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.Hilfe aus der Zukunft
Haben Sie schon einmal versucht, mit Ihrem Computer das Fenster aufzumachen oder das Licht einzuschalten? Nein? Elektronische Umgebungssteuerungen ermöglichen körperlich und/oder geistig behinderten Menschen verschiedenste Geräte zu bedienen. Wir sprechen heute mit selbst betroffenen Experten darüber, was solche technischen Hilfsmittel für den Alltag bedeuten können.
Christoph Dirnbacher: Willkommen bei Freak Radio! Am Mikrofon begrüßt Sie heute Christoph Dirnbacher. Bei mir im Studio in der Argentinierstraße 30a Platz genommen hat zum Einen Herr Martin Mayerhofer. Herr Mayerhofer, Sie arbeiten bei der Firma TSB – Transdanubia und sind dort im Bereich der Produktberatung für blinde und sehbehinderte Menschen tätig. Können Sie unseren Hörern ein bisschen einen Überblick darüber verschaffen, was man so bei Ihnen alles ordern könnte?
Martin Mayerhofer: Also einmal herzliches Hallo an die Hörer von Freak Radio! Unsere Produktpalette beginnt im Prinzip bei optischen Hilfsmitteln, das heißt bei Spezialbrillen wie Lupenbrillen, das heißt eben für Leute, die jetzt eine Sehbehinderung haben, wo sozusagen der normale Optiker überfordert ist sozusagen, gibt es eben noch Möglichkeiten, mittels speziellen Brillen was zu machen. Das geht dann weiter in Richtung elektronische Sehhilfen, das heißt elektronische Lupen. Das heißt da wird einfach mittels einer Kamera sozusagen Schriftstücke vergrößert sozusagen. Das ist eben, wenn die Brille nicht mehr reicht. Und geht dann weiter in den Bereich Sprachausgabe. Das heißt eben, dass zum Beispiel der Computer mir Texte vorliest. Das ist dann eher mein Bereich. Ich bin selbst blind und arbeite eben selber mit Computer mit Sprachausgabe und das ist dann sozusagen das, wo wir aufhören. Das heißt, das fängt bei schlecht sehen an und geht dann wirklich bis zu komplett nichts mehr sehen weiter.
Christoph Dirnbacher: So weit, so klar. Dann würde ich gerne den zweiten Gast der heutigen Sendung, der uns am Telefon zugeschaltet ist, Herrn Daniel Sturmeier, begrüßen. Herr Sturmeier, Sie sind in der Geschäftsführung von Blatus. Könnten Sie uns ein bisschen einen Eindruck vermitteln, was Ihr Unternehmen anbietet? Da gibt es ja, glaube ich, vier verschiedene Bereiche, wenn ich mich auf der Homepage richtig eingelesen habe.
Daniel Sturmeier: Ja, ein herzliches Grüß Gott aus der Außenstelle sozusagen. Blatus versteht sich seit vielen Jahren als Partner im Sachen unterstützter Kommunikation und da im Speziellen umfasst das Produktsortiment Eigenentwicklungen, aber auch diverse Hilfsmittel für die Frühförderung bis hin zum Seniorenmarkt. Im Speziellen haben wir da Software für Kinder entwickelt, das ist eine Eigenentwicklung, wo man mit Pädagogen und Kommunikationstechnikern und Ingenieuren zusammengearbeitet haben, die eben für die Frühförderung ist. Im Speziellen kann man entwicklungsverzögerte Kinder oder lernbehinderte Kinder oder Kinder mit Wahrnehmungsstörungen damit sozusagen therapieren und es erleichtern, schulisch eingebunden zu werden. Weitere Geräte, auch wie jetzt das Thema der Sendung schon ist, wir haben auch Geräte, mit denen man dann richtig kommunizieren kann, wenn man nicht mehr sprechen kann. Das geht dann wirklich bis dahin, dass ich wirklich den Lichtschalter über dieses Gerät einschalten kann oder dass ich eine Tür über dieses Gerät öffnen und schließen kann. Das nennt sich eben dann Umfeldsteuerung, wo man bis hin zu Fenstern alles öffnen und schließen kann. Und der dritte oder letzte Bereich ist, dass man im Bereich des, sag’ ich jetzt einmal, des behindertengerechten EDV-Arbeitsplatzes, dass wir da vom ergonomischen Tisch bis zu den diversesten Eingabehilfen einmal alles anpassen. Eine spezielle Kompetenz bei uns ist hier die Beratungsleistung, weil man natürlich jeden Fall sich individuell anschauen muss und da dann natürlich auch die geeigneten Hilfsmittel erproben und herausfinden muss, was dann passt für den jeweiligen Menschen.
