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.Heiße Eisen der Accessibility
Moderator: Ich möchte die Frage an Tomas Caspers gleich zuspitzen: Behandeln wir alle hier nicht eigentlich noch Accessibility 1.0, während rund um uns schon Web 2.0 läuft?
Tomas Caspers: Absolut, ja.
Das ist ein ganz großes Problem, das ich sehe. Deswegen habe ich da auch den Vortrag ganz bewusst ein bisschen überspitzt gestaltet, um darauf noch einmal deutlich hinzuweisen. Ich behaupte ganz einfach einmal rotzfrech: Die täglichen Probleme sind entweder gelöst oder kurz davor, gelöst zu werden - was zumindest den statischen Teil des Webs angeht.
Wir haben stabile Standards, wir haben stabile Richtlinien, die man in der täglichen Arbeit einsetzen kann: Von einem professionellen Webentwickler in einer Agentur, der am Ende des Monats ein Gehalt dafür bekommt, kann ich verlangen, dass er ein sauberes Handwerk abliefert, auf Basis der existierenden Standards.
Ein anderes Problem ist diese neue Welt des Web größer als 1.0, mit der Dynamik, mit den vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten, mit der gegenseitigen Verknüpfung jener Dinge, die es vorher nicht gab. Da tun sich dermaßen viele Baustellen auf! Shadi AbouZahra hat das sehr schön gesagt: Die Menschen mit Behinderungen können ja nicht warten, bis HTML 5 fertig ist. Die brauchen jetzt eine Lösung! Ich bin da guter Dinge. Das Schöne daran ist, dass sehr viele Leute begriffen haben, dass wir keine radikalen Brüche brauchen, sondern auch etwas auf Seiten der Standards, das sich in die existierende Infrastruktur implementieren lässt. Das, finde ich, ist das Spannende an dieser Geschichte mit WAI ARIA, dass sich das, so wie es aussieht, demnächst wirklich auch mit HTML machen lässt, so wie wir es jetzt alle benutzen: Und nicht, wie wir es dann vielleicht einmal in zehn Jahren mit XHTML2 benutzen werden. Dann gibt es gar keine Ausreden mehr, ich denke, auf der technischen Ebene sind dann wirklich alle Probleme gelöst. Und dann müssen wir auf die kognitive Ebene: Da gibt es noch richtig große Baustellen.
Peter Purgathofer: Meine Antwort besteht aus zwei Teilen. Das eine ist: Es gibt, um die Verzweifeltheit des Stands der Dinge noch einmal drastisch zuzuspitzen, ein Firefox-Plug-In zum Lösen von Ebay-Captchas. Es installiert sich ein Plug-In in Ihren Browser, Sie bekommen von Ebay ein Captcha, klicken einen Button in dem Plug-In - und das Ergebnis des Captchas wird eingefügt. Soweit sind wir jetzt, die Plug-Ins von Firefox sind in einer relativ machtlosen (im Gegensatz zu mächtigen) Skriptsprache geschrieben. Dass es mit heutigen Computern möglich ist, ein Captcha mit der Skriptsprache von Firefox-Plug-Ins zu lösen, ist erstaunlich.