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Dorothea Brozek - Ein Freak - Menschenbild
Walter Lindner porträtiert die Rollstuhlfahrerin Dorothea Brozek. Sie war die erste Behindertenreferentin der ÖH an der Universität Wien, ist Magistra der Slawistik und Politikwissenschaft und Gründungsmitglied von Freak-Radio. Heute arbeitet sie in mehreren Projekten, unter anderem bei SLIÖ (Selbstbestimmt-Leben-Initiative Österreich).
Freak-Radio, Walter Lindner: Guten Abend. Zu einem weiteren Portrait aus unserer Serie »Menschenbilder!« begrüßt Sie Walter Lindner. Während der nächsten 30 Minuten möchte ich Ihnen eine im wahrsten und besten Sinne des Wortes kämpferische und starke Frau vorstellen, die ich an einem Herbsttag im zehnten Stock eines Wiener Hochhauses besuchen und interviewen durfte, nämlich Frau Magistra Dorothea Brozek.
Musik
Dorothea Brozek: Geboren bin ich in Polen. Ich war etwa sieben Jahre alt, als ich mit meiner Mama nach Österreich gekommen bin. Dass wir hier geblieben sind, war Zufall. Meine Mutter hatte das gar nicht vor. Wir sind in Österreich gelandet, weil meine Eltern väterlicherseits Kontakte zu Österreich und Deutschland hatten, einerseits familiär, andererseits hat der Großvater für österreichische Firmen gearbeitet. Da waren sie mindestens zwei Mal im Jahr auf Achse in Österreich und in Deutschland. Als spätestens nach drei Jahren klar war, dass ich eine Behinderung habe, nämlich eine Muskelkrankheit, haben die Großeltern gemeint, sie wollen mich unbedingt mitnehmen auf die Reise, was denn so die Ärzte im Westen sagen und welche Prognosen und Behandlungsmöglichkeiten es da gäbe. Ich konnte nie gehen und benütze jetzt einen elektrischen Rollstuhl. Die Behinderung ist eindeutig mit einer Kinderlähmungimpfung in Zusammenhang zu bringen, die ich mit einem halben Jahr bekommen habe. Ich habe darauf schlecht reagiert, bin auch krank geworden und habe mich seitdem nicht wirklich weiter entwickelt, wie stärker werden, zu laufen beginnen. Das weiß ich aber nur aus Erzählungen. Muskelkrankheiten sind grundsätzlich fortschreitende Behinderungen. Bei mir ist es so, dass es schon fortschreitet, aber ganz langsam. Es äußert sich dahingehend, dass ich im Alltag sehr viele Hilfen brauche, so bei Basisverrichtungen des täglichen Lebens wie beim Aufstehen, Anziehen, Duschen, Toilette, im Haushalt, bei Erledigungen, bei Einkäufen, wenn ich unterwegs bin. Ich brauche auch Unterstützung für die Positionen meiner Hand. Wenn sie verrutscht, kann es sein, dass ich sie nicht mehr in die Position bringen kann, die ich möchte. Autofahren ist eher etwas Anstrengendes, weil dieses Schütteln und Rütteln sehr viel Kraft kostet. Das sind einige Beispiele, wie es mein Leben beeinflusst.
Musik
Dorothea Brozek: Ich habe in Wien mit der Volksschule begonnen. Ich habe so eine klassische Karriere von behinderten Kindern. Ich habe Sondereinrichtungen besucht, die Volksschule und dann die Hauptschule, dies immer auch verbunden mit einer Internatsunterbringung. In Wien war das im Dr.-Adolf-Lorenz-Heim in der Kanitzgasse, wo ich im Internat war und die Schule besucht habe.