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.Berufliche Diskriminierung und Bündelgesetz - Barrieren per Gesetz abbauen (Teil 6)
Interview mit Dr. Hansjörg Hofer (Sozialministerium) und Mag. Dietmar Hillbrand (Bundessozialamt). Sechster Teil:Berufliche Diskriminierung und Bündelgesetz
Freak-Radio: Ja, dann eine vielleicht ähnliche Frage: eine gehörlose Lehramtsabsolventin von der Universität Innsbruck, erhält wegen angeblicher körperlicher Eignung bzw. fehlender körperlicher Eignung keinen Arbeitsplatz, keine Arbeitsstelle. Was kann sie tun? Sie möchte AHS- oder BHS-Lehrerin werden.
Dr. Hansjörg Hofer: Es wäre meines Erachtens zu prüfen, worin ihre Beschäftigung genau besteht. Wenn sie in einem Bereich, nämlich in einem inhaltlichen Bereich als Lehrerin tätig sein möchte, wo ihre Gehörlosigkeit kein Problem ist, dann hat sie meines Erachtens einen Anspruch darauf, diesen Beruf, sollten die sonstigen Voraussetzungen auch gegeben sein, auch ergreifen zu dürfen. Wird ihr das unsachlich verwehrt, so würde sie wieder den Schadensersatz ansprechen können. Er würde in dem Fall darin bestehen, was sie verdienen würde, hätte sie den Job bekommen, versus dem, was sie verdient, wenn sie ihn nicht bekommen hätte.
Freak-Radio: Ja, meines Wissens ist ja innerhalb des Bündelgesetzes diese körperliche Eignung für verschiedene Berufsgruppen gefallen. Das heißt, da hätte sie jetzt bessere Chancen als früher.
:Dr. Hansjörg Hofer: Davon ist auszugehen. Ja. Das Bündelgesetz hat im Prinzip darauf hin gezielt, vor allem bei Berufszugängen und bei Ausbildungsvorschriften diskriminierende Formulierungen und Diskriminierungen zu beseitigen, so dass es eigentlich möglich sein müsste, auch als gehörlose Frau Lehrerin zu sein. Allerdings nicht in allen Bereichen vermutlich, weil ich mir persönlich schwer tue, mir einen Sprachlehrer vorzustellen, der gehörlos ist.
Freak-Radio: Aber wenn Sie eine AHS-Ausbildung hat und ein Studium, dann könnte man durchaus davon ausgehen. Ich hätte jetzt noch eine Bitte an Sie, weil wir jetzt das Bündelgesetz erwähnt haben, damit wir das auch so bringen können. Können Sie mir eine kurze Definition des Bündelgesetzes geben, weil es ja nicht ganz so heißt, oder?
Dr. Hansjörg Hofer: Es heißt Bundesbehindertengleichstellungsbegleitgesetz, ein schrecklicher Titel, den kann sich niemand, nur ein Jurist wirklich merken. Ich habe es geschafft, offenbar.
Nein, es ist eine Begleitgesetzgebung zum Gleichstellungsgesetz, und zielt darauf ab, in einzelnen Materiegesetzen, also z. B. in Gesetzen, die regeln, wer welchen Beruf ergreifen darf, oder die regeln, welche Vorraussetzungen ich erfüllen muss, um bestimmte Ausbildungen machen zu dürfen, - dort diskriminierende Vorschriften zu beseitigen. Es erleichtert somit den Zugang zu Berufen, erleichtert den Zugang zu Ausbildungen, für Menschen mit Behinderung. Wegen des umständlichen Titels:
BundesbehindertenGleichstellungsBegleitgesetz, hat man umgangssprachlich die Bezeichnung Bündelgesetz gewählt. Weil es ein Bündel von insgesamt 19 Vorschriften ist, die damit geändert wurden.
Freak-Radio: Wir hätten noch ein viertes Beispiel, eine Frage, nämlich: ein Rollstuhlfahrer will in der Privatwirtschaft einen Job annehmen, das Gebäude ist allerdings nicht geeignet, das Büro liegt im ersten Stock, und es gibt kein Behinderten-WC, und zum Lift führen Stufen. Was kann er tun, oder was kann oder muss der Arbeitgeber tun?
Dr. Hansjörg Hofer: Zunächst einmal muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass für einen Arbeitnehmer mit Behinderung alle Vorkehrungen getroffen werden, die zumutbar sind und die dieser Mitarbeiter benötigen würde. Dazu kann er aber Hilfe in Anspruch nehmen.