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Rubrik: Lesen statt Hören
03. Juli 2005

Behinderung und Sexualität

von Julia Wolkerstorfer

Vielfach wird behinderten Menschen auch heute (noch) das Recht auf eigene Sexualität abgesprochen. Welche Facetten von Sexualität, Liebe und Erotik es geben kann, wie sie wahrgenommen werden, wie sie gelebt oder behindert werden, soll in dieser Sendung aus dem Blickwinkel unterschiedlichster Menschen mit und ohne Behinderung thematisiert werden.

signation

Julia Wolkerstorfer:(Musik: Prince Cover, on the couch): Einen schönen guten Abend, herzlich Willkommen bei Freak-Radio, es begrüßt Sie Julia Wolkerstorfer zur heutigen Sendung »Behinderung und Sexualität«.
Gängige Schönheitsideale, gesellschaftliche Vorstellungen vom perfekten Körper, vom perfekten Aussehen - gerade durch die mediale Vermittlung - führen schon bei nichtbehinderten Menschen zu einer Einengung, zu einem Gehindert-Sein in der Entfaltung der eigenen Sexualität. Behinderte Menschen befinden sich hier noch schneller in einer schönheitsidealisierten Zwickmühle.
Wie Menschen mit einer körperlichen Behinderung zum Einen zum Thema stehen, mit einer Lernschwierigkeit zum Anderen, und wie Behindertenbetreuer oder Assistenten, die mit Menschen mit Lernschwierigkeiten arbeiten, darüber denken, werden Sie in den nächsten 30 Minuten hören. Da das Thema sehr groß und vielfältig ist, finden Sie in Ergänzung zu dieser Sendung auf unserer Homepage www.freak-radio.at zusätzliche Informationen zum Thema »Behinderung und Sexualität«, und zwar von ausgewählten Literatur- und Filmempfehlungen hin zu diversen Einrichtungen wie beispielsweise dem Verein NINLIL (Verein wider die sexuelle Gewalt gegen Frauen, die als geistig oder mehrfach behindert klassifiziert werden).
Zu Beginn hören Sie nun einen gelesenen Text von Elisabeth Löffler, Performancekünstlerin, Tänzerin, Texterin, Rollstuhlbenützerin und Interpretin.

Elisabeth Löffler: "Sexualität und Behinderung" (Musik: Ben Harper, Sexual Healing)
"... Hab ich noch nie probiert, aber ... könnte ich mir schon vorstellen ... auf gar keinen Fall! ... bestimmt eine interessante Erfahrung ... ich bin ja nicht von der Caritas! ... spüren die überhaupt was beim Sex? ... nein, das wäre mir zu stressig ... mal etwas anderes .... was mache ich, wenn ich sie/ihn nicht mehr los werde? ... Ich will mal Kinder und ich weiß nicht, ob ... warum nicht? ... ist mir zuviel Verantwortung ... gehen sollte er schon können, behindert bin ich selbst ... ja, da hab ich schon mal was im Kino gesehen ..."

Nun, ich kann nur Vermutungen über ihre Assoziationen bei dem Thema Behinderung und Sex anstellen, doch falls sie schon mal etwas "über so was" im Kino gesehen haben, behaupte ich mal so auf Verdacht: Gelogen!

In der Schlußszene von "Mein linker Fuß" beispielsweise: Daniel Day Lewis im Rollstuhl, seine Geliebte, vormals seine Pflegerin, neben ihm. Beide befinden sich auf einem Berggipfel, der Himmel spielt Romantik und über dieses Schlußbild läuft der Nachspann. Doch wie zum Geier, frage ich mich, haben die beiden diesen Berg erklommen?
Trotzdem: Wenn ich mit meinem gehenden Freund den Urlaub plante, achten wir vor allem darauf, Steigungen jedweder Art zu erkennen und ihnen aus dem Weg zu rollen. Händchenhalten auf Gipfeln, ausgenommen auf solchen der Erregung, kommt nur in meinen schlimmsten Albträumen vor.
Nun, jetzt wissen sie schon eine ganze Menge über mich. Ich bin eine Frau um die dreißig. Aufgrund meiner körperlichen Behinderung nennt man mich umgangsprachlich eine "Spastikerin".


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