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.Gleichstellungsgesetz - Barrieren per Gesetz abbauen
:Interview mit Dr. Hansjörg Hofer (Sozialministerium) und Mag. Dietmar Hillbrand (Bundessozialamt) Erster Teil: Gleichstellungsgesetz
Freak-Radio: Warum benötigen behinderte Menschen ein Gleichstellungsgesetz?
Dr. Hansjörg Hofer: Aus meiner Sicht benötigen Menschen mit Behinderung ein Gleichstellungsgesetz, weil sie im täglichen Leben nicht gleich behandelt werden, nicht gleichgestellt sind, nicht die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben. Daher hat sich der Gesetzgeber entschlossen, eine rechtliche Regelung zu treffen, wie Menschen mit Behinderung ihr Recht auf gleiche Behandlung, auf Chancengleichheit, ihr Recht auf gleiche Möglichkeiten im täglichen Leben durchsetzen können.
Freak-Radio: Was bedeutet für Sie Gleichstellung, und was Gleichbehandlung?
Dr. Hansjörg Hofer: Gleichbehandlung ist einmal die gleiche Behandlung von Menschen im gleichen Sachverhalt. Gleichstellung ist ein bisschen mehr für mich, weil ich der Meinung bin, dass Menschen mit Behinderung mehr als nur die gleiche Behandlung benötigen, um gleiche Chancen zu haben.
Sie brauchen beispielsweise Unterstützung im Bereich der Barrierefreiheit, der räumlichen Barrierefreiheit, vor allem aber auch der Barrierefreiheit in den Köpfen. Es sollten sich die Barrieren in den Köpfen verändern, es sollte nicht immer nur in Defiziten gedacht werden, wenn man Menschen mit Behinderungen vor sich hat, sondern man sollte die Chancen, die Möglichkeiten, die Stärken dieser Menschen betrachten. Daher glaube ich, dass Gleichbehandlung heutzutage zunächst einmal zu wenig ist, weil Menschen mit Behinderung mehr als nur Gleichbehandlung brauchen.
Sie brauchen Unterstützung, Förderung, sie brauchen die Herstellung entsprechender Umweltbedingungen um ihre Chancen auch wirklich wahrnehmen zu können.
Freak-Radio: Das Bundes-Behinderten-Gleichstellungsgesetz ist seit einem Jahr in Kraft, wie zufrieden sind Sie eigentlich damit? Welche Bereiche werden abgedeckt? Oder was hätte möglicherweise noch drinnen sein können, das sich die Leute erwartet haben?
Dr. Hansjörg Hofer: Also im großen und ganzen sind wir sehr zufrieden. Das Bundes-Behinderten-Gleichstellungsgesetz, beziehungsweise das Behinderten-Einstellungsgesetz, das im beruflichen Bereich gilt, haben zu großen Veränderungen in der Wahrnehmung von behinderten Menschen geführt.
Wir sind überzeugt davon, dass Barrieren vor allem einmal in den Köpfen abgebaut worden sind und noch weiter abgebaut werden - und das wird auf lange Sicht dazu führen können, dass Menschen mit Behinderungen im täglichen Leben wirklich die völlig gleichen Möglichkeiten haben wie andere Menschen auch.
Freak-Radio: Was hätte das Gesetz Ihrer Meinung noch beinhalten können?
Dr. Hansjörg Hofer: Das Gesetzespaket, das im Vorjahr in Kraft getreten ist, deckt alle Bundeskompetenzen ab: Überall, wo der Bund Kompetenzen hat, gilt das Gleichstellungsrecht für Menschen mit Behinderung. Das ist etwa dort der Fall, wo der Mensch mit Behinderung als Konsument auftritt, wo er Konsumentenstatus hat.
Oder auch dort, wo es um arbeitsrechtliche Sachverhalte geht, wo etwa die Frage der Beschäftigung im Vordergrund steht. Es gibt allerdings auch Bereiche in Österreich, wo die Länder zuständig sind.
Diese Bereiche konnten wir trotz entsprechender Bemühungen leider nicht regeln. Die Länder waren nicht bereit, einer Regelung zuzustimmen, in der auch ihre Kompetenzbereiche mit umfasst gewesen wären.
Das betrifft zum Beispiel das Kindergartenwesen, das betrifft zum Beispiel den schulischen Bereich, dort wo es sich um jene Gebäude handelt, die im Pflichtschulbereich vorhanden sind. Also eine Volksschule ist jetzt zum Beispiel von unserem Gesetz nicht umfasst. Im arbeitsrechtlichen Bereich haben aber auch die Länder - und zwar alle neun Bundesländer die entsprechenden Regelungen getroffen. Das heißt, (dass) dort auch die Bediensteten der Länder und Gemeinden den gleichen Schutz genießen wie in den übrigen Bereichen des Arbeitslebens in Österreich.