Christoph Dirnbacher: Wunderbar, so weit eine erste Einführung. Wir machen jetzt ein paar Minuten Musik, bevor wir auf die speziellen Anforderungen des Hilfsmittelmarktes näher eingehen.
[Musikeinspielung]
Christoph Dirnbacher: Willkommen zurück bei einer Live-Diskussion aus dem Radiokulturcafé. Herr Sturmeier, wir haben jetzt gerade eine sehr beschwingte Musik gehört, die mir meine Redaktion da für heute ausgesucht hat. Wie würden Sie denn den österreichischen Hilfsmittelmarkt momentan beschreiben? Ist der ähnlich schwungvoll wie das Musikstück, das wir gerade gehört haben oder geht es da etwas ruhiger zu momentan?
Daniel Sturmeier: Na ja, der Hilfsmittelmarkt an sich ist schon schwungvoll. Zumindest auf Grund der demografischen Wandlung ist es natürlich so, dass auch immer mehr Hilfsmittel gebraucht werden. Das Problem ist allerdings in Österreich sehr oft die Finanzierungssituation und da kann es dann schon passieren, dass ein Betroffener sehr, sehr, sehr lange warten muss, bis dass er ein Gerät, das er brauchen würde, bekommt. Vielleicht wenn ich von einem Fall berichten darf. Ich habe einen Patienten oder einen Betroffenen mit der Krankheit ALS. Der Ist 25 Jahre alt. Diese Krankheit führt relativ rasch zum Tode. Vereinfacht ausgedrückt ist es so, dass die Nerven die Muskeln nicht mehr ansteuern und das ist auch der jüngste Patient, den wir so betreuen. Da ist es dann schon sehr mühsam für das Umfeld, dass sie zu einem geeigneten Hilfsmittel kommen. Zumal die Zeit einfach da einfach gegen diese Krankheit spricht und manches Mal ist es einfach so, dass nicht so schnell gehandelt werden kann seitens der Kassen und seitens der ganzen Kostenträger, wie die Betroffenen diese Hilfsmittel benötigen würden.
Christoph Dirnbacher: Herr Mayerhofer, Sie sind zwar nicht in der Geschäftsführung, aber können Sie das, was Herr Sturmeier gerade gesagt hat, aus Ihrer Beratungserfahrung heraus bestätigen, dass das eher lange dauert, bis man zu dem kommt, was man denn tatsächlich braucht oder geht das bei Ihnen relativ rasch?
Martin Mayerhofer: Das ist unberechenbar. Also das heißt, es kommt zum Einen einmal sehr stark darauf an, wo jemand ansucht bzw. in welcher Situation derjenige ist. Das heißt es ist ein Unterschied, ob ich für eine Berufsausstattung ansuche oder zum Beispiel für die Ausbildung und da gehen dann dementsprechend die Wartezeiten sehr stark auseinander. Das Problem ist zum Beispiel eben in der schulischen Ausbildung gibt es keine gesetzliche Grundlage sozusagen, dass man Anspruch hat auf ein Hilfsmittel. Das ist quasi immer so eine Art „good will“-Aktion von jemandem, der dann doch was zahlt für den armen Schüler. Also das heißt, da ist das eher so ein Graubereich. Berufsförderung geht halbwegs. Also da klappt das zum Glück recht gut, also muss ja auch, weil sozusagen, wenn jetzt die Hilfsmittel einfach nicht zur Verfügung stehen, wenn jetzt ein Behinderter eben einen Beruf beginnt, dann wäre das einfach eine Katastrophe, weil sich keine Firma dann erlauben könnte, quasi einen Behinderten anzustellen. Am Schwierigsten wird es halt dann wirklich im Privatbereich. Also das heißt, dass man sich dann wirklich für den privaten Bereich, um sozusagen den Alltag bewältigen zu können, da wird es halt dann wirklich schwierig.
