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Rubrik: Lesen statt Hören
07. Juni 2009

Grenzenloser Kustgenuss

von Redaktion (Katharina Zabransky)

Das Schloss Belvedere in Wien

Copyright: Jürgen Grüneisl / www.pixelio.de

Katharina Zabransky: Hallo und guten Abend bei Freak-Radio zu einer Sendung über barrierefreien Kunstgenuss. Am Mikrofon begrüßt Sie Katharina Zabransky. Ich begrüße meine Gäste im Radio-Café: Frau Brigitte Hauptner, Herrn Günter Roiss, ich sage dazu, er ist gehörlos und statt ihm hören wir die Stimme der Gebärdendolmetscherin, Patricia Brück. Außerdem sitzt Herr Dr. Erich Schmid hier. Am Telefon begrüße ich Frau Prucha. Grüß Gott! Frau Prucha ist vom Flughafen Wien per Telefon zugeschaltet und ich würde gerne mit ihr beginnen.

Sie sind vom Technischen Museum Wien. Welche Angebote gibt es dort zuerst einmal für gehörlose Menschen?

Ingrid Prucha: Wir bieten verschiedene Führungen an in unterschiedlicher Weise: entweder Führungen, die vorgebucht sind, mit unterschiedlichen Themenwünschen, das heißt, entweder mit Simultan-Dolmetscher oder, wenn das nicht möglich ist, können auch die Texte vorbestellt werden, um dann während der Führung gedolmetscht zu werden.

Katharina Zabransky: Wie oft könnten solche Führungen stattfinden?

Ingrid Prucha: Das ist ganz nach Wunsch, nach Absprache durch das Haus, also entweder einen Rundgang durch die Schausammlung oder eben zu einem ganz speziellen Thema, wenn es z.B. eine Werkstätte ist, die einen ganz speziellen Wunsch äußert, wie so eine Führung auszusehen hat. Sei es jetzt Energie oder auch Schwerindustrie oder ein ganz anderes Thema ganz frei nach Wunsch.

Katharina Zabransky: Und wenn ich eine Führung mit einem Gebärdendolmetscher haben möchte, wie lange muss man sich da vorher anmelden?

Ingrid Prucha: Das kann ganz kurzfristig geschehen, besser wäre es aber natürlich längerfristig, weil auch andere Führungen gebucht werden.

Katharina Zabransky: Und seit wann gibt es dieses Angebot mit den Gebärdensprachführungen im Technischen Museum?

Ingrid Prucha: Diese Aktionen gibt es seit 2001. Da haben wir begonnen, Führungen und Aktionen für Gruppen mit speziellen Bedürfnissen anzubieten.

Katharina Zabransky: Danke, und ich würde jetzt gleich gerne Herrn Roiss fragen. Was braucht ein gehörloser Mensch oder was will jemand, der in eine Ausstellung geht? Was braucht man da für Infrastruktur, um das wirklich genießen zu können?

Günter Roiss: Also ganz wichtig ist für Gehörlose im Museum, dass es ein Angebot gibt, z.B. dieses iPod-Angebot. Da muss man dann auch keinen Termin ausmachen. Das ist angenehm, weil man dann flexibel sein kann wie jeder andere auch. Besser ist es natürlich, wenn ein Gehörloser selber die Führungen hält. Da kann man sich besser identifizieren, kann  das in der Muttersprache aufnehmen. Wenn das nicht möglich ist, dann nehmen wir natürlich auch gerne Führungen mit Dolmetschern in Anspruch. Dann könnte man sich auch kurzfristig anmelden, wenn jemand eine Führung macht. Dolmetscher haben wir einfach zu wenige, das muss man sehr langfristig davor organisieren. Da muss man unserer Erfahrung nach mindestens zwei Wochen vorher buchen.

Katharina Zabransky: Könnten Sie ganz kurz den iPod beschreiben? Was ist das? Kann man den leicht bedienen oder braucht man irgendwelche Voraussetzungen?

Günter Roiss: Da wird in Gebärdensprache das erklärt, was man im Museum sehen kann. Z.B. das Bild, da gibt es eine Nummer, da drückt man drauf und dann kriegt man  es auf dem Display von diesem iPod in  österreichischer Gebärdensprache erklärt. Man könnte es natürlich auch in internationaler Gebärde haben, sodass man das als Verkehrssprache verwenden kann, dass auch Gehörlose aus dem Ausland mit dieser Gebärdensprache was anfangen können.

