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Halloween: Freakige Friedhofsgeschichten
Zu Allerheiligen und Allerseelen, neudeutsch Helloween, gedenken wir unserer Verstorbenen....
Freak-Classic: Phönix aus dem Gips?
Anlässlich des 80. Geburtstags von Gerlinde Zickler wiederholen wir am 22. Oktober 2024 einen...
Begegnung von SchülerInnen des Gymnasiums Schottenbastei mit SchülerInnen der BHS Ungargasse
Diesmal hat Freak-Radio einen besonderen Text für Sie: Vor mehr als einem Monat hat eine Begnung zweier Schulen stattgefunden. Zwischen SchülerInnen der 5a des Lisa Meitner Gymnasiums (Schottenbastei) und drei Schülerinnen der BHS Ungargasse (im SchülerInnenheim)
Unbeschreiblich ist die Dynamik, die sich hier ergeben hat, und die die Englischlehrerin der 5a, Maria Krause, zusammen mit dem Projektleiter Gerhard Wagner und der Heimleiterin Dr. Mikovits miterleben konnten.
Das Ergebnis können Sie übrigens am Sonntag, dem 30. Jänner 2005 um 20.30 live auf MW 1476 in einer Magazinsendung hören (WH. am Di. 2.2., 20.30). Bei diesem Text handelt es sich um das ungeschnittene Original.
Die Sendung finden Sie hier in der Rubrik "Zum Nachhören"
Diesem Interview, das Sie hier lesen können, ging eine "Aufwärmrunde" der SchülerInnen untereinander voraus. Viele Fragen, die von Freak-Radio gestellt werden, sind bereits im Vorfeld von den SchülerInnen formuliert worden.
Schülerin: Wie sieht der Sportunterricht aus? Nachdem es verschiedene Behinderungen gibt, müsste das doch individuell abgestuft sein, oder?
Heimleiterin Dr. Mikovits: Da sind die Sportlehrer besonders dafür ausgebildet. Wir haben zum Beispiel jetzt eine Gruppe, die fahren auf ein Schiwochenende, bzw. Snowboard-Wochenende, gleichzeitig fahren da auch unsere Therapeuten mit, es ist also sehr vieles möglich. Aber, keine Frage, nur mit Spezialausbildung.
Stefanie: Es gibt auch einmal in der Woche das Angebot, Bogen zu schießen. Das ist am Abend und da können nicht behinderte und behinderte Interessierte gemeinsam Bogen schießen. Und auch wir erlernen die richtige Haltung, wie man schießt.
Dr. Mikovits: Es besteht eben auch das Angebot, dass die Schüler hier im Haus Therapien machen. Als Freizeitgestaltung gibt es auch noch ein Musikzimmer und auch eine Kegelbahn; also es wird schon recht viel angeboten - und je nach Interesse dann auch angenommen.
Aber wie gesagt: Die große Konkurrenz ist der Computer.
Freak-Radio, Gerhard Wagner: Wir nehmen das jetzt auf und meine Frage wäre jetzt: Wie ist der Umgang mit dem Computer, warum ist Euch das so wichtig, und wann verwendet Ihr den Computer?
Eva Maria: Ich verwende den Computer eigentlich zu jeder Tageszeit, denn ich bin mit dem Schreiben mit der Hand nicht mehr so schnell. Am PC ist vieles einfacher, man muss nicht viel radieren oder weglöschen. Man kann eine Taste drucken, und das ganze Blatt ist leer.
Freak-Radio: Macht Ihr die Hausübungen auch am Computer?
Eva Maria: Ja. Oder mit der Hand, das kommt darauf an, was wir aufhaben.
Freak-Radio: Für die Radiohörerinnen und Radiohörer: Du sitzt im Rollstuhl. Wie ist der Computer gebaut? Den muss man ja unterfahren können. Hast du da einen höheren Tisch oder wie sieht das aus?
Eva Maria: Nein, ich habe einen normalen Tisch, da ich noch gerade unter den Tisch komme. Wenn er ein bisschen niedriger wäre, dann hätte ich auch ein Problem. Aber es funktioniert ganz normal.
Freak-Radio: Du kannst den Computer also ganz normal verwenden und surfst im Internet usw.?
Eva Maria: Ja.
Freak-Radio: Und wie ist es bei dir?
Nina: Also bei mir ist der Hauptverwendungszweck des Computers das Internet.