Christoph Dirnbacher: Das heißt, sehr vereinfacht jetzt ausgedrückt, nichts anderes als, das Sprachausgabeprogramm für das Büro ist problemlos finanzierbar, brauche ich dasselbe aber zu Hause, bekomme ich unter Umständen ein Problem. Kann man das so verknappt zusammenfassen?
Martin Mayerhofer: So kann man das im Prinzip knapp zusammenfassen, ja.
Christoph Dirnbacher: Herr Sturmeier, wir beide haben im Vorgespräch ein wenig geplaudert und Sie haben gemeint, in Deutschland ist man uns hier einen Schritt voraus auch deshalb, weil es zum Beispiel so etwas gibt wie ein Recht auf Kommunikation. Könnten Sie diese Aussage unseren Zuhörern noch ein Stück weit auseinandersetzen?
Daniel Sturmeier: Ja gerne. Wir sind mit Kommunikationshilfen auch am deutschen Markt unterwegs und dort ist es einfach so, dass es ein Grundrecht auf Kommunikation gibt. Das gibt es aber in Österreich auch. Allerdings ist es in Deutschland so, dass daraus abgeleitet die Krankenkassen für diese Geräte dann aufkommen und das Aufkommen ist meist zu 100 %. Also das heißt, das ist eine deutliche Verbesserung, wenn nicht einen 100%igen Unterschied zu Österreich. In Österreich ist es einfach so, dass die Krankenkassen, wenn man so will, eben eine „good will“-Aktion machen, wie es der Vorredner gesagt hat und das ergibt dann einen unterschiedlichen Wert an der Beteiligung, aber im Normalfall ist dieser Wert nicht recht viel höher als 5-7 % des Gesamtkaufpreises, was es dann für den Betroffenen natürlich wieder sehr, sehr schwer macht, dass er das dann doch irgendwie noch finanziert bekommt.
Christoph Dirnbacher: Moment, da muss ich einmal kurz meine Ohren spitzen. Sie sagen 5-7 % des Gesamtpreises, das von der Kasse finanziert wird, habe ich das richtig verstanden?
Daniel Sturmeier: Ja, das ist korrekt.
Christoph Dirnbacher: In Österreich. Das heißt der Rest, der ja in machen Situationen ein nicht unerklägliches Sümmchen ausmacht, bleibt dann dem Betroffenen selber, ich nenne es jetzt einfach mal zu finanzieren.
Daniel Sturmeier: Das kann man so sagen. Der Betroffene hat dann natürlich weitere Möglichkeiten, wo er sich hinwenden kann, aber im Wesentlichen ist es einfach so, dass das sehr, sehr schwierig ist, immer für den Betroffenen dann solche Geräte einfach finanziert zu bekommen. Und es ist halt sehr oft mit einem sehr mühsamen Lauf durch die diversen Ämter verbunden, bis das man dann auf einem nur mehr geringen Anteil an Selbstbeteiligung bleibt.
Christoph Dirnbacher: Das heißt nichts anderes als, dass die Finanzierung unter Umständen schwieriger ist als die Beschaffung dessen, was es eigentlich bedarf. Ist das korrekt?
Daniel Sturmeier: Das kann man so kurz und knapp wieder zusammenfassen.