Katharina Zabransky: Das heisst, die internationale Gebärdensprache wäre natürlich für Touristen noch interessanter?

Günter Roiss: Ja, aber da muss man ein bisschen was ausbessern. Es heißt internationale Gebärde. Es ist nicht eine Gebärdensprache. Es ist keine eigene Sprache, es basiert sehr viel  auf nonverbaler Kommunikation. Aber man kann das praktisch auf der ganzen Welt verstehen. Aber am Besten wäre natürlich ASL (American Sign Language), weil es da wirklich eine Grammatik gibt, da gibt es einen tiefen Wortschatz. Da kann man einfach die Gebärden angenehmer verstehen. Internationale Gebärde ist eher oberflächlich, da kann man die Informationen nicht so tief aufnehmen wie in einer nationalen Gebärdensprache.

Katharina Zabransky: Ich möchte wieder Frau Prucha fragen. Gibt es im Technischen Museum die österreichische Gebärdensprache oder auch andere Gebärdensprachen als Angebot?

Ingrid Prucha: Das Angebot gibt es demnächst und zwar im Sommer, genau so einen Multimedia-Guide, wo in österreichischer und internationaler Gebärdensprache eine Highlight-Tour durch das Haus möglich ist und in weiterer Folge dann auch ein Rundgang durch die einzelnen Schausammlungen angeboten wird. Wir gehen natürlich sehr gerne genau auf diesen Wunsch ein, weil das eigentlich der wesentliche barrierefreie Zugang zur Schausammlung und zu den einzelnen Objekten ist, den wir auch sehr gerne anbieten wollen.

Katharina Zabransky: Ich würde jetzt gerne um die erste Musikzuspielung bitten.

[Musikzuspielung erfolgt]

Katharina Zabransky: Ich möchte wieder Sie, Frau Prucha fragen. Welche Angebote für blinde Menschen gibt es im Technischen Museum in Wien?

Ingrid Prucha: Das ist auch wieder ein Aktionsangebot oder ein Führungsangebot, das ganz speziell mit den jeweiligen Gruppen vorab besprochen wird. Wir bieten auch immer wieder an, die Objekte entsprechend kennen zu lernen, bzw. einzelne Objekte entsprechend zu erfahren, das heißt auch zu ertasten. Da bietet sich natürlich ganz besonders die Musikabteilung an, über unterschiedliche Hörerlebnisse die Objekte ganz besonders bei den Vorführungen kennen zu lernen.

Katharina Zabransky: Herr Schmid, kennen Sie das Technische Museum und die Führungen, die es dort gibt?

Erich Schmid: Ja, ich kenne das Technische Museum sehr gut. Ich war ja selber Schüler am Blindeninstitut in Wien und schon damals in der Hauptschule sind wir ins Technische Museum gegangen. Ich muss sagen, nach dem Umbau war ich noch nicht da, aber ich habe schon einiges gehört und unsere Lehrerinnen und Lehrer nützen natürlich auch immer wieder die Möglichkeit zu Führungen durch das Technische Museum, je nachdem, was der Lehrplan verlangt.

Katharina Zabransky: Und aus Ihrer Erfahrung als blinder Mensch, was brauchen Sie, was wollen Sie in einer Ausstellung?

Erich Schmid: Wenn ich in einer Gruppe komme, nehmen wir an, ich bin Schüler, dann habe ich die Möglichkeit, dass ich mit meinen Lehrern dort hin gebracht werde und, dass ich Begleitung habe. Würde ich aber in einer Kleingruppe alleine kommen, die ich mir selber organisiere, dann wäre es natürlich gut oder ist es fast unumgänglich notwendig, irgendwie schon den Kontakt zu haben vom öffentlichen Verkehrsmittel bis in die Eingangshalle des Museums und auch dort die Möglichkeit zu haben, zu diesen Objekten geführt zu werden. Das ist deshalb wichtig, weil es meistens durch die wechselnden Ausstellungen in den Museen keine Leitsysteme gibt, die man einfach verfolgen kann und dann von Objekt zu Objekt gehen könnte.

Katharina Zabransky: Kennen Sie in Wien Angebote von Museen, wo blinde Personen auch von der Straßenbahn abgeholt werden?

