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Rubrik: Lesen statt Hören
28. Mai 2000

Ein Haus der besonderen Begegnung

von Walter Lindner

Leider haben wir das Pech, dass die Stadtgemeinde Wien bei uns nicht kauft.

Freak-Radio: Warum?

Werkstättenleiter: Die meisten Sachen müssen ausgeschrieben werden. Dabei wird nur mehr auf die Quantität, nicht mehr auf die Qualität geachtet. Der Preis ist entscheidend.

Freak-Radio: Diese Produkte sind Handarbeit?

Werkstättenleiter: Das ist nur handgemachte Ware, zum Teil mit reinen Naturmaterialien. Kunststoffe werden nur eingesetzt, wo es nötig ist. Wir sind natürlich so flexibel, dass wir uns an die Bestimmungen des EU-Hygienegesetzes halten und Bürsten, die nur aus Kunststoff bestehen, produzieren können.

Freak-Radio: Kann man ungefehr sagen, wie lange eine ArbeiterIn braucht, um eine Bürste fertig zu stellen?

Werkstättenleiter: Das kommt darauf an, welche Bürsten das sind. Für einen Meter-Besen braucht man 4-5 Stunden, für einen normalen Kehrbesen 2 Stunden. Natürlich ist der Preis dementsprechend.

Freak-Radio: Ist das ein normaler Lehrberuf?

Werkstättenleiter: Ja. Im 2. Bezirk, im Blindeninstitut, wird ausgebildet.

Freak-Radio: Gibt es Gesellen, wie im normalen Lehrwesen auch?

Werkstättenleiter: Gesellen haben wir keinen. Wir haben nur ausgebildete ArbeiterInnen.

Louis-Braille-Haus: Viele der in den Werkstätten hergestellten Artikel können Sie nebst anderer Handelsware in jenem Geschäft kaufen, das sich im Erdgeschoss des Louis-Braille-Hauses befindet.

Sprechender Aufzug: Zwischengeschoss. Louis-Braille-Stuben, Schach, Kursräume, Sängerbundbüro.

Louis-Braille-Haus: Kehren wir nun wieder zum Freizeitbereich zurück, dem Sie vorwiegend im Zwischengeschoss, im Erdgeschoss und im Untergeschoss fröhnen können. Hier befinden sich zunächst die Louis-Braille-Stuben, ein sehr gut geführter Gastronomiebetrieb, in dem sich nicht nur gut speisen, sondern auch in gemütlicher Runde so manches, gute Tröpfchen genießen lässt. Eine weitere, in Blindenkreisen sehr verbreitete Freizeitbeschäftigung ist das Schachspiel. Hören Sie mehr darüber vom Obmann der Wiener Blindenschachrunde, Gerhard Zipko.

Obmann der Wiener Blindenschachrunde: Die Wiener Schachrunde wurde 1952 gegründet und weist derzeit einen Mitgliederstand von 41 auf. Einen wesentlichen Stellenwert nehmen die Begegnungen mit den sehenden Schachfreunden ein. Die Wiener Schachrunde beteiligt sich regelmäßig im Zeitraum von Oktober bis März mit zwei Mannschaften zu je sechs Spielern an der sogenannten Betriebsmeisterschaft des Wiener Schachverbandes.

Der wichtigste Unterschied beim blinden Schachspieler gegenüber dem sehenden besteht darin, dass auf zwei Brettern gespielt wird und die Züge gegenseitig angesagt werden. Die schwarzen Felder sind gegenüber den weißen minimal erhöht, und die schwarzen Figuren sind mit einem kleinen Stift oder Nagel an der Oberseite gekennzeichnet. Ein Schachbrett für Blinde ist mit Löchern versehen, und die Figuren werden mit einem Stift darin verankert. Abschließend darf ich noch erwähnen, dass Schach sicher eine sinnvolle Freizeitgestaltung ist. Nach den spannenden Partien kommt auch bei uns das Gesellige nicht zu kurz.


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