Christoph Dirnbacher: So weit, so klar. Was mir jetzt noch ein Anliegen ist, was ich gerne nach der Musikpause mit Ihnen ein Stück weit diskutieren würde, ist die Frage, was uns die Zukunft bringt, in welche Richtung sich der Hilfsmittelmarkt künftig entwickeln wird und worauf wir uns in den nächsten 5-10 Jahren freuen dürfen. Davor noch ein wenig Musik.
[Musikeinspielung]
Christoph Dirnbacher: Willkommen zurück zu einer Live-Diskussion aus dem Radiokulturcafé hier in der Argentinierstraße. Wir diskutieren heute über die Hilfsmittel der Zukunft. Herr Sturmeier, bevor wir in diese Diskussion näher einsteigen, ist mir in der Pause noch eine Thematik durch den Kopf geschossen, die ich Sie beide gerne fragen würde. Wie groß schätzen Sie den österreichischen Hilfsmittelmarkt denn ein von den Firmen, die sich dort bewegen? Weil mir ist aufgefallen, im Vorgespräch haben wir geplaudert ein bisschen so, wer denn in Frage käme. Und ich habe nur ein paar Anfangsbuchstaben genannt und Sie haben sofort gewusst, um welche Namen es gehen könnte. Ist die Szene so gut vernetzt oder ist sie einfach so überschaubar groß, dass man einander kennt.
Daniel Sturmeier: Wenn ich vielleicht beginnen darf, ist es so, dass man die Szene oder die Hilfsmittelanbieter in Österreich so gut kennt. Die Vernetzung durch das Internet bringt es natürlich mit sich, dass man auch dort sich findet. Allerdings ist einfach der österreichische Markt, insbesondere was eben diese Finanzierungsthemen, die wir da schon angesprochen haben, das macht es natürlich den Anbietern sehr, sehr schwer und es ist einfach ein mühsamer Apparat, den man da aufbauen muss, damit man da überhaupt erfolgreich am Markt existieren kann. Ich glaube einfach, deswegen ist dieser Markt doch sehr, sehr klein und überschaubar.
Christoph Dirnbacher: Herr Mayerhofer, was können Sie uns so dazu sagen aus Ihrer Erfahrung heraus.
Martin Mayerhofer: Also ich kenne das jetzt selber auch eher so, dass das ein eher kleiner, überschaubarer, also eine kleine überschaubare Familie sozusagen fast ist. Ich persönlich habe jetzt eher einen Überblick über den Blinden- und Sehbehindertenbereich. Das ist jetzt, wie gesagt doch ein eher kleiner Bereich mit drei bis vier Firmen so in Österreich, die sich in diesem Bereich spezialisiert haben. Die Nachfrage für die Zukunft wird aber in dem Bereich speziell schon in die Höhe gehen, einfach auf Grund der demografischen Entwicklung, dass einfach die Leute immer älter werden. Man wird immer mehr mit Dingen wie altersbedingter Makula-Degeneration und dergleichen zu tun haben. Das heißt das Potenzial des Marktes sozusagen für die Zukunft wäre da, wenn es auch nicht besonders schön ist, aber sozusagen insofern doch schön, dass man Möglichkeiten zur Hilfe anbieten kann. Von dem her denke ich, wird sich noch einiges tun, weil auf Grund der Hilfsmittel ja auch sozusagen die Möglichkeiten für die Szene sozusagen immer größer wird, auch was berufliche Felder betrifft. Einfach durch Hilfsmittel sind einfach mehr Sachen machbar als früher.
Christoph Dirnbacher: Können Sie das, was Ihr Vorredner soeben gesagt hat, unterschreiben, was die Zukunftschancen angeht oder sind Sie da anderer Auffassung?
