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Kämpfen für eine faire Welt! (Teil 3)
Christiane Linnartz ist gehörlos. Im dritten und letzten Teil des Interviews mit Freak-Radio plaudert sie mit Hilfe einer Gebärdensprachdolmetscherin über ihre Vision einer ganz normalen Welt für alle.
Freak-Radio: Was wünschen Sie sich von Politik und Gesellschaft für Menschen, die behindert sind und arbeiten?
Christine Linnartz: Dass alles selbstverständlich ist und es keine andere Welt gibt. Es gibt in Wahrheit nur eine Erdkugel: und die Menschen, die darauf leben, sind viele und viele verschiedene. Es soll alles einfach ganz normal sein! Ich wünsche mir, dass die Politiker Ihre Denkbarrieren abbauen. Wenn ich einen Politiker treffe, dann fuchtle ich ihn auch an, und es ist mir völlig egal, was er sich denkt. Dann wird er vielleicht spüren, dass er einen Dolmetscher braucht. Und ohne uns wären die Politiker arbeitslos. Sie brauchen uns und sind von uns abhängig, nicht umgekehrt. Politiker haben einen Auftrag - und zwar von wem ? Von uns - und sie sollen arbeiten für uns!
Freak-Radio: In Österreich gibt es seit eineinhalb Jahren ein Gleichstellungsgesetz. Was bedeutet Gleichstellung für Sie?
Christine Linnartz: Was Gleichstellung heißt? Das ist eine schwierige philosophische Frage. Ich denke Gleichstellung war für mich immer schon ein Thema und dafür hab ich immer schon gekämpft. Für mich ist es selbstverständlich. Wenn etwas fehlt, dann muss ich es mir selber holen und so Gleichstellung erreichen. Ich muss dafür kämpfen. Das ist wahrscheinlich eine sehr individuelle und persönliche Frage.
Wenn ich näher hinschaue, muss ich sagen, wir brauchen keine Gleichstellung. Gleichstellungsgesetze legen fest, was wir fordern können und was nicht. Ich denke wir können mehr erreichen ohne diese Gesetze. Wir wollen einfach Luft zum Atmen. Das tägliche Brot wollen wir zum Leben haben - und darüber zu diskutieren halte ich nicht für notwendig.
Freak-Radio: Und wenn wir keine Gleichstellung brauchen, was brauchen wir dann?
Christine Linnartz: Gesundheit und gesundes Selbstbewusstsein. Ich denke, es geht darum, selbstverständlich auf jeden Menschen zuzugehen und die eigene Behinderung bewusst zu machen. Sie ins Gespräch einzubringen und dem Gegenüber eine Gebrauchsanweisung mitzugeben, wie er oder sie mit mir umgehen soll.
Freak-Radio: Woher bekommen Sie Ihr Selbstbewusstsein und Ihre Ausgeglichenheit?
Christine Linnartz: Das frage ich mich manchmal selbst.
Meine Familie gibt mir Kraft, da fühle ich mich getragen. Für die Menschen in meiner Umgebung ist es ganz selbstverständlich, dass ich gehörlos bin. Meine Familie ist hörend: Selbst mein Mann kann nicht gebärden. Dafür hat er zwei linke Hände. Trotzdem bin ich als Gehörlose vollkommen gleichberechtigt. Ich denke, von nichts kommt nichts. Und deshalb muss ich kämpfen. Ich gebe etwas und bekomme dafür viel zurück.
Freak-Radio: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Christine Linnartz: Dass alles selbstverständlich ist. Es gibt Menschen im Rollstuhl. Es gibt Leute, die Gebärdensprache verwenden. Es gibt Blinde. Ich möchte, dass jeder weiß, wie damit umzugehen ist. Dann wäre es selbstverständlich und kein Thema mehr. Über Kommunikation kann das alles gelöst werden. Die Welt ist bunt und nicht schwarz-weiß. Da gibt es Menschen die stottern, es gibt Menschen verschiedener Hautfarbe. Wenn alle gleich wären, wäre das Leben doch furchtbar fad. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Menschen verschieden sind. Das ist mein Wunsch.
Freak-Radio: Danke für dieses Gespräch.