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Für Wiener Gebietskrankenkasse sind Führerscheine unwirksam
Sie erinnern sich: Die Wiener Gebietskrankenkasse will alle Rollstühle von 10 auf 6km/h drosseln und so die Mobilität der behinderten Menschen gravierend einschränken.
Während einer Freak-Radio-Sendung vom 5.02.2006 ("Heilbehelfe") (Link MP3-Download) deutete die Vertreterin der WGKK, Dr. Karin Zoufal an, dass es doch Ausnahmen geben könnte.
Damals wurde angedacht, die Eignung für das höhere Tempo des Rollstuhls durch einen Nachweis (etwa Führerschein, oder Test auf einem Parcours oder durch eine Videosimulation) festzustellen - dies wäre sinnvoll gewesen: Es hätte der Krankenkasse nachgewiesen, dass die Rollstuhlfahrer geeignet für das höhere Tempo sind, andererseits dynamischen behinderten Rollstuhlfahrern ein Tempo ermöglicht, bei dem sie mit nicht behinderten Kollegen mithalten können.
Sagenhafte Schreibtischbürokratie der WGKK:
Zum Autofahren geeignet, für einen 10 km/h-Rollstuhl nicht!
Doch mittlerweile ist alles anders. Die Wiener Gebietskrankenkasse hat gesprochen. Punktum. Seisdrum: Was die behinderten Menschen wollen, und sei es noch so sinnvoll und gut begründet, das ficht solche Entscheidungen offenbar nicht an:
Dr. Karin Zoufal, die sich in der Diskussion mit Freak-Radio noch gesprächsbereit gezeigt hatte, musste nun ihre Entscheidung ändern und erklärt nun namens der Gebietskrankenkasse Führerscheine taxfrei für ungültig:
"... müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass eine Bewilligung eines 10 km/h Motors bei einem elektrischen Krankenfahrstuhl im Einzelfall auch für Versicherte mit einem KFZ-Führerschein nicht möglich ist. Die Prüfung einer Verkehrssicherheit ist immer eine Momentaufnahme, die Gebrauchsdauer eines Krankenfahrstuhles beträgt jedoch 10 Jahre. In dieser Zeit können durchaus Veränderungen im Bereich der Reaktionsfähigkeit stattfinden." Fazit: Ein gültiger Führerschein wird nicht für einen 10 km/h-Rollstuhl akzeptiert.
Ein Vergleich: Wäre die Gebietskrankenkasse für Autofahrer zuständig, dann würde sie erstens verordnen, dass alle Autos nur noch 50 km/h fahren dürfen, weil man ja im Ortsgebiet nicht schneller fahren darf. (Bei Rollstühlen müssen diese auf 6 km/h gedrosselt werden, weil die WGKK die Schrittgeschwindigkeit auf dieses Tempo festgelegt hat - sie beruft sich dabei auf die Tatsache, dass auf Gehsteigen nur in Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf - doch viele Gehsteige sind gar nicht barrierefrei!). Wenn jemand Straßen und andere Wege mit dem Rollstuhl benutzten möchte oder gar muss, so ist das dann nicht schneller als 6 km/h möglich - und die Rollstuhlbenutzer müssen sich länger in der Gefahrenzone aufhalten.
Und jetzt stellen Sie sich vor, dass ein Auto auf der Autobahn, geht es nach der Philosophie der Wiener Gebietskrankenkasse, dann nicht schneller als 50 km/h fahren könnte!
Nebenbei: Zweitens würde die WGKK dann alle Führerscheine auf zehn Jahre befristen, würde sie nach ihrer eigenen Argumentation mit Autobesitzern verfahren können.
Diskriminierung durch Untertanenmentalität
Rollstühle dienen eigentlich dem Nachteilsausgleich, sie sollen den behinderten Menschen die Nachteile beseitigen helfen. Viele Menschen bewegen sich im Alltag schneller als mit nur 6 km/h. Rollstuhlfahrer werden, nach dieser bürokratischen Verordnung, zu Schnecken gemacht. "Wir zahlen ja schließlich auch", argumentieren die Bürokraten: Dass natürlich nicht sie selbst zahlen, sondern die Versicherten, und dass sie politisch entsandte Vertreter sind, das sagen sie nicht. Dabei setzt sich die Gebietskrankenkasse über die Bedürfnisse der Betroffenen hinweg, hat sie bei ihrer Entscheidung auch nicht eingebunden und handelt über deren Köpfe - gegen den Willen und auch den bisherigen Usus, nämlich 10 km/h fahren zu können - hinweg.
Behindertengleichstellung
"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden", heißt es schon seit längerem in der Verfassung. Mittlerweile gibt es auch ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz.
Verordnungen, die nicht einmal als Sparmaßnahme durchgehen (denn wie bei den Autos sind die schnelleren Rollstühle nicht immer die teureren) diskriminieren behinderte Menschen: Denn der Auftrag, die Behinderung auszugleichen, wird durch diese Drosselung nicht erfüllt, im Gegenteil: Menschen mit Behinderungen werden willkürlich zu Menschen zweiter Klasse gemacht, zu langsamen "Schnecken", die von allen anderen überholt werden.
Ist das die neue Linie der Wiener Gebietskrankenkasse? Ist das die Mentalität, wie sie mit benachteiligten Menschen umgeht? Sollen wir alle uns darauf einstellen, dass es dann irgendwann heißt: "Sie können sich den Rollstuhl ja auch privat kaufen..."? Und gerade das können sich die meisten behinderten Menschen natürlich nicht leisten.
Empörte Reaktionen
Viele Wiener Rollstuhlfahrer sind nun empört und fordern von der Wiener Gebietskrankenkasse Gleichbehandlung ein: Die Drosselung sei willkürlich. Die Argumente, mit denen diese Drosselung gerechtfertigt werde, seien zum Teil widersprüchlich und nicht nachvollziebar. Dass nicht einmal ein Führerschein akzeptiert werde, der zum Autofahren überall anerkannt werde, sei besonders absurd und beweise am deutlichsten die Willkür der Wiener Gebietskrankenkasse.
Lesen Sie auch: Wortlaut und Reaktionen auf die Entscheidung der Wiener Gebietskrankenkasse