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Rubrik: Leichter Lesen
28. September 2008

Berühmt - Beliebt – Behindert (2)

von Franz Hoffmann, Gerhard Wagner

Julia Karrer bringt diesmal für Freak-Radio eine Sendung über den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt.

Franklin D. Roosevelt Memorial in Washington DC, es zeigt den Präsidenten im Rollstuhl

Bekannt ist er als einziger amerikanischer Präsident, der drei Mal wiedergewählt wurde. Er war der Präsident, der die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) durch Wirtschaftskrise und Zweiten Weltkrieg geführt hat. Vor Publikum stand er aufrecht, gestützt auf Krücken, Schienen oder den Kollegen neben ihm. In seinen eigenen vier Wänden saß er im Rollstuhl. Er war von 1933 bis zu seinem Tod 1945 Präsident.

Freak-Radio erzählt die Geschichte von Franklin D. Roosevelt mit seiner öffentlichen und privaten Seite.

„Das einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst“

Das sagte er bei seiner Antrittsrede als Präsident 1933. In die Schule ging der New Yorker nicht nur in Amerika sondern auch in Europa, teilweise sogar in Deutschland.

Mitten in seiner politischen Karriere 1921 bekam er plötzlich Kinderlähmung – oder Polio, wie diese Krankheit auch genannt wird. Dies hätte das Ende seiner Karriere bedeuten können. Aber es war nicht das Ende. Mit viel Energie gelang es ihm, mit der Krankheit zu leben. Auch wenn es nicht möglich war, die Krankheit zu heilen. Er benutzte danach den Rollstuhl und hatte Hilfe beim Gehen.

Durch seine Behinderung versteht er die Sorgen mancher Landsleute besser als früher. Er macht regelmäßiges Schwimmtraining und regt eine Impfung gegen die Kinderlähmung an, die es auch heute noch gibt.

Er wird Gouverneur (sprich: Guvernör) von New York. Ein Gouverneur ist in den USA ähnlich wie in Österreich ein Landeshauptmann. New York ist die bedeutendste Stadt der Welt. Daher war das politische Amt über New York und seine Umgebung ein sehr bedeutendes.

Als die Präsidentenwahl 1932 in den USA stattfand, gab es gerade eine furchtbare Wirtschaftskrise, wahrscheinlich schlimmer als die 2008. Viele Menschen verarmten und verloren ihre Arbeit oder ihre Existenz. Ähnlich wie heute gaben die Amerikaner dem alten Präsidenten die Schuld. Dieser hieß Hoover (sprich Hufer). Der neue Präsident Roosevelt gab den Menschen viel Hoffnung, ähnlich wie heute Barack Obama. Bei der Wahl 1932 bekam Franklin D. Roosevelt eine überwältige Mehrheit mit fast 20 Prozent Vorsprung.

Sofort begann er mit Wirtschaftsreformen. Das wichtigste war aber, dass er Optimismus versprühte und Hoffnung gab.

Auch durch seine eigene Erkrankung gab er glaubhaft vor, dass er mit den Krisen des Landes fertig werden konnte.

Populär waren auch seine Radiosendungen. Ein Vorteil für ihn war dort, dass man ihn nicht sah. Er versuchte nämlich, seine Behinderung nicht offen zu zeigen. Im Radio war seine Stimme beeindruckend, er konnte politische Zusammenhänge gut erklären und erzählen.

Während Hitler Juden und behinderte Menschen umbringen ließ, kämpfte ein amerikanischen Präsident gegen ihn, der selbst behindert war und jüdische Vorfahren hatte. Schließlich gewannen die USA den 2. Weltkrieg. Doch Roosevelt starb wenige Tage, bevor der Krieg gewonnen war. Sein Tod erschütterte die ganze westliche Welt.

Ein österreichisches Beispiel

Gunther Trübswasser ist Politiker in Öberösterreich für die Grünen. In seiner Jugend prägten ihn die Flucht seiner Eltern aus der Tschechoslowakei, und besonders seine Krankheit: Denn auch er hatte Kinderlähmung als Jugendlicher. Während andere in den Ferien waren, hat er Therapien gemacht.

Die Krankheit ist heute eine prägende Erinnerung. Heute ist er einer der wenigen Politiker mit Behinderung in Österreich. Er findet, dass es ein Fehler ist, dass immer alle Menschen mit Behinderungen in einen Topf geworfen werden. Dabei gibt es keine zwei Menschen, die exakt die gleiche Behinderung haben. Jeder ist anders, jede Behinderung ist anders.

Weil es schwieriger ist, sich mit Behinderung fortzubewegen, wird man behindert: Besonders bei der Bildung, weil es gerade dort viele Barrieren gibt.

Menschen mit Behinderung werden eingeschränkt. Manchmal führt diese Einschränkung jedoch auch zu einer vertieften Konzentration. So hat Gunther Trübswasser in einem ganz kleinen Rasenstück seines Gartens eine Vielfalt verschiedener Details erkannt.

Diese Vielfalt und der Blick aufs Detail nützen ihm jetzt bei seiner politischen Arbeit.

Hätte ein Präsident mit Behinderung heute eine Chance?

Präsident Roosevelt hat seine Behinderung verdeckt. Wäre es heute denkbar, dass ein Politiker gewählt wird, wenn er offen seine Behinderung zeigt?

Der Publizist und Behindertenpädagoge Christian Mürner hat ein Buch mit Lebensbeschreibungen vieler behinderter Persönlichkeiten geschrieben. Dabei hat er sich auch mit Präsident Roosevelt beschäftigt. Er findet, dass es heute gut bewertet würde, sich wahrheitsgemäß und offen zu geben. Dies würde einem amerikanischen Präsidenten heute eher nützen.

Es gibt ein neues Denkmal, dass den Präsidenten im Rollstuhl zeigt. Danach gab es eine Diskussion: Einige haben gesagt, der Rollstuhl ist Symbol für seine Behinderung. Die hat zu ihm gehört und ihm die Kraft gegeben, in in der Wirtschaftskrise das Vertrauen der Amerikaner zu bekommen.

Wieder andere sagen, dass das eben ein Denkmal für einen Präsidenten und nicht für behinderte Menschen ist. Und schließlich sagen wieder andere: Ja, aber das ist ein Denkmal von heute, und gerade heute sehen wir diesen Präsidenten ganzheitlich – also auch mit seiner Behinderung.

Heute wäre es für einen Präsidenten mit Behinderung vermutlich leichter, sich zu zeigen. Deutschland hat einen Innenminister im Rollstuhl. 2008 wurde ja ein Schwarzer amerikanischer Präsident. Und seine stärkste Konkurrentin war eine Frau, nämlich Hillary Clinton. Eine Frau und ein schwarzer Präsident waren bisher nur schwer vorstellbar. Daher sind die Zeiten vielleicht auch für einen Präsidenten, der offen zu seiner Behinderung steht, günstiger geworden. Auch in Österreich?


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