Erich Schmid: Ja, das gibt es schon z.B. beim Belvedere, auch beim Völkerkundemuseum hatten wir das jetzt am Tag der Fremdenführer. Es bemühen sich also schon einige Museen hier etwas zu tun.

Katharina Zabransky: Auf das Belvedere werden wir nachher noch zu sprechen kommen. Ich wollte noch Frau Prucha am Telefon fragen: wie kamen Sie persönlich zur Thematik Sinnesbehinderung und Kunstvermittlung?

Ingrid Prucha: Es gab mehrere Zugänge. Der bauliche Zusammenhang war bei uns einer der wesentlichen Anreize, sich damit zu beschäftigen. Unser Haus wurde generalsaniert und dabei auch möglichst barrierefrei zugänglich gemacht. Das geschah  durch verschiedenste Maßnahmen wie Rampen, die das Haus und die Eingänge zugänglich machen, aber auch die Lifte, die z.B. in jedem Stock ein akustisches Signal bieten und einen Handlauf. Außerdem brachten wir auch die Brailleschrift im Lift an, die ermöglicht zu sehen, in welcher Ebene man sich befindet etc… Also es sind einige dieser Dinge, die es bei uns im Haus gibt und dann auch die Überlegung, wie kann ich den Menschen das Haus zugänglich aber auch attraktiv machen, wenn wir jetzt auch diese baulichen Maßnahmen haben. Das war für mich eigentlich der ganz wesentliche Anreiz, mich damit zu beschäftigen. So hat sich dann die Frage und das Leitmotiv entwickelt: “ TMW, also Technisches Museum Wien, o.k. für alle Menschen.“ Das war dann auch die Entwicklung bis zum Jahr der Behinderten, wo das sogar auch mit einem Preis gewürdigt wurde. In weiterer Folge kam die Entwicklung von unterschiedlichen Aktionen, wo es aber immer darum geht, nicht was Neues und was Spezielles zu entwickeln, sondern immer nur schon vorhandene Dinge so weit anzupassen, dass sie eben für alle Menschen begreifbar  und auch erlebbar sind, nämlich unsere Angebote und auch das Technische Museum und seine Objekte für alle Menschen zugänglich zu machen.

Katharina Zabransky: Jetzt möchte ich gerne zum Belvedere Wien kommen. Ich nehme an, da sind ja die Bedingungen schon einmal ein bisschen anders, weil im Technischen Museum auch technische Dinge sind und im Belvedere Kunstgegenstände. Wie hat es da angefangen mit der barrierefreien Kunstentwicklung, zuerst für Gehörlose?

Brigitte Hauptner: Ich bin seit 1996 im Belvedere als Kunstvermittlerin und es ist mir im Zuge meiner Tätigkeit immer mehr bewusst geworden, dass es einfach notwendig ist für Menschen mit Behinderungen, ebenfalls einen barrierefreien Zugang zu unseren Kunstwerken zu schaffen. Im Zuge dessen ist uns, mir und meiner Kollegin, der Verein MAIN (Medienarbeit integrativ) untergekommen mit einem sehr interessanten Angebot, einem Lehrgang für barrierefreie Medienarbeit und Publikumsarbeit. Wir haben diesen Lehrgang gemacht und seither sind wir wirklich Feuer und Flamme und versuchen wirklich, alles das, was wir da gelernt haben in der Theorie in die Praxis umzusetzen. Das hat begonnen mit Informationen auf unserer Webseite, genaue Informationen, wie breit die Türen sind, ob es Abschrägungen gibt, ob das Gefälle auch diesen 6 % entspricht, ob es barrierefreie Toiletten gibt und alle diese Angaben, die ein Mensch mit einer Behinderung einfach benötigt, um wirklich alleine ins Museum kommen zu können.

Katharina Zabransky: Eine kurze Zwischenfrage: Sie sprechen jetzt fürs Obere und Untere Belvedere?

Brigitte Hauptner: Ich spreche fürs Obere und Untere Belvedere, wobei das Untere Belvedere durch die letzten Umbauten im vorigen Jahr, jetzt noch barrierefreier als das Obere Belvedere geworden ist. Also da ist wirklich alles vollkommen barrierefrei zugänglich, die Toilettenanlagen, die Garderobe, das Caféhaus mit einer ganz kleinen Einschränkung. Allerdings wird immer wieder weitergebaut. Es gibt jetzt auch wieder einen neuen Durchgang in die so genannte Orangerie, der natürlich barrierefrei ist. Das ist eine zusätzliche Ausstellungsfläche, die bisher auch nur über Stufen erreichbar war, aber das wird jetzt auch gemacht. Also man hört nicht auf damit und sagt, jetzt sind wir barrierefrei und jetzt wird nichts mehr gemacht, sondern es geht weiter, es ist ein Prozess.

