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Rubrik: Lesen statt Hören
19. Mai 2002

Behindernde Bilder

von Irmgard Kampas, Gerhard Wagner

Mag. Dorothea Brozek: Ja, ich möchte unter dem Titel "Die Macht der falschen Bilder" als Einleitung einige Gedanken vortragen. Wenn wir uns die Bilder anschauen, die uns Medien von behinderten Menschen über Behinderung ins Haus liefern, dann haben diese Bilder meistens mit der Realität von Personen mit Behinderung sehr wenig zu tun. Behinderte Menschen werden oft als passiv leidende Objekte dargestellt. Sehr wenige Medienmacher stellen die Anliegen und Probleme von Menschen mit Behinderungen im gesellschaftspolitischen Kontext dar. Das soll bedeuten, dass ein Großteil der Behinderung nicht die Behinerung per se ausmacht, sondern die behindernde Umwelt ausmacht und die aussondernden Strukturen. Und diese sind menschengemacht, also veränderbar!

Daher machen sie Behinderung zu einer Frage des politischen Bewusstseins und werden daher auf dieser Ebene auch zu lösen sein. Zumeist wird aber über Behinderung als ausschließlich individuelles Schicksal berichtet. Als hätte dies mit gesellschaftlichen Zusammenhängen und Rahmenbedingungen nichts zu tun! Da Medien ständig präsent sind und einen großen Einfluss auf Meinungen und Urteile der Menschen ausüben, muss man bedenken, dass Sprache ein wichtiges Handwerkszeug von Journalisten ist, und dies Sprache prägt auch unser Bewusstsein!

Hier zeigt sich dann ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist: Wenn man oft genug etwas bestimmtes hört und liest, dann glaubt man es zum Schluss! Natürlich, auch wenn Personen mit Behinderung diese Bilder ständig in den Medien wahrnehmen, dann glauben letztendlich auch einige wirklich daran, dass sie so sind. Und hier sind wir wieder bei der Macht der falschen Bilder.

Irmgard Kampas: Herr Dr. Erwin Riess, ich würde Sie gerne um Ihr Statement bitten:

Dr. Erwin Riess: Es ist so, dass "Licht ins Dunkel" nicht unabhängig von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen existiert. Und anhand von drei Problemkreisen oder drei Argumenten möchte ich versuchen zu zeigen, dass "Licht ins Dunkel" in manchen Beriechen daran beteiligt ist, jene Probleme zu schaffen, die es auf der anderen Seite beseitigen will.

Erster Punkt: Die Gelder von "Licht ins Dunkel" werden, soweit ich mir das angeschaut haben, und ich habe mir das relativ genau angeschaut, überwiegend für Institutionen ausgegeben. Der kleinere Teil von "Licht ins Dunkel" geht an behinderte Menschen zur Erhöhung ihrer Selbständigkeit. Es ist natürlich ganz sinnvoll, dass Turnsäle, behindertengerechte Busse, Küchen und ähnliche Einrichtungen für Behinderteneinrichtungen über "Licht ins Dunkel"-Gelder gefördert werden, daran ist nicht zu rütteln. Aber man muss dazu sagen, dass jene Förderungsmaßnahmen vor einigen Jahren noch aus öffentlichen Budgets erbracht worden sind.
Es gibt also eine Art Flucht der Gesellschaft aus den öffentlichen Budgets hinaus, mit dem Argument: Es gibt ja ohnehin "Licht ins Dunkel", und da kommen jedes Jahr mit neuen Spendenrekorden immer mehr Gelder herein. Also sparen wir uns jetzt von den Gebietskörperschaften eine Erhöhung oder auch nur das Halten von bestehenden Standards. In der Tendenz führt dies zu einer kalten Privatisierung von Behindertenangelegenheiten.


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