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Rubrik: Lesen statt Hören
11. November 2001

In guten wie in bösen Tagen

von Brigitte Schreiner

Stefanie Lindner: Mein Name ist Stefanie Lindner, Lindner seit 16 Jahren. Das Kennenlernen war bei uns kein Problem, denn wir stammen aus der gleichen Ortschaft. Wir waren zufälligerweise an einem Wochenende dort. Da ich wusste, dass er auch in Wien lebt, sprach ich ihn an. Mein Problem war damals, dass ich drei größere Kinder in die Ehe mitbrachte. Mittlerweile haben wir auch Enkelkinder. So kleine Zwistigkeiten, wie eine nicht geschlossene Zahnpastatube, gibt es nicht. Ich habe meinem Mann sehr viel Platz eingeräumt, damit er alles selbst finden kann. Ich bin berufstätig, gehe immer vor ihm aus dem Haus, und kann ihm daher auch nichts reichen oder helfen. Alles, was ihm gehört, muss sich an dem Platz befinden und das, was er nicht braucht, ist mein Chaos.

Freak-Radio: Das bedeutet, es gab auch damals keine Ängste, weder von seiner, noch von Ihrer Seite: Wie werden wir das schaffen?

Stefanie Lindner: Wir liebten einander und dachten daran überhaupt nicht. Die Kinder waren aus dem Gröbsten bereits herausen und respektierten ihn. Natürlich gab es die Ermahnungen: "Lass nichts liegen" oder "Stell nichts hin", was sich bei den Enkelkindern wiederholt: "Spiel in einer Ecke, wo der Opa nicht draufsteigen kann."

Freak-Radio: Das heißt also: Sie haben den Rest der Familie umerzogen?

Stefanie Lindner: Ja, sicher. Ich kann ja nicht zu ihm sagen: Spring über die Spielsachen drüber. Die Wohnung ist glücklicherweise groß genug, damit genügend Platz zum Spielen ist und sich mein Mann mit seinen Hobbies ausbreiten kann.

Freak-Radio: Und Ihre Hobbies?

Stefanie Lindner: Wir haben ziemlich dieselben Hobbies. Wir hören ziemlich die gleiche Musik, haben beide einen Computer, somit sitzt nicht einer vor dem PC und einer fadisiert sich. Wir gehen sehr gerne ins Theater, Kabarett, die Kinowünsche bleiben aus Zeitmangel leider immer auf der Strecke.

Freak-Radio: So geht es vielen. Das heißt also: Auch behinderte Menschen oder Partnerschaften mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen leiden unter Zeitmangel und ihnen ist nicht langweilig? Sie sitzen nicht zu Hause und warten, dass die Zeit vergeht.

Stefanie Lindner: Langweilig ist uns sicher nicht, denn wir reisen auch sehr gerne, sehr weit, soweit das Geld reicht.

Freak-Radio: Und das geht problemlos?

Stefanie Lindner: Ja. Probleme durch Außenstehende lassen wir uns nicht machen. Ich sehe meinen Mann nicht als Behinderten, sondern als Partner.


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