Katharina Zabransky: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Herrn Roiss? Wieso wurde er ausgewählt?

Brigitte Hauptner: Er hat sich mehr oder weniger von selber angeboten. Das Ganze war eigentlich mehr ein Zufall. Wir hatten schon einmal das Angebot, dass wir eben für gehörlose Menschen Führungen zur Verfügung stellen mit einer Mitarbeiterin von uns, die zwar nicht gehörlos war, aber Gebärdensprache, also ÖGS konnte. Sie ist dann leider aus Wien weggegangen. Deswegen haben wir dieses Angebot wieder abbrechen müssen. Dann haben wir über „ÖGS barrierefrei“ Günter Roiss kennen gelernt. Er hat dann irgendwann im Gespräch gesagt, er hat auch einmal im BA-CA Kunstforum geführt und wir haben uns dann sofort gedacht:“ Den müssen wir haben und ob er nicht auch für uns führen möchte.“

Inzwischen sind wir sehr froh, weil wir jetzt auch draufgekommen sind, er spricht nicht nur ÖGS, also österreichische Gebärdensprache, er spricht auch internationale Gebärdensprache und amerikanische Gebärdensprache. Das hat natürlich auch den Vorteil, dass er ein größeres Publikum damit ansprechen kann und wir wieder direkt Führungen in Gebärdensprache anbieten können, ohne den Umweg über einen Gebärdensprachdolmetscher, wodurch einfach mehr Kommunikation entstehen kann.

Katharina Zabransky: Gibt es im Belvedere auch das Angebot mit dem iPod-Touch, oder Ähnliches?

Brigitte Hauptner: Das gibt es noch nicht, aber das ist unser nächstes Projekt. Ab Oktober oder ab Herbst dieses Jahres wird es das geben. Wir sind da auch in Zusammenarbeit mit unserer Firma, die diese Multimedia-Guides anbietet und auch mit dem österreichischen Gehörlosenverband, um da wirklich ein möglichst gutes, für alle verständliches und anwendbares Produkt herzustellen. Wir wollen damit im Oberen Belvedere wirklich einen Überblick über 500 Jahre österreichische Kunstgeschichte schaffen, indem wir die Höhepunkte, die bekanntesten, die wichtigsten Kunstwerke aus allen Sammlungen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert mit diesen Gebärdensprachvideos beschreiben.

Katharina Zabransky: Herr Roiss, wie geht es Ihnen in Ihrer Situation jetzt damit, wo Sie die Gelegenheit haben als selbst gehörloser Mensch, diese Kunstwerke aus 400 Jahren österreichische Kunstgeschichte vorzustellen und zu präsentieren? Sind Sie mit den Bedingungen zufrieden?

Günter Roiss: Ja, ich bin sehr zufrieden. Ich finde es einfach toll, wenn Gehörlose selbst Führungen machen können und die Gehörlosen sich damit auch identifizieren können. Das heißt es gibt einen gehörlosen Führer und das ist auch eine wichtige Sache wegen des Respekts. Ein Problem ist die Informationsweitergabe für Gehörlose. Wichtig ist, dass man das mit einem Symbol auf dem Plakat bekannt gibt, dass es Gebärdensprache gibt. Das bedeutet, dass ein gehörloser Führer dort ist. Dann kann ein Gehörloser ganz selbstverständlich hinkommen und weiß, dass er einen Führer in Gebärdensprache hat und er muss sich nicht fragen bzw. er muss nicht versuchen, die Information zu besorgen, sondern auf dem Plakat ist das einfach als Symbol sichtbar.

Katharina Zabransky: Wie viele Arbeitsstunden werden Sie im Museum verbringen, bzw. wie lange vorher muss man sich da anmelden, für eine Gebärdensprachführung?