Martin Meyerhofer: Also ich glaube schon, dass es eben zwar schwierig werden oder schwierig bleiben wird, Sachen bewilligt zu bekommen, aber ich denke auch, dass es auch mehr Chancen gibt, weil man wie gesagt auch mehr Möglichkeiten aufzeigen kann. Eben es wird dann sicher mehr über den Beruf auch laufen, einfach dass, wenn neue Berufsfelder aufgehen auf Grund der Zugangsmöglichkeiten sozusagen, dann wird das auch gutiert werden. Ich denke, dann wird es auch die Geldgeber dafür geben. Es ist wahrscheinlich eher nur die Frage, wie viel Aufwand ist es, den Geldgebern hinterherzulaufen, um sozusagen zu seinem Geld zu kommen? Das ist eigentlich das Problem, dass es ebene ein ständiges Laufen ist. Es ist quasi kein Automatismus dahinter. Ich muss quasi dafür kämpfen, dass ich zu etwas komme. Da hoffe ich, dass das noch besser wird, einfach dass es sozusagen „was ganz Normales ist“, dass jeder Behinderte eine adäquate Ausstattung hat.
Christoph Dirnbacher: Das ist ein nachvollziehbares Anliegen, würde ich meinen. Ich würde allerdings jetzt gern ein bisschen auf die Zukunft noch zu sprechen kommen. Sie haben vorhin schon das Wort in den Mund genommen. Was glauben denn Sie, werden zukünftige Hilfsmittel alles können und wie werden sie ausschauen im Blinden- und Sehbehindertenbereich.
Martin Mayerhofer: Ja, ich denke, das wird so in etwa ablaufen wie am normalen Markt sozusagen, kleiner und leistungsfähiger. Das heißt einfach, es wird immer mehr in Richtung gehen, Flexibilität, Mobilität. Das sieht man jetzt so an den letzten Entwicklungen, dass es immer mehr kleine elektronische Lupen gibt und ich glaube, dieser Trend wird auch weiter anhalten, einfach weil die Leute immer mehr herumjetten und dadurch auch dementsprechende Geräte brauchen, die kleiner sind, natürlich leistungsfähiger im Sinne, dass die Medien sozusagen von Vergrößerung und Sprache zusammenwachsen werden. Also zum Beispiel haben wir erst vorige Woche eine Weltneuheit präsentieren können: das erste Bildschirmvorlesegerät, wo quasi erstmals kombiniert wird, Texte vergrößert darzustellen, aber ich kann jederzeit auch sagen, den Text, den er mir vergrößert darstellt, den soll er mir jetzt vorlesen. Das wäre jetzt eben speziell für Leute, die nicht lange lesen können, ohne dass sie ermüden, eben eine gute Möglichkeit, um schnell umzuschalten, dass nachher das Gerät sozusagen für mich das liest. In diese Richtung wird es einfach immer mehr gehen, dass sozusagen mir das Gerät dort, wo es notwendig ist, mir Arbeit abnimmt und dass es sich sozusagen in meinen Alltag integriert. Sei es eben, dass es klein genug ist, dass ich es immer und überall dabei haben kann bzw. eben dass ich eben auch etwas damit anfangen kann.
Christoph Dirnbacher: Ja, Herr Sturmeier, worauf, glauben Sie, können wir uns in den nächsten Jahren freuen? Wie schaut da Ihre Einschätzung aus?
Daniel Sturmeier: Ja, ich sehe das auch so ähnlich wie mein Vorredner. Also kleiner und leistungsfähiger wird auch für unsere Gerätschaften, die wir als Hilfsmittel anbieten, der Fall sein, dass sich das umsetzen bzw. dieser Trend einstellen wird. Kleiner nicht immer unbedingt, weil natürlich auch die Größe von Geräten wichtig ist, wenn man einfach diverse Behinderungen hat, wo man irgendwas Großes braucht. Aber was schon kommen wird ist, dass einfach Krankheiten, für die man momentan noch gar keine oder sehr, sehr wenige Hilfsmittel hat, dass man für die auch entwickelt und da ist man momentan unter anderem dabei, dass man über die Gedanken dann auch wirklich einmal die Steuerung von diversen Gerätschaften hinbekommt. Da ist man im Endeffekt in den Anfängen, aber es geht in diese Richtung und so wird da eine ganze Menge an Neuheiten sicher noch auf uns warten.
