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HIV und Menschenrechte - Eine Rückschau auf die AIDS-Konferenz in Wien (18. - 23. Juli 2010)
»Rights Here, Right Now!« war ein Motto der AIDS-Konferenz in Wien, an der 19.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt teilgenommen hatten. Diese Konferenz wurde durch den Life-Ball eingeläutet und am 23. Juli mit der »Wiener Erklärung« beendet.
Prominente wie Bill Clinton, Annie Lennox, Whoopi Goldberg, Bill Gates und Vertreter von Betroffenen und Engagierten, etwa aus Afrika und Osteuropa, gaben in Wien ein internationales engagiertes Auftreten für eine noch immer verleugnete Thematik.
Zum Abschluss der Konferenz sandten der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu und US-Präsident Barack Obama ein Statement zu den Delegierten nach Wien.
Das Bewusstsein schärfen
AIDS und HIV sind nach wie vor tabuisiert. Dies hat unmittelbare Auswirkungen: Das Bewusstsein in Österreich ist vor allem bei den Jugendlichen wesentlich geringer als noch vor einigen Jahren. In Osteuropa explodieren die Zahlen der Neuinfektionen. In Afrika ist in einigen Regionen eine ganze Generation zwischen Kleinkindern und Älteren ausgefallen. Viele Kinder sind zudem von ihren Müttern infiziert, viele HIV-Positive sind medizinisch unterversorgt. Zudem sind sie meist stigmatisiert und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Die menschlichen, sozialen und auch wirtschaftlichen Folgen sind kaum zu ermessen. Die Konferenz hat auf viele dieser Aspekte auch in Wien mit zahlreichen Aktionen aufmerksam gemacht.
Dabei sind die medizinischen statistischen Daten nur ein Teil des Problems. Die sozialen Folgen von AIDS, die Hilflosigkeit der Staaten darauf zu reagieren, die Angst und Diskriminierung der Mitmenschen, die Hilflosigkeit und Unterversorgung der Erkrankten und der zu Waisen gewordenen Kinder, die Diskriminierung und zum Teil fatale Ausschließung von suchtkranken und aids-kranken Menschen und (noch immer) von homosexuellen Menschen: Dies sind nur einige Facetten von HIV und AIDS.
Stigmatisierung und Diskriminierung
Weltweit sind nicht nur Menschen, die an HIV erkrankt sind, sondern auch ihre Angehörigen von Stigmatisierung und Diskriminierung betroffen. In Afrika gibt es Selbstmorde, oft auch gemeinsam mit den Kindern, wenn Betroffene das Mobbing, die Verurteilungen und die gegen sie aggressive Angst der Mitmenschen nicht mehr aushalten.
Stigmatisierung gab und gibt es andererseits auch in Österreich: Nach wie vor gibt es irrationale Ängste und zuwenig Aufklärung über den Umgang mit Menschen, die HIV-positiv sind. Nach wie vor auch gibt es eine Tabuisierung der Sexualität, besonders der Homosexualität — und damit entsteht auch ein Problem für die Aids-Prävention. Dies gilt genauso für Suchtgift-Kranke, vor allem für jene, die mit Einmal-Spritzen hantieren.
Solange dies nicht pragmatisch angegangen wird, gibt es für die ganze Gesellschaft ein höheres Risko, das man weder durch Vertuschung noch durch menschenrechtswidrige radikale Bekämpfung der Betroffenen in den Griff bekommen kann. Dies gilt speziell für Osteuropa, wo die Zahl der Betroffenen in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat.
Die 18. Internationale Aids-Konferenz fordert in ihrer Wiener Erklärung einen Abbau dieser Diskriminierungen, insbesondere jedoch jener von suchtkranken Menschen. Auch ein Abbau der Stigmatisierungen durch eine Vernetzung von Selbsthilfe-Strukturen und internationale Zusammenarbeit (etwa in Osteuropa oder in Afrika) standen auf der Tagesordnung dieser Konferenz.
Global Fund und Österreichs Einmalbeitrag
Um viele der Probleme anzugehen, zu kommunizieren und zu lösen, wurde 2002 ein internationaler Global Fund gegründet. Österreich leistete damals eine Einmalzahlung von einer Million Euro. Dies sei aber viel zu wenig, um die wichtigsten Probleme wirksam zu lösen: Als Gastgeberland der Konferenz wäre es Österreich nicht schlecht angestanden, einen weiteren Beitrag zu leisten, meinten einige.
Unter anderem sprach dies die schottische Sängerin und Menschenrechts-Aktivistin Annie Lennox bei ihrem Benefizkonzert (durchgehend mit Gebärdendolmetsch!) zum Abschluss des Marsches für Menschenrechte am Dienstag auf dem Heldenplatz aus: Immerhin bringt die Aids-Konferenz Wien und Österreich ein Vielfaches dieses Beitrages, nämlich 45 Millionen Euro an Umweg-Rentabilität.
Ebenso kritisierte Lennox die Untätigkeit der osteuropäischen Regierungen in der Auseinandersetzung mit AIDS. Diese Staaten hatten sich zum Teil mit diskriminierenden Einreiseverboten von HIV-Positiven Menschen zu schützen geglaubt — und doch nicht verhindert, dass die Zahl der von Aids Betroffenen sich in wenigen Jahren verzehnfacht hat. Mit Diskriminierung alleine, so der Tenor bei der Kundgebung für Menschenrechte werde das Problem nämlich nicht gelöst, sondern erschwert.
Drogenkranke, Homosexuelle und HIV-Positive würden diskriminiert, das Problem unter den Teppich gekehrt, statt der Wahrheit ins Gesicht zu schauen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Am Marsch für Menschenrechte selbst nahmen 25.000 Menschen auf der Wiener Ringstraße teil. Organisationen und Betroffene aus der ganzen Welt, aus Österreich und Wien beteiligten sich an dieser Solidaritätsaktion. Das Thema Aids zeige deutlich, so der Tenor, dass viele Aspekte Menschenrechtsfragen sind:
Wenn der Perspektivenwechsel gelingt, wenn die Mobilisierung und Aufklärung aller Aspekte weltweit gelingt — nicht nur medizinisch, sondern in der Einstellung der Regierungen und der der Bevölkerung, weil dies ein grundsätzliches politisches und soziales Anliegen ist — dann kann es in den nächsten Jahren signifikante Fortschritte geben...