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Rubrik: Lesen statt Hören
31. August 2003

Das politische Freak-Sommergespräch
mit Dr. Franz-Joseph Huainigg

von Gerhard Wagner

Was mich schon betroffen hat, ist, dass auch Leute, mit denen ich befreundet war oder mit denen ich gearbeitet habe, sehr emotional reagiert haben und Persönliches mit Politischem oder mit meiner Arbeit vermischt haben. Und das hat mich schon getroffen.
Natürlich ist es auch eine große Möglichkeit, in einer Regierungspartei mit zu versuchen, etwas weiter zu bringen: Das gelingt auch teilweise, ist aber ein mühsamer Weg.

Freak-Radio: Viel Zeit war ja bis jetzt noch nicht, die Regierung hat sich erst im März gebildet. Dennoch: Worauf sind sie stolz, etwas weiter gebracht zu haben?

Franz-Joseph Huainigg: Dass überhaupt ein Gleichstellungsgesetz ausgearbeitet wird, ist schon ein Erfolg! Es war ja in der Vergangenheit ja nicht unbedingt das größte Anliegen der ÖVP, ein solches auszuarbeiten. Es war eher das Ziel, alle Gesetze zu überprüfen, ob sie mit der Verfassungsbestimmung (»Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden«, Red.) entsprechen und auch zu ändern. Ich war immer überzeugt, dass es wie in Amerika, Deutschland oder anderen Ländern ein Gleichstellungsgesetz braucht.
Das hat sich dann auch im Koalitionsübereinkommen wiedergefunden. Das war einer der Punkte, die ich eingebracht habe. Es gibt jetzt die Arbeitsgruppe der Bundesregierung mit Betroffenen. Und das war mir auch sehr wichtig, dass wirklich Betroffene als ExpertInnen in eigener Sache einbezogen werden. Sie bringen ihre Lebensrealität ein und wissen, wo behinderte Menschen diskriminiert werden und was in den Gesetzen stehen sollte.

Freak-Radio: Was soll dieses Gleichstellungsgesetz umfassen und wann wird es kommen?

Franz-Joseph Huainigg: Es soll noch in diesem Jahr kommen. Ziel ist es, dass es schon im Herbst ein Gesetz gibt. Mir ist es allerdings lieber, dass es etwas länger dauert, wenn das Gesetz dann wirklich die Lebenssituation der Menschen mit Behinderung verändert! Lieber ist mir also ein ordentliches Gesetz, als dass noch schnell im Jahr der Menschen mit Behinderung ein Gesetz gemacht wird, dass nicht so gut ist. Aber wir sind alle sehr bemüht, das sehr rasch umzusetzen.
Inhaltlich muss auf jeden Fall Barrierefreiheit und barrierefreier Zugang drinnen sein, einerseits in öffentlichen Gebäuden oder in Wohnanlagen. Es ist sinnlos, immer im Nachhinein alles umzubauen. Jeder wird älter, viele brauchen irgendwann einmal einen Lift oder sind froh, dass sie auch den Kinderwagen leichter transportieren können. Barrierefreies Bauen ist menschengerechtes Bauen! Das muss auch in den Ländern vollzogen werden.
Der zweite Bereich ist der öffentliche Verkehr: Auch dieser muss barrierefrei zugänglich sein. Wenn neue Anlagen errichtet, neue U-Bahnen, Autobusse, Straßen- und Eisenbahngarnituren gekauft werden, dass sie auch wirklich mit dem Rollstuhl benützbar sind. Dass es in den Anlagen und Liften Blindenleitsysteme gibt und die Beschriftung auch für blinde und sehbehinderte Menschen angebracht wird, damit sie wissen, wo man sich befindet.
Barrierefreiheit im Internet ist auch etwas sehr wichtiges: Denn auch den neuen und wichtigen Technologien können Barrieren entstehen: Gerade für sinnesbehinderte Menschen gibt es bereits einschlägige Zugangsbestimmungen (Stichwort: Accessibility), die auch im Gesetz verankert sein sollten. Gerade öffentliche Internetseiten oder die, die von öffentlichen Hand unterstützt werden oder auch Medien- und Informationsseiten müssen barrierefrei sein!
Für Medien bedeutet Barrierefreiheit außerdem, dass etwa der ORF sein Programm durch Untertitelung und Gebärdensprache auch für hörbehinderte Zuschauer zugänglich macht. Auch Audiodeskriptionshilfen, die sehbehinderten Menschen jene Handlung in einem Film erklären, die die anderen sehen können, sollten verstärkt angeboten werden.
Ein großes Anliegen von mir ist auch die Anerkennung der Gebärdensprache: Ich glaube, es ist längst überfällig, dass das kommen wird. Schon als Leiter der Arbeitsgruppe »Behinderte Menschen und Medien« habe ich mich dafür eingesetzt. Das Ergebnis war, dass wenigstens die Wochenschau mit Gebärdendolmetsch gesendet wird...


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