Christoph Dirnbacher: Das heißt dann, glaub ich, so schön Brain Computer Interface, wenn ich mich nicht verlesen habe. Stimmt das?
Daniel Sturmeier: Korrekt.
Christoph Dirnbacher: Und, ich glaube, eine, wenn auch nicht ganz so faszinierende, aber doch sehr innovative Technik, die Augensteuerung. Die ist ja mittlerweile schon längst entwickelt und perfektioniert. Wie darf man sich das als Laie, der solch ein Gerät noch nie gesehen hat in Natura, vorstellen.
Daniel Sturmeier: Na ja, grundsätzlich kann man sich das ganz einfach vorstellen. Man hat einmal einen PC mit einem Monitor. Das ist meistens dann eben schon ein Gerät und unten ist da die Augensteuerung drin, was so viel heißt wie, dort sind Kameras drin und dort sind Sensoren drinnen. Das Einzige, das am Kopfe reflektiert sind die Augen. Deswegen ist es manches Mal schwieriger, wenn man einen Brillenträger hat, insbesondere, wenn der dann vielleicht auch noch eine Gleitsichtbrille hat, weil ich dann natürlich Verspiegelungen drinnen habe. Und die Funktionsweise des Gerätes ist so, dass ich den PC als solches über die Augen bediene. Das heißt, ich steuere über den Blick, dort wo ich hinschaue, steuere ich die Maus. Den Mauszeiger kann ich von links oben nach rechts unten bewegen, indem ich vereinfach gesagt von links nach rechts unten einfach schaue und der Mauszeiger, der folgt. Damit man jetzt auch eben eine Auswahl treffen kann, weil jeder ist es ja von uns gewöhnt, dass wenn ich was am Computer auswählen möchte, macht man das ja häufig mit der Maus, wo ich dann die linke Maustaste drücke und das realisiert man entweder, indem man ein Zeitintervall einstellt. Ich muss so lange auf einem Punkt draufstehen, also fünf Millisekunden oder irgend eine Zeiteinheit je Patient oder je Betroffener und dann ist das sozusagen der linke Mausklick. Das kann man auch so auswählen, dass man das über den Lidschlag auswählt. Das heißt, ich muss dann einmal zwinkern und dann habe ich die linke Maustaste und so steuere ich dann den gesamten PC. Das heißt auf dem PC, auf dem Display, auf einem Touch-Monitor habe ich eine Tastatur angezeigt und kann somit auch im Internet surfen, kann somit in Word oder in einem Schreibprogramm Briefe schreiben, diese ausdrucken, sofern ich einen Drucker angeschlossen habe und kann damit natürlich auch das Licht ein- und ausschalten über Infrarot oder kann damit den Fernseher ein- und ausschalten über die Infrarot-Signale.
Christoph Dirnbacher: Herr Mayerhofer, wie schauen denn Ihre Cyborg-Versionen oder wie schauen denn Ihre Cyborg-Visionen, muss man sagen, aus? Gibt es da im Blinden- und Sehbehindertenbereich ähnliche Tendenzen oder greift man da immer noch auf konventionellere Techniken zurück?
