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Behinderung in Schule und Alltag
Zwei blinde Frauen erzählen über ihre Erfahrungen:
Simone Gruber
Sie war in einer Schule in Linz (Waldorfschule) und war dort die einzige blinde Schülerin. Sie hat gute Schulerfahrungen, denn sie konnte überall teilnehmen: Am Turnen, am Malen, am geometrischen Zeichnen. Wenn es nicht ging, dann hat man für sie etwas verändert, damit es geht.
Für die Mitschüler war die Behinderung ganz selbstverständlich.
Auch die Lehrer behandelten Simone so wie alle anderen Schüler.
Privat hat Simone schon vorher gelernt, was sie im täglichen Leben speziell als blinde Frau braucht: Mit dem Blindenstock den Weg finden etwa, oder die spezielle Blindenschrift lernen: diese besteht aus sechs Punkten und wird »Brailleschrift« genannt.
Simone ist jetzt Studentin in Wien. Weil man an der Universität alles selbst organisieren muss, war es für sie nicht sehr leicht. Sie musste sich noch dazu in einer fremden Stadt zurecht finden. Ihre Mutter und auch Freunde haben sie aber unterstützt.
Bei Vorlesungen schreibt sie selbst auf ihrem tragbaren Computer mit, auch Bücher und andere Texte bearbeitet sie damit.
Susanne Sulzbacher
In der Schule war sie zwölf Jahre lang im Bundes-Blinden-Erziehungsinstitut in Wien. Dort hat sie die Volks- und die Hauptschule besucht. Sie hat dann Maschinschreiben gelernt, aber das hat sie eigentlich nie interessiert.
Dann hat sie die Matura in einer speziellen Maturaschule nachgeholt. Weil sehr viele Kopien ausgeteilt werden, muss sie diese Texte in den Computer bringen ("einscannen"), was nicht immer einfach ist.
Auch sie ist auf Freunde angewiesen, und manchmal musste sie bis tief in die Nacht arbeiten. Da hat sie sich mühsam die Texte für die Prüfungen erarbeitet. Damals hat sie oft geweint. Aber die Mühe hat sich gelohnt: In Englisch war sie seit langem die erste mit »Sehr gut«! In Rechnen (=Mathematik) darf sie in ihrer Blindenschrift die Arbeit schreiben und erhält bei den Zeichnungen zum Rechnen (Geometrie) einen Nachteilsausgleich.
In Zukunft möchte Susanne Sulzbacher Rechtslehre (Jus) an der Universität studieren.
Leben mit Behinderung
Dorothea Brozek benutzt den Rollstuhl: Angehende Lehrer wollen von ihr wissen, wie die Menschen mit ihr umgehen. »Wenn Kinder miteinander von kleinauf aufwachsen, dann entstehen viele Probleme erst gar nicht. Erwachsene tun sich da viel schwerer.
Wenn Kinder mit Behinderungen in die gleiche Klasse gehen wie die anderen, lernen beide von einander. Da ist sich Frau Brozek sicher.
Walter Lindner ist blind. Wenn er sich auf der Straße bewegt, ist er voll auf die Straße konzentriert. Er muss mit seinem Stock den Weg ertasten. Er muss sich außerdem überlegen, wo er jetzt ist, auf die Hindernisse achten und auf vieles andere. Wenn jemand in der Nähe ist und sich nicht bemerkbar macht, dann weiß er gar nicht, dass jemand da ist. Wer also mit einem blinden Menschen sprechen will, muss mit ihm reden und sich einmal vorstellen.
Auch genau das Gegenteil ist Herrn Lindner schon passiert:
»Das hat man davon, wenn man helfen will...«
»Ich habe auf einer Straßenbahnhaltestelle gewartet, auf einmal packt mich jemand an der Schulter und schleift mich über die Straße.« Bei der Hälfte hat Walter Lindner dann erklärt, dass er überhaupt nicht hinüber will.
Die Antwort war: »Das hat man davon, da will man Euch helfen!« Und dann ist der Mann einfach weggegangen und hat den blinden Walter Lindner mitten auf der Straße stehen lassen.
Leben mit Barrieren
Walter Lindner erzählt, dass es manche Banken gibt, die ihn kein Konto eröffnen lassen, weil er blind ist. Er müsste zum Notar gehen, aber das kostet über € 150,-
Dass blinde Menschen nicht lesen können, das ist falsch. Denn heute können blinde Menschen mit Computerunterstützung sehr wohl fast alles lesen. Hier zeigt sich wieder einmal:
Es liegt nicht an der Behinderung, dass Herr Lindner kein Konto haben kann. Aber es liegt an der Umgebung: An den Menschen, an fehlenden Hilfsmaßnahmen und an einer ungerechten Einstellung zu Menschen mit Behinderungen.
Sendungsverantwortlich: Katherina Zabransky