Berufliche Aus- und Fortbildung für Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich – Angebote und Erfahrungen.

von von Tobias Buchner & Wolfgang Orehounig

Der nächste Punkt bezieht sich auf die Anlehre zum Gärtner, welche ich begonnen hatte. Zu dieser Möglichkeit bin ich durch meinen großen Bruder gekommen, der selber Gärtner ist. Er ist bei der MA 42 angestellt. Die Ausbildung war ein Sonderprojekt von drei Jahren und ich habe sogar ein richtiges Gehalt bekommen. Aber es war wieder ein Sonderprojekt, bei dem auch nur Menschen mit Lernschwierigkeiten dabei waren. Zusammen waren wir sechs Personen und zwei Ausbilder. Die Inhalte waren: Was für Pflanzen kenne ich? Was für Bäume gibt es und welche Gräser kenne ich? Bei der Anlehre hat mir das Arbeiten an der frischen Luft sehr gut gefallen! Was mir nicht gefallen hat, war die Distanz der Arbeitsstätte zu meinem damaligen Wohnort: Ich wohnte im 21. Bezirk und musste nach Essling fahren, was über eineinhalb Stunden Fahrt bedeutete. Zudem war der Arbeitsbeginn sehr früh, um sieben Uhr, ich musste also auch sehr früh aufstehen, was mir auch nicht gefallen hat. Das war nicht, was ich mir erhofft hatte!
Auch ich habe Erfahrungen in Werkstätten gesammelt. Ich arbeitete in einem Schulungsrestaurant als Koch und Kellner, dafür hat man 90 Euro im Monat bekommen. Ich habe in der Küche Gemüse geschnitten, Leuten Essen und Trinken gebracht, Bestellungen aufgenommen und die Arbeit im Haus erledigt. Das kam daher, weil wir verschiedene Seminare im Haus hatten. Da haben wir die Vorbereitungen gemacht: Getränke und Essen hergerichtet, beispielsweise Aperitifs und kleines Plundergebäck. Nachher haben wir dann alles wieder weggeräumt.
Ich habe aber auch noch in einer anderen Werkstatt Erfahrungen gesammelt: Das war in einem anderen Werkstättenverein - da war ich in der Leistungsgruppe, in der wir auch die Werkstätten selbst geputzt haben. Da gab es auch die Chance, Botengänge zu machen – wir fuhren in die Zentrale und holten die Post. Es war langweilig, weil es immer das Gleiche war. Ich war der Einzige in der Gruppe, der die Lüftung über dem Herd putzen konnte. Diese Arbeit hat mir auch nicht gefallen.
Zudem habe ich noch eine Teilqualifizierung versucht, Teilqualifizierung im Bürobereich. Hier wollte ich eine Ausbildung im Lehrberuf machen. Die Grundlagen waren für mich okay: Wie ist ein Computer aufgebaut? Was kann man damit machen? Ich hatte jedoch Probleme im Schreibmaschinenschreiben, weil ich das Zehnfingersystem nicht beherrschte. Das mussten wir auch im Rahmen dieser Büroausbildung lernen. Zudem herrschte auch hier ein hoher Druck, weil wir immer zwei Stunden Mathe, Englisch und Deutsch hatten. Das war anstrengend. Der Selbstkostenanteil war ebenfalls ein Hindernis. Diese Ausbildung war ziemlich teuer: Ich musste an den Verein einen Selbstkostenanteil zahlen.
Nun zu meinen jetzigen Tätigkeiten: Ich bin Forschungsprojektleiter auf der Universität Wien mit Herrn Buchner und Herrn Koenig. Diese leiten das Seminar, in dem ich als Projektleiter mit Studierenden inklusive Forschung betreibe. Homosexualität ist eines der ersten Themen gewesen, das ich beforscht habe. Das letzte Semester beforschte ich das Thema »Gesundheit von Menschen mit Lernschwierigkeiten«. Neben der Arbeit auf der Universität halte ich auch Fortbildungen zu »Selbstbestimmt leben« und Homosexualität. In Graz habe ich ein Seminar zur Selbstbestimmung gehalten. Jetzt werde ich wieder ein Seminar leiten, und zwar über Homosexualität. Das wird in Vöcklabruck in Oberösterreich stattfinden, TeilnehmerInnen sind Menschen mit Lernschwierigkeiten.
In Bad Boll/Deutschland referierte ich letztes Jahr im Februar auf einer großen Fachtagung, der Tagung der IntegrationsforscherInnen der deutschsprachigen Länder. Nächstes Jahr werde ich auf der IntegrationsforscherInnentagung in Frankfurt am Main vortragen.