Martin Mayerhofer: Also so was Eingabe betrifft schon eher noch die gute, alte Tastatur. Also so mit Augensteuerung hätte ich es wahrscheinlich auch nicht so leicht, da würde der Computer ziemlich verwirrt zurückschauen. So persönlich glaube ich eben, dass das geht wieder so in die Richtung immer kleiner und leistungsfähiger. Ich glaube, dass immer mehr Sachen am Handy möglich werden. Also es gehen jetzt schon sehr viele Sachen am Handy, was halt praktisch ist, weil man es immer dabei hat. Zum Beispiel lese ich jetzt mittlerweile meine Zeitung am Handy. Also das kann man einfach unterwegs in der U-Bahn machen. Also so wie der Eine sich seine Zeitung in der Trafik holt, kann ich das jetzt am Handy machen, derzeit eben nur so, dass ich quasi angewiesen darauf bin, dass die Artikel online gestellt werden von den Zeitungen. Da hoffe ich schon stark, dass es in Zukunft dann möglich sein wird, einfach allgemein auf so Medien wie Zeitungen usw. online zugreifen zu können. Also das ist jetzt gar nicht so ein spezieller Wunsch in die Hilfsmittel-Branche, sondern eher ein allgemeiner Wunsch, dass einfach Informationen in einem freieren Format quasi verfügbar sind, weil sobald etwas digital vorhanden ist sozusagen, kann das dann jeder so verwenden wie er will. Das heißt ein Sehbehinderter kann sich das vergrößert ausdrucken oder vergrößert am Bildschirm anzeigen lassen, ein Blinder kann es sich in Blindenschrift ausdrucken lassen, sich mit der Sprachausgabe vorlesen lassen oder eben am Computer selber mittels einer Braillezeile lesen. Also das heißt, da wären dann sozusagen alle Wege offen. Aber solche Wünsche hätte ich schon. Also zum Beispiel ein Bereich, wo ich mir denke, da könnte noch mehr gehen wäre so der Navigationsbereich so im GPS-Bereich usw., dass die Kartenmaterialien noch ein bisschen fußgängergerechter werden sozusagen, dass also sozusagen GPS-Navigationssysteme für Blinde noch besser nutzbar werden. Da gibt es zwar schon erste Ansätze, aber man merkt einfach teilweise, dass so GPS-Karten eher für Sehende gemacht sind. Da macht es nichts, wenn die Hausnummer ein paar Meter weiter vorne oder hinten eingezeichnet ist, der findet das dann schon. Und eher solche Sachen, dass sozusagen „normale“ Informationen und Möglichkeiten aufgehen und so auch uns zur Verfügung stellen.
Christoph Dirnbacher: Also Sie wünschen sich weniger neue Technik, sondern eher mehr Benutzerfreundlichkeit, wenn ich Sie …
Martin Mayerhofer: …mehr Offenheit, mehr Barrierefreiheit, wenn man jetzt so die Schlagwörter verwenden will. Das ist eigentlich das, zumindest was im Blinden- und Sehbehindertenbereich, sag’ ich einmal, das was sozusagen mittlerweile wahrscheinlich der „bottle neck“ ist. Ich sage jetzt einmal so, am Computer so die Programme, die sprechen, die lesen an und für sich alles vor, wenn es nicht ganz unintelligent programmiert oder gelöst ist, funktioniert das. Das heißt, mittlerweile ist es eigentlich eher die Geschichte, dass sozusagen ich sage jetzt einmal Dinge, ist ja egal, ob das Informationen oder Programme sind, sozusagen zugänglich angeboten werden müssen. Dann funktioniert das in der Regel schon. Es scheitert dann eigentlich nur mehr daran, wenn eben Informationen oder Technologien einfach am Standard vorbei oder halt irgendwie optisch witzig gemacht worden sind oder sonst dergleichen. Aber so, wenn etwas vernünftig gemacht worden ist, jetzt von Wegen Zugänglichkeit usw. hat man eigentlich mit den Technologien, die uns heute zur Verfügung stehen eigentlich keine Probleme mehr. Von dem her wünsche ich mir da mehr Offenheit.
Christoph Dirnbacher: Ja, ganz ohne Augensteuerung hat mir Rainer Kaiser von der Technik signalisiert, dass unsere Sendezeit eigentlich schon fast vorüber ist. Ich sag’ danke meinen heutigen Gästen und verabschiede mich bis zum nächsten Mal.
Auf Wiederhören sagt Christoph Dirnbacher!