Günter Roiss: Ja, das ist eine Sache.. Im Belvedere habe ich bis jetzt noch keine Führung gemacht, aber wenn sich eine Person anmelden will, dann muss man das- je nachdem, mit dem Zeitplan den ich habe hängt das zusammen, - auch sehr kurzfristig machen, also binnen eines Tages oder vielleicht auch am selben Tag. Das kommt darauf an.

Katharina Zabransky: Danke. Und ich möchte jetzt auch Herrn Schmid fragen: wie funktioniert Kunstvermittlung für blinde Menschen überhaupt, wenn es um Kunstwerke, also ich denke an Schiele, Klimt, Kokoschka und andere Malereien geht? Wie kann man da Kunst vermittelt bekommen, wenn man sie eben nicht sieht? Ich meine Bilder und Malereien.

Erich Schmid: Man braucht in jedem Fall einen Kunstvermittler an der Seite, also jemanden, der dieses Bild beschreibt. Bildbeschreibung für Blinde ist sicher eine Kunst. Man darf nicht zu viel vom Eigenen hinein interpretieren und sollte natürlich dem Künstler gerecht werden. Diese Bildbeschreibungen haben schon lange Tradition, auch in der Literatur, aber gerade so life, sozusagen vor einem Bild zu stehen, das bedeutet auch für einen Blinden etwas.  Es ist ein Unterschied, ob ich zu Hause sitzen würde und mir vielleicht den Audio-Guide anhöre, oder eine Beschreibung aus einem Buch durchlese, oder wenn ich nun wirklich in so einer Ausstellung vor diesem Bild stehe und höre, was dem Führer/der Führerin im Moment so einfällt oder nicht nur einfällt, aber was vorbereitet ist zu diesem Bild.

Natürlich kann, wenn viel Sorgfalt darauf verwendet wird, so eine Beschreibung durch Materialien ergänzt werden. Wenn z.B. auf diesem Bild besondere Materialien zu sehen sind, eine besondere Seide oder vielleicht andere Stoffe und diese Dinge lassen sich auftreiben und man kann sie dann vor Ort angreifen, dann bringt das natürlich noch näher zu dem Inhalt des Bildes.

Oder man hat ein altes Möbelstück, in das man sich vielleicht setzen kann oder eine besonders geformte Kopfbedeckung, die man angreifen kann. Es gibt also schon zusätzliche Möglichkeiten, sich dem Inhalt des Bildes zu nähern, aber es ist ganz klar, das Wichtigste ist die Beschreibung. Da ist das Wichtige, wirklich genau zu sein, nicht nur irgendwie zu beschreiben, was da zu sehen ist, sondern möglichst genau zu beschreiben, welche Handlungen sind hier zu vermuten, was hat sich vielleicht vorher abgespielt, was deutet der Maler an, dass sich in Zukunft abspielen könnte. Wenn ich nur noch schnell vom Gemälde zur Skulptur übergehen darf. Die sind ja für uns doch leichter zu erfassen. Damit diese wertvollen Gegenstände nicht beschädigt werden, gibt es in vielen Museen schon seit einiger Zeit Stoffhandschuhe aus einem ganz dünnen Stoff oder auch Latex-Handschuhe, die ich nicht so gern mag, weil sie irgendwie den Tasteindruck verfälschen. Aber diese Handschuhe aus dünnem Stoff, mit denen kann man dann doch immer wieder auch Skulpturen angreifen.

Katharina Zabransky: Ich würde gern anschließend noch einmal Herrn Roiss fragen: was ist für Sie am Wichtigsten, dass Sie sich von den Gebärdensprachführern wünschen z.B., wenn Sie als Besucher ins Museum kommen?

Günter Roiss: Ich habe da im Kunstforum schon selber Erfahrung als Führer und habe daher auch Erfahrung, wie das Publikum darauf reagiert. Das Wichtige ist die Entwicklung des Malers, z.B. Egon Schiele. Wie hat er gelebt? Warum hat er das gemalt? Also die Lebensgeschichte ist für Gehörlose sehr wichtig, die Mimik, der Charakter und so. Die Gehörlosen sind da viel visueller, sie haben eine andere Form, wie sie das Bild wahrnehmen und daher interessieren sie auch andere Dinge. Kunstgeschichte, Jugendstil, das ist schon interessant, aber mehr interessant ist der Künstler als Person und sein Leben in der Gemeinschaft. Sie wollen einfach etwas über die Personen wissen, die Biografie. Da gibt es wenig Information in der Gehörlosenwelt über diese Lebensgeschichten der Künstler und das saugen sie auf wie Schwämme. Z.B. bei Egon Schiele. Es gibt eine Gebärde, aber sehr viele wissen (nicht), dass es dafür einen Gebärdennamen gibt, weil man das nicht weiß in der Gehörlosengemeinschaft, weil das kein Thema ist. Dann wird eben die Gebärde gezeigt und zwar ist das die Gebärde, dass man die Hand an die linke Schulter legt, wenn man Rechtshänder ist oder umgekehrt, und das ist an sich eine Gebärde für Narzissmus. Das Symbol seiner Unterschrift ist so, dass man den mittleren Finger und den Ringfinger auseinander drückt, das heißt Sie haben die zwei Finger jeweils zusammen und in der Mitte ein Loch und das legen Sie dann auf die Schulter. Das erinnert sozusagen an seine Art der Unterschrift. Das heißt, wenn man das den Gehörlosen mit erzählt, dann gibt es einen anderen Eindruck und einen besseren Zugang zum Künstler.

Katharina Zabransky: Da wir jetzt schon ziemlich am Ende der Sendung sind, möchte ich noch Frau Prucha am Telefon fragen: was wünschen Sie sich für Ihre zukünftige Arbeit am Meisten oder was brauchen Sie?

Ingrid Prucha: Es wäre sicher wichtig, dass in Zukunft immer Ressourcen vorhanden wären, um auch alle Vorhaben wirklich gut umzusetzen. Das wäre natürlich der eine Wunsch, dass man das ohne Schwierigkeiten immer bekommen könnte. Das Zweite ist, dass man auch immer durch guten Kontakt mit allen Gruppen in diesem Prozess, der schon angesprochen wurde fortschreiten könnte, sich immer weiter auszutauschen und weiter entwickeln zu können, die Programme zu entwickeln und auch in der Kommunikation einfach besser aufeinander zugehen zu können und für die einzelnen Gruppen die Bedürfnisse auch besser abzustimmen. Denn das ist sicher ein Prozess, in dem man immer nur voneinander lernen kann und in dem  man immer nur auch gut aufeinander zugehen kann um dann auch miteinander den besten Weg entwickeln zu können. Das wäre, wenn Sie mich ganz konkret fragen, ein Wunsch, den man wirklich auch immer nur voneinander lernen kann und wo man eigentlich auch miteinander reden muss, um auch den besten Weg für die jeweils einzelne Gruppe finden zu können.

Katharina Zabransky: Danke, ich danke Ihnen auch noch einmal herzlich für die Teilnahme via Telefon. Und ich frage noch Frau Hauptner: was wäre für Sie ein Wunsch für die Zukunft oder für das Weiterarbeiten? Was brauchen Sie, was möchten Sie?

Brigitte Hauptner: Was wir uns wünschen, das sind einfach viele Besucher. Es sind eigentlich diese neuen Besucher, die wir ansprechen wollen mit unseren Programmen, mit unserer neuen Art der Vermittlung. Es wäre für uns einfach das Schönste, wenn wir da Bestätigung finden würden, dass es einfach der richtige Weg ist, den wir da jetzt eingeschlagen haben.

Katharina Zabransky: Herr Schmid, werden Sie einer von den Besuchern sein?

Erich Schmid: Ja, ich besuche immer wieder das Belvedere mit und ohne Spezialführungen, aber der Kontakt ist relativ eng und so werde ich sicher wieder ein Besucher sein. Was ich mir wünsche ist: noch mehr Informationen, noch genauere Informationen im Internet auch über die Inhalte der einzelnen Ausstellungen, vielleicht auch noch mehr Audio-Guides zum Herunterladen aus dem Internet oder über irgendeinen anderen Verteilungsweg, um sich noch besser vorbereiten zu können. Außerdem wünsche ich mir dieses, sage ich jetzt einmal, abgeholt werden und wieder gebracht werden an einen definierten Punkt, damit diese Führung eine angenehme ist, eben ein Kunstgenuss.

Katharina Zabransky: Ich möchte am Ende dieser Sendung, noch einmal vielen Dank fürs Kommen und fürs Mitmachen sagen. Ich habe mich absichtlich auf gehörlose und blinde Menschen beschränkt , seh- und hörbehinderte Menschen kommen deshalb nicht vor. Auf Wiederhören bei Freakradio.


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