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Halloween: Freakige Friedhofsgeschichten
Zu Allerheiligen und Allerseelen, neudeutsch Helloween, gedenken wir unserer Verstorbenen....
Freak-Classic: Phönix aus dem Gips?
Anlässlich des 80. Geburtstags von Gerlinde Zickler wiederholen wir am 22. Oktober 2024 einen...
Durchblick mit Sehbehinderung - Porträt eines Managers
Julian Hadschieff, Manager: Ein herzliches »Grüß Gott« hier im 19. Stock des Tech Gates. Ich freue mich, Ihnen etwas über meinen Zugang zu einem Leben mit einer Behinderung mitgeben zu können. Ich möchte damit beginnen, wie es mir in meiner Jugend so ergangen ist. Ich bin in Tirol aufgewachsen, in Innsbruck. Meine Erkrankung, eine juvenile Maculadegeneration, begann im Alter von etwa sieben, acht Jahren und führte dann relativ schnell zu einer Verschlechterung des Sehvermögens. In der zweiten Klasse Volksschule wurde evident, dass ich sehr schlecht sehe. Ich war damals schon recht groß und bin in der letzten Reihe gesessen. Irgendwann habe ich einmal geschwätzt. Bei der Anfrage, was denn auf der Tafel so vor sich geht, konnte ich das nicht entziffern und wurde damals schwer getadelt. Bald wurde jedoch offensichtlich, dass ich nicht weil ich schwätze, nicht weiß, was draußen los ist, sondern weil ich es nicht sehe. Ich wechselte in die erste Reihe. Die Augenärzte auf der Universitätsklinik in Innsbruck wussten damals nicht genau, wie man mit dieser Erkrankung umgeht. Auch bei meiner Behandlung in St. Gallen hat sich herausgestellt, dass eigentlich keine Heilung - bis jetzt zumindest einmal - möglich ist. Ich habe das als Kind nicht wahnsinnig tragisch genommen, ich habe einfach zunehmend schlechter gesehen. Bis zwölf konnte ich noch lesen, ab dann nur mehr mittels Kugellupe, und musste Silbe für Silbe entziffern. Ich war anfangs kein schlechter Schüler – ich habe auch die erste Klasse Gymnasium noch mit Vorzug gemeistert. Dann wurde die Sehbehinderung zunehmend schlechter und von der fünften auf die sechste Klasse Gymnasium wechselte ich die Schule. Ich besuchte anstatt des akademischen ein musisch-pädagogisches Oberstufenrealgymnasium und zwar deswegen, weil es mir nicht möglich war, Latein zu bewältigen. Der damalige Lehrer vertrat die Einstellung: Wer im akademischen Gymnasium vom Blatt weg nicht übersetzen kann, der hat im Gymnasium nichts verloren. Ich denke, allein dieser Ausspruch, dieser Zugang dieses Lehrers zeigt, wie viel sich in den letzten vierzig Jahren für behinderte Menschen oder auch für uns behinderte Menschen geändert hat.
Ich habe die Schule abgeschlossen, das Abitur - also die Matura - gemacht. Darüber hinaus war Sport in meinem Leben sehr wichtig, ich war im Eisschnelllauf-Nationalteam. Manche kennen vielleicht meinen Bruder, Michael, ein äußerst erfolgreicher Weltklasseathlet für viele Jahre. Er war Weltmeister und Olympiamedaillengewinner. Ich selbst habe das Nationalteam 1981 verlassen, also nach ungefähr vier Jahren. Ich habe mich meinem Studium gewidmet, mehr oder weniger zumindest - dieses habe ich selber finanziert. Ich hatte ein Arrangement mit meinem Vater, der für fünf Jahre die Finanzierung für das Studium übernahm. Nachdem ich vier Jahre im Nationalteam war und nichts studiert habe, blieb dann nicht mehr genug Zeit übrig. Ich habe nach einem Universitätslehrgang für Diplomierte Exportkaufleute noch das Magisterium in Betriebswirtschaft gemacht. Dabei lernte ich, was die wesentlichen Erfolgsfaktoren für jemanden mit einer sehr starken Einschränkung, oder Seheinschränkung, sind. Ich habe heute ein Sehvermögen unter drei Prozent, also ein Restsehvermögen das relativ gering ist. Ich konnte mir aber doch aufgrund der Wahrnehmungsmöglichkeiten über Kontraste eigentlich noch eine ganz gute Mobilität erhalten. Ich habe erfahren, dass es wichtig ist, sich auf die eigenen »Schwächen« oder auch auf die Behinderung einzulassen.