiheit formulieren und dann eben versuchen, das im gesamten Unternehmen breiter zu kommunizieren.
Moderatorin: Möchte noch jemand etwas zu diesem Unternehmensprozess wissen?
Erster Fragesteller: Ja, ich hätte die Frage: Wie rennt das mit den Inhalten auf Ihrer Seite, gibt es da eine zentrale Redaktion, die über die Barrierefreiheit Bescheid weiß oder gibt es da ein CMS dahinter, das besonders intelligent ist?
Andrea Frauscher: Es ist ein CMS dahinter und eine mehr oder minder gesuchte Redaktion.
Moderatorin: Noch weitere Fragen dazu?
Zweite Fragestellerin: Ist das ein Geheimnis, ich würde gerne die Agentur wissen, aufgrund Ihrer Erfahrungen.
Andrea Frauscher: Das ist GMC 0.1(?).
Moderatorin: Wir können, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen, auch gerne noch Werbung für andere Agenturen machen, die das Thema durchaus beherrschen. Man sollte das gar nicht glauben, es gibt schon einige am Markt, die sich damit erfolgreich beschäftigt haben und Referenzprojekte vorzuweisen haben. Es ist auch, und ich glaube das sollte man hier auch erwähnen, durchaus möglich, die Agentur, mit der man vielleicht jahrelang gut zusammenarbeitet jetzt nicht einfach auszuspannen und sagen, wir wechseln die. Man kann ja auch einen Consulter dazu nehmen, wie das manche Unternehmen auch gemacht haben. Hier geht es nicht darum, dass einer dem anderen das Geschäft abjagt, es ist ein Spezialgebiet wie jedes andere auch. Designer werden ja auch zugekauft, warum nicht auch Accessibility-Experten.
Andrea Frauscher: Ich würde jedenfalls eine Überprüfung mit einem externen Experten machen.
(Transkription: Christine Schubert, www.freak-online.at)