Da ich ein bisschen lernfaul bin, bin ich mehr mit Internet-Surfen beschäftigt oder mit PC-Spielen oder ähnlichem...
Freak-Radio: Bei dir?
Stefanie: Ich verwende den Computer auch für die Schule, für Hausübungen, denn da ist man einfach schneller! Denn so habe ich zwei Hände und nicht nur eine Hand. Dann surfe ich auch noch im Internet...
Freak-Radio: Ihr kommt alle aus den Bundesländern. Wie war denn das, als Ihr nach Wien gekommen seid?
Eva Maria: Es war eigentlich eine große Umstellung für mich, da ich zum ersten Mal so weit weg von zu Hause war. Aber jetzt bin ich ein Jahr hier, und jetzt möchte ich gar nicht mehr weg von Wien. Es gefällt mir einfach.
Freak-Radio: Wie findest du dich hier mittlerweile zurecht? Gehst du einkaufen oder in Lokale?
Eva Maria: Ich finde mich sehr gut zurecht, denn ich weiß, welches Lokal behindertengerecht ist und bei welchem Einkaufscenter ich Hilfe benötige und zu welchem Einkaufscenter ich alleine fahren kann ohne dass ich jemanden fragen muss, ob ich hin begleitet werde, weil ich Hilfe brauche.
Freak-Radio: Wie viele Einkaufsgelegenheiten oder Lokale sind denn eigentlich benutzbar?
Eva Maria: Oben am Rennweg gibt es einen Zielpunkt bei der neu renovierten Schnellbahnstation Rennweg, dann die Galleria, dort gibt es auch einen Lift.
Freak-Radio: Das heißt, die sind so barrierefrei, dass man mit dem Rollstuhl dorthin fahren kann.
Wie sieht es aus mit Kinos?
Stefanie: Im Gasometer, ... das Kino beim Gasometer, das ist sehr behindertengerecht. Man muss nicht vorne sitzen und immer starr hinauf schauen (im Gegensatz zu anderen Kinos, die nur billige Plätze in der ersten Reihe sehr nahe an der Leinwand anbieten bei denen man immer starr auf die Leinwand blicken muss), sondern man kommt auch von oben hinein oder von der Mitte.
Freak-Radio: Wie war das für dich, wie du hergekommen bist, wie war das für dich ursprünglich?
Stefanie: Ich komme aus Salzburg, aus einem kleinen Dorf. Dort habe ich keine Möglichkeiten gehabt, alleine ins Kino zu gehen oder mit meinen Freunden etwas zu unternehmen.
Freak-Radio: Wie war das bei dir, wie du nach Wien gekommen bist? Du hast aber vorhin erzählt, dass du schon länger in Wien gewesen bist.
Nina: Bei mir war es so. Ich bin aus der Steiermark gekommen, dann nach Wien gezogen und dann wieder zurück, da war ich dann wieder vier Jahre. Jetzt bin ich also wieder in Wien, aber diesmal alleine, denn damals war ich mit meiner Mutter hier. Ein bisschen eine Umstellung war es schon. Aber eigentlich gefällt es mir gut, aber in der Steiermark bin ich mir ausgegrenzt vorgekommen. Bei mir war es außerdem so, dass ich zwei Geschwister habe und meine Mutter ist alleinerziehend und berufstätig und sie kann nicht immer mit dem Auto mit mir überall hinfahren.
Meistens war ich alleine zu Hause und habe nichts getan, weil es nicht so viele Möglichkeiten gegeben hat, irgendwo hinzufahren, denn da muss man sehr weit gehen, bis man überhaupt einmal einen Bus hat und das ist bei mir nicht möglich, weil ich herzkrank bin. Für mich ist es hier wirklich super: Ich habe Freundinnen und bin nicht so ausgegrenzt. Mir gefällts.
Freak-Radio: Stichwort Fahren, Stichwort: Mobilität - Wie sieht es denn da in Wien aus?
Nina: Es ist viel besser als bei uns auf dem Land, denn dort kommt vielleicht alle Viertelstunden ein Bus, wenn überhaupt, und in Wien hat man überall die öffentlichen Verkehrsmittel und da braucht man überhaupt kein Auto.
Freak-Radio: Wie sieht es mit Bussen und öffentlichen Verkehrsmitteln mit Rollstuhl aus?
Eva Maria: Super! Der Bus ist Spitze, aber wir bevorzugen die U-Bahn.
Freak-Radio: Die U-Bahn in Wien ist das Verkehrsmittel Nr.1?
Eva Maria: Ja.
Freak-Radio, Gerhard Wagner (zur 5a): Jetzt habe ich sehr viel gefragt. Fragt Ihr!
Schüler: Müssen Sie hier auch einen Beitrag zahlen?
Dr. Mikovits: Die Heimkosten für behinderte Schüler betragen 649 Euro und für nicht behinderte 349 Euro pro Monat. Da ist das Heim, die drei Mahlzeiten und die Betreuung dabei, und eine Kostenreduktion kann mit den jeweiligen Landesregierungen vereinbart werden.
Freak-Radio: Was wir vorhin auch gefragt haben und was vielleicht sehr wichtig wäre, ist, wie der Tagesablauf aussieht. Vielleicht könnten wir das noch einmal ein wenig zusammenfassen?
Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen: Wie läuft so ein Tag für Euch ab?
Eva Maria: Man steht auf, um halb sieben, so wie ich. Dann kommt die Schwester und zieht einen an, dann erledigt man das Zähneputzen und das Gesicht waschen. Um sieben Uhr geht man dann hinunter in den Speisesaal im Erdgeschoß und frühstückt ausgiebig dort. Dann kommen die Freundinnen nach und man plaudert noch über die Träume, die man geträumt hat oder bespricht die Unterrichtsfächer. Und um zehn vor acht fährt man hinüber in die Schule.
Wir haben entweder Schule bis 12, bis 13 oder bis 14 Uhr. Und danach gibt es für die behinderten SchülerInnen entweder Therapie oder man legt sich nach der Schule hin und macht ein Schläfchen, oder man geht einkaufen, hört Musik oder plaudert mit Freundinnen..., das ist ganz individuell.
Und um zehn nach halb sechs gibt es dann Abendessen.
Freak-Radio: Und dann wird´s spannend: Was passiert nach dem Abendessen?
Eva Maria: Man geht entweder duschen, oder sitzt zusammen und sieht fern oder plaudert miteinander. Oder man fährt zu Freundinnen und macht Späße miteinander. Das ist ganz verschieden.
Freak-Radio: Und am Wochenende? Was macht Ihr da?
Stefanie: Wenn wir am Wochenende da bleiben, dann können wir erst einmal lange schlafen. Dann gehen wir entweder ins Kino und schauen uns einen Film an, oder wir plaudern....
Eva Maria: ... oder wir machen die Hausübung - kommt aber eher selten vor...
Freak-Radio: Ja, lernen wird es ja auch irgendwann einmal geben...
Wie ist es denn in der Schule? Ist da irgend etwas anders, wenn man eine Behinderung hat? Diese Schule hat ja zu 20% Menschen mit Behinderung. Wie ist es im Unterricht?
Nina: Das kommt auf die Behinderung an. Es gibt entsprechende Hilfsmittel. Wenn man Schularbeiten schreibt oder Tests, dann gibt es Zeitverlängerung, für die, die nicht so schnell schreiben können, damit das halt gerecht ist.
Ich glaube, es gibt auch SchülerInnen, die mit Laptop schreiben. Die dürfen dann ihre Hausübungen dann auch auf dem PC machen.
Freak-Radio: Gibt es bei Schularbeiten ein bisschen einen Nachteilsausgleich?
Eva Maria: Ja. Zehn Minuten, oder zwanzig Minuten. Die ursprüngliche Stunde hat fünfzig Minuten, und für die, die langsamer sind: zehn bis zwanzig Minuten.
Freak-Radio: Eine Frage, die auch noch gestellt worden ist: Diskriminierung. Seid Ihr mit Diskriminierung schon konfrontiert worden?
Eva Maria: Jeden Tag, wenn ich auf der Straße, etwa zum Einkaufen bin, sehen einen die Leute an als wäre man ein Außerirdischer oder sie tuscheln hinter dem Rücken über dich oder sie sagen: Du Krüppel, wieso bist du überhaupt auf der Straße? Du gehörst eingesperrt!
Das tut schon ziemlich weh!
Freak-Radio: Und wie reagiert man dann?
Eva Maria: (mit heiserer Stimme) Ich fahre entweder weiter (räuspert sich), ich fahre weiter und beachte sie nicht oder ich gehe auf sie zu und frage sie, ob sie ein Problem damit haben, mich im Rollstuhl zu sehen. Also, man konfrontiert sie direkt.
Schüler: Aber das sollte man nur bei den Personen machen, bei denen man weiß, dass sie auch friedlich reagieren. Es gibt auch anders reagierende Personen...
Eva Maria: Aber wenn es dazu kommen sollte, dass er handgreiflich wird: Es gehen viele Leute auf der Straße vorbei und die würden einen Rollstuhlfahrer bestimmt beschützen.
Verschiedene Stimmen: Die gehen vorbei und machen nix! Ja! Darauf kann man sich nicht wirklich verlassen!
Eva Maria: Bei mir war es schon einmal der Fall, dass mich Leute beschützt haben.
Schülerin: Aber sind nicht oft auch die Blicke, die man zugeworfen bekommt, auch hart?
Eva Maria: Ja schon. Mitleid, das ist schon schlimm!
Freak-Radio: Gibt es auch Leute, die wegschauen?
Eva Maria: Ja! Ein kleines Kind kommt her und fragt: Wieso sitzt du im Rollstuhl? Und die Mutter zieht sie weg und sagt: Lass sie in Ruhe. Sie ist krank!
Das tut schon sehr weh!
Freak-Radio: Aber das heißt doch eigentlich, dass die Erwachsenen damit nicht umgehen können und ihre Probleme haben, nicht?
Schülerin: Das heißt, Ihr hättet es lieber, wenn Ihr darauf angesprochen und gefragt werdet? Wie wäre Eure liebste Reaktion? Denn es könnte ja alles falsch aufgefasst werden: Wenn man jetzt hinschaut, dann gaffen sie blöd - oder wenn sie vorbei gehen, dass sie mich ignorieren... ich weiß nicht...
Eva Maria: Das ist eine gute Frage. Mir wäre es lieber, man fragt mich, warum ich im Rollstuhl sitze, als dass man mich stundenlang anschaut und sich überlegt, warum sitzt sie im Rollstuhl?
Freak-Radio: Also beim Beispiel vorhin, die Reaktion des kleinen Kindes hat dir besser gefallen als die der Mutter!
Eva Maria: Ja.
Wie gehst du damit um und wie sollte man sich deiner Meinung nach am besten verhalten?
Nina: Das ist eine gute Frage, weil auch jeder irgendwie individuell reagiert und nicht behinderte Menschen wissen oft auch nicht, wie sie damit umgehen sollen. Das ist, wenn man sich in deren Lage versetzt, irgendwie verständlich. Nur manche Reaktionen sind schon arg. Aber mir ist es auch am liebsten, wenn irgend jemand herkommt und schlicht und einfach gradheraus fragt. Das ist mir am allerliebsten. Denn ich habe, zum Beispiel an meiner alten Schule, schon erlebt, da war ich in der Steiermark in der Schule, und da war es so, dass es vorher schon geheißen hat, die Lehrer müssen die Klasse auf mich vorbereiten, und das klingt ja schon fast wie wenn ein Alien oder sonst jemand kommt.
Jedenfalls war es dann so, dass sich keiner zu mir etwas zu sagen getraut hat, und somit haben dann alle hinter meinem Rücken Geschichten verbreitet, gestänkert, blöd geredet und solches Zeugs... Ich habe es auch schon erlebt, dass jemand hergekommen ist, da war ich noch jünger, mich angestänkert hat, dann habe ich die ganze Geschichte erzählt und warum und wieso, und das sind heute noch meine Freunde. Auch das ist mir passiert!
Freak-Radio: Aber: Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass die beste Reaktion wäre, offen zuzugehen und zu fragen, wenn man etwas nicht weiß oder wenn man sich unsicher ist? Würdest du das auch sagen, oder wie würdest du sagen, dass man sich am besten verhalten soll?
Stefanie: Ich habe jetzt die Frage nicht verstanden.
(Die Mitschüler erklären ihr die Frage nochmals.)
Stefanie: Es ist schwierig... je nachdem wie man das auffasst: Es gibt auch welche, die sich dabei gar nichts denken,... und manche denken sich aber doch wieder etwas dabei.
Freak-Radio: Ich frage jetzt ad hoc nach: Du hast mich vorhin nicht verstanden. Warum?
Stefanie: Ich habe eine Hörbehinderung seit meiner Geburt, deshalb lese ich viel von den Lippen ab. Ohne Lippenablesen geht es bei mir nicht. Wenn man dann zum Beispiel den Kopf umdreht, dann kann ich nicht hinschauen.
Freak-Radio: Ich habe mich zu wenig zu dir zugedreht und deshalb hat du es wahrscheinlich nicht verstanden.
Stefanie: Nicht unbedingt. Es können auch andere Ursachen sein: Entweder man redet zu schnell, oder zu leise - es ist verschieden
Freak-Radio: Und wie soll man sich verhalten, damit du jemanden gut verstehen kannst?
Stefanie: Langsam und deutlich sprechen, aber auch nicht zu überdeutlich, denn es gibt Leute, die zu deutliche Mundbewegungen machen, und da versteht man auch nichts. Einfach: langsam, deutlich und normal.
Schülerin: Wie hast du sprechen gelernt?
Stefanie: Ich höre schon noch etwas. Aber ohne Lippen geht es dann nicht. Ich habe in den ersten drei Jahren gar nichts gehört. Die Ärzte sind da zu spät draufgekommen. Und dann habe ich gelernt, von den Lippen abzulesen. Ich habe dann nachher noch alles nachgeholt.
Schüler: Es gibt ja verschiedene Behinderungen. Kommt es eigentlich auch vor, dass sich die behinderten Schüler gegenseitig hänseln, oder kommt das überhaupt nicht vor?
Eva Maria: Ich wüsste nichts.
Nina: Bei uns in der alten Schule hat es das gegeben. Da waren wir zu dritt. Da gab es eine, die war behindert und wurde auch von uns ausgeschlossen.
Freak-Radio: Man sagt so schnell: "Die Behinderten". Die Leute, mit denen ich im Radio zusammenarbeite, haben mir geraten, man soll eigentlich nicht sagen "Behinderte", weil das den Menschen zu sehr auf seine Behinderung reduziert statt dessen wünschen sie sich, dass man sagt "behinderte Menschen" oder "Menschen mit Behinderungen". Sie meinen auch, man soll nicht sagen, "Kranke" oder "Gesunde", denn sie sind eigentlich nicht krank, wenn sie im Rollstuhl sitzen. Krank sind sie, wenn sie eine Grippe haben.
Die anderen sind dann nicht die Gesunden, sondern die, die nicht behindert sind oder keine Behinderung haben. Das sind so Sachen, die meine KollegInnen mit Behinderung mir nahe gebracht haben.
Ich denke, dass es, wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, durchaus auch Konflikte geben kann.
Auch an Eurer Schule gibt es ja Schüler und Schülerinnen mit durchaus unterschiedlichen Behinderungen. Fühlt man sich da in einer Gemeinschaft, gibt es doch viele Gemeinsamkeiten, oder ist es sehr unterschiedlich und man versteht nicht alles von den anderen?
Eva Maria: Ich kann nur von mir persönlich sprechen: Ich finde schon, dass wir auf gewisse Weise alle etwas gemeinsam haben. Denn wir sitzen doch im Rollstuhl oder gehen schwer, das ist ganz verschieden.
Freak-Radio: Betreffend den Rollstuhl: Gibt es da in Wien noch Schwierigkeiten, sind die Gehsteigkanten alle niedrig genug oder gibt es da noch Hindernisse?
Eva Maria: Ich habe einen Außenfahrrollstuhl, der speziell für draußen geeignet ist. Ich habe ehrlich gesagt keine Probleme, über Gehsteigkanten zu kommen.
Geräusch, wie es klingt, wenn der Rollstuhl in die Höhe gehoben wird.
Freak-Radio: Es gib ja auch Rollstühle, die in die Höhe gehoben werden können, für den Bankomat oder für hohe Regale. Könntest du das vielleicht einmal machen, denn dann könnte ich das aufnehmen und man kann es eventuell im Beitrag hineinspielen?
Stefanie: Ich kann ihn hinaufstellen, und dann kann ich Regale von ganz oben oder den Bankomaten bedienen, man kommt leichter hin und kommt leichter zurecht. Man kann den Rollstuhl auch in andere Positionen stellen.
Freak-Radio: Kannst du das zeigen?
O-Ton: "Hebegeräusch"
Freak-Radio: Also da sind jetzt einige Zettel in einer Ablage, und die könntest du jetzt ganz leicht herausholen, was du von unten nicht geschafft hättest.
Schüler: Solch ein Rollstuhl ist schon teuer, oder?
Stefanie: Da gibt es Einheitsrollis, und auch spezielle Rollis, die an einen angepasst sind. Die Standardrollis werden meist von der Krankenkasse bezahlt. Die Zusatzleistung, die zahlt die Krankenkasse nicht immer. Da muss man eben woanders ansuchen.
Speisesaal:
Dr. Mikovits: Es ist hier alles relativ weit auseinander und es gibt hier wenig Pflanzen, das hat aber seinen Grund, denn jeder Tisch muss vom Rollstuhl her befahrbar sein. Wenn wir jetzt hier mehr dekorieren, mehr Pflanzen aufstellen, oder die Tische enger zusammenschieben, dann wäre es nicht mehr möglich, dass sie zum Essen kommen können.
Was auf den ersten Blick also eher zufällig erscheint, hat alles einen tieferen Hintergrund. So haben die Schüler die Möglichkeit, gemeinsam zu essen.
Schüler: Und wie ich sehe, diesen Tisch kann man auch höhenverstellen.
Dr. Mikovits: Genau! Da denkt schon einer mit.
O-Ton: "Schulglocke"
Therapieräumlichkeiten und Bad:
In der Zeit, in der die nicht behinderten Kinder im Turnunterricht sind, sind die anderen hier und haben eben TherapeutInnen zur Verfügung, damit sie jene Übungen machen können, die für ihre Behinderung jeweils gerade am wichtigsten ist, sei es vom Strecken, sei es vom dehnen. Es ist zum Beispiel sehr wichtig, dass die Schüler, die im Rollstuhl sitzen, auch die Möglichkeit haben zu stehen, natürlich mit den entsprechenden Vorrichtungen, weil das für die Gesamtmuskulatur und für den Bewegungsapparat, für den Rücken besonders wichtig ist. Auch das ist sehr personal- und zeitintensiv, aber das ist eine ganz tolle Möglichkeit, die hier geboten wird, was es aber wiederum nicht gibt, wenn jemand zu Hause wohnt, denn dann müsste wiederum die Mutter oder der Vater dort hinführen, vor allem wieder, wenn das auf dem Land ist.
Schüler: Im Radio habe ich das jetzt immer wieder gehört: Da gibt es auch eine Schule für behinderte Schüler und Schülerinnen. Aber der Therapieraum fehlt, dafür soll man auch spenden.
Dr. Mikovits: Ja es ist auch bei uns so, dass wir uns öfter an "Licht ins Dunkel" wenden, zum Beispiel, weil wir ein Problem mit Klassenfahrten haben.
Im Großen und Ganzen funktioniert ja die Integration an unserer Schule. Aber was ist dann bei einer Sprachwoche im Ausland? Wie ist es mit einer Schiwoche?
Um das zu ermöglichen, dass dann spezielle Betreuer mitfahren, wobei hohe Kosten entstehen, ist dann "Licht ins Dunkel" eine der Möglichkeiten, um dafür finanzielle Mittel zu bekommen.
Damit dann eben nicht jene Schüler ausgeschlossen werden, bei denen man sich das ganze Jahr über bemüht hat, sie zu integrieren.
...
Das hier ist kein Sportschwimmbecken, es hat über 30 Grad. D.h. haupsächlich für Therapiezwecke geeignet. Wir haben zum Beispiel einen Schüler hier, der keine Gliedmaßen hat und wie ein Fisch im Wasser schwimmt.
Er hat noch ganz kurze Arme und Beine und das reicht aus, dass er eine Länge nach der anderen schwimmt - ein absolut fröhlicher Schüler, der auch mit einem Rollstuhl, der hochfährt, zu einer Tastatur kommt, und mit dem wenigen, was er hat, schreibt er schneller als manch andere Schüler....
Schüler: Wie viele sind dann in solch einer Therapie? Sind die alleine oder in der Gruppe?
Dr. Mikovits: Nachdem diejenigen, die hierher kommen, wirklich schwerer behindert sind, kann es nur 1:1 sein, ein Therapeut und ein Schüler. Wie gesagt, auch da ist wieder die Einteilung sehr wichtig. So auf die Art, "ich möchte es jetzt", so funktioniert es nicht!
Schüler: Kommen die körperlich behinderten Menschen auch mit der Hebebühne ins Wasser? Denn eine Rampe kann ich hier nicht sehen.
Dr. Mikovits: Ja, es geht mit dem Lifter, wobei es meistens notwendig ist, dass ein Therapeut dabei ist.
Anderer Schüler: ich habe solche Lifter sogar schon im Gänsehäufel bei den Chlorbecken gesehen.
Dr. Mikovits: Das Problem ist, es ist hier alles sehr kostenintensiv... Dazwischen O-Ton: Geräusche beim Kommen und Gehen der Gruppe