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Rubrik: Lesen statt Hören
18. Juli 1998

Kaisermühlen-Blues II

von Katharina Zabransky, Gerhard Wagner

Moderation, G. Wagner: In der letzten Staffel wurde die Rollstuhlfahrerin Sandra vorgestellt. Franzi sieht sie, als sie völlig verzweifelt auf einen Fahrtendienst wartet, der nicht gekommen ist. Ernst Hinterberger hat wieder genau beobachtet: Vielfach müssen behinderte Menschen Wartezeiten bei Behindertenbusse in Kauf nehmen, die sich jeder andere niemals bieten lassen würde. Nicht selten kommt es auch vor, dass in den Zentralen der Behindertenbusse auch Fahrten einfach aus der Liste verschwinden , durch ein Computergebrechen oder durch Gründe, die sich dann nicht mehr nachvollziehen lassen. Es gibt also die Szenen im Stich gelassener Rollstuhlfahrerinnen, wie bei Sandra, wirklich. Hilflos weiß sie nicht, wie sie nach Hause kommen soll. Da hilft Franzi spontan. Das ist der Beginn einer freundschaftlichen Beziehung zweier behinderter Menschen im Kaisermühlen-Blues Doch hat Franzi überhaupