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Rubrik: Lesen statt Hören
30. Juli 2016

Einsame Herzen

von Katharina Müllebner

Dorothea Proschek: Wenn ich in ein Lokal gehe, dann bin ich ja nicht gleich auf Partnersuche. Meinen Sie jetzt die Rahmenbedingungen?

Isabella Aigner: Ja, die Rahmenbedingungen.

Dorothea Proschek: Es ist total blöd, wenn 80 Prozent in Wien, das ist jetzt nur ein Bauchgefühl, keine Zahl die ich festgenagelt haben will, aber mein Bauchgefühl sagt in 80 Prozent der Lokale komme ich nicht hinein. Das geht mir echt am Hammer, wenn man sich immer etwas überlegen muss, was geht und was nicht geht. Dann geht vielleicht eine Clique dahin und man muss wieder checken ob man dort hinein kommt. Ganz banal, das ist zwar nicht Partnersuche, aber letztes Jahr habe ich eine neue Ausbildung gemacht. Dieses Lokal suchen in der Mittagspause. Wo es 2016 noch immer ein Problem ist und man dann nicht gemeinsam Mittagessen kann. Aber wo lernt man sich denn kennen? Sehr oft auch in Ausbildungsgruppen. In Seminaren, in Fortbildungen. Das war wirklich sehr ärgerlich, da bin ich wirklich sauer, dass wir es nicht zu Stande bringen, 2016 eine barrierefreie Umgebung zu schaffen, weil das natürlich auch Partnerfindung für uns alle ganz schwer macht. Nicht nur für Rollstuhl fahrende Menschen, sondern auch für Mobilitätsbehinderte Menschen und auch andere Barrieren. Nicht nur die baulichen, sondern auch andere Barrieren: Leitsysteme für blinde Leute. Das finde ich sehr ärgerlich und das macht mich böse.

Katharina Müllebner: Herr Dungl, ich habe vorher gesehen, dass Sie genickt haben, als Frau Proschek gesagt hat, dass Partnersuche in naturer besser ist. Was sagen Sie?

Florian Dungl: Ich bin genau der gleichen Meinung. Das ist auch das, was ich vorher eigentlich schon gemeint habe. Bei Veranstaltungen und Konzerten bist du auch immer irgendwo abseits und kannst nicht mit einer Gruppe gemeinsam abhängen. Bei einem kleinen Beispiel Konzert in der St. Marxer Rinderhalle, bist du eben auf deiner Rollstuhltribüne. Natürlich ist es toll und super. Aber dieses „get together“ fehlt eben. Dieses zusammen und einfach miteinander. Ich könnte nie zur Bar gehen und mir was holen. Da gibt es mit Rollstuhl natürlich auch bauliche Barrieren. Ich war letztes Jahr mit meiner Freundin in Amerika, in Kalifornien und das ist schon ein bisschen etwas anderes. Du bist miteinander. Da gibt es kein getrennt sein. Da gibt es keine Abgrenzung. Ich sage es ganz offen und ehrlich in Amerika will ich mit einer Behinderung nicht leben, weil es einfach nicht gefördert wird. Es wird nichts getan. Aber die Bevölkerung und die Menschheit dort haben einfach ein ganz ein anderes Verständnis. Die sind einfach im Kopf schon viel weiter. Mit dem miteinander. Dort gibt es keine Stiege. Dort ist alles mit Rampen. Das will ich auch einfach herausheben. Wir haben vorher geredet, wegen dem Prater oder dem amusement Park. Da zahlst du eben einen Eintritt und bist mit allen Leuten dort gemeinsam. Diese Gruppenbildung und Dynamik, wo man eben auch ein Mädchen kennen lernt und nicht nur mit einem Assistenten irgendwo abseits in einem eigenen Bereich ist. Es ist alles super toll und es wird eben viel ermöglicht. Ich glaube nicht, dass es vor zehn oder fünfzehn Jahren möglich war, dass du auf ein Konzert gehst. Ich sitze noch nicht so lange im Rollstuhl. Aber dieses Abgrenzen geht mir eben auf die Nerven.


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