Seitenanfang:

Link zum InhaltLink zum MenüLink zur Suche

Inhalt:

Rubrik: Lesen statt Hören
01. April 2001

Das Bundes-Blindenerziehungsinstitut

von Christine Stampfer, Franz Kirnbauer und Walter Lindner

Da wäre es vielleicht wichtig, einmal zu sagen, wer kommt in unsere Klasse? Die Orientierungsklasse kann Jeder besuchen, der nicht mehr schulpflichtig ist und Sehprobleme hat. Die Sehbehinderung ist dann so groß, dass man nicht ohne Weiteres eine Berufsausbildung beginnen kann. Der Betroffene benötigt Hilfen, er benötigt andere Techniken, die er noch nicht beherrscht, damit er später in eine Berufsausbildung einsteigen kann. Das sind u. a. die Braille-Schrift, die Braille-Kurzschrift, das ist der Umgang mit PC, mit Braille-Zeile, mit Vergrößerungsgeräten. Wenn nun Jemand in unsere Klasse kommt, bringt er jede Menge Erfahrungen mit, die mitunter auch schmerzhaft sind. Sehr viele, die den Kurs beginnen, sind Späterblindete oder deren Sehvermögen hat sich erst in den letzten Jahren verschlechtert. Das ist der nächste Schritt unserer Orientierungsklasse, nämlich das Wir, das Gemeinsame. Erfahrungen anzusprechen, die schmerzhaft waren und von anderen zu hören, dass er auch solche hat, und so diese aufzuarbeiten. Was für mich ganz wichtig ist: Jeder Sehbehinderte, der hier diese Klasse besucht, sollte so weit kommen, dass er die negativen Erfahrungen, die er gemacht hat, so verstehen lernt, dass er auf die Sehenden keinen Groll kriegt oder mehr hat.
Er soll nicht in Selbstmitleid verfallen und sagen: "Ich bin ja so arm. Ich sehe das nicht mehr und die Sehenden sind so böse zu mir. Die verstehen mich nicht." Diese Mitleidswelle wollen wir unbedingt verlassen oder unterbrechen. Wir müssen klar sehen, warum entstehen solche Situationen, die Sehenden auch verstehen lernen, warum sie nicht anders reagieren konnten.

Das ist ein Prozess, der in Gang gesetzt werden soll, der aber sicher nur anfänglich geschehen kann. Der dauert, nach meinem Dafürhalten, das ganze Leben, aber er soll hier ganz bewusst gestartet werden. Jeder, der hier diesen Kurs besucht, kann grundsätzlich sein Lerntempo selbst bestimmen. Ich möchte vielleicht noch erwähnen, dass ich selbst sehbehindert bin, was bei dieser Art von Gesprächen sicher kein Nachteil ist, weil ich Betroffener bin.

Musik

Freak-Radio: Für Kinder und Jugendliche, die nicht in Wien wohnen, hält das Bundes-Blindenerziehungsinstitut ein Internat bereit.

Erzieherin: Hier leben etwa 40 Kinder. Sie fahren an jedem Wochenende nach Hause, nur einige Wenige haben einen Rhythmus von 14 Tagen. Da am Samstag schulfrei ist, die Kinder heim fahren, müssen wir sehr viel unter der Woche unterbringen. Das sind Aufgabenbetreuung, viele Musikstunden, Judo, Schwimmstunden. Wir motivieren die Kinder, auch wenn es nicht so leicht fällt. So fühlen wir uns auch am Abend recht wohl.


Link speichern auf:addthis.comFacebookYiggItMister Wongstumbleupon.comdel.icio.usMa.gnoliaask.comdigg.comTechnoratiYahooMyWeblive.com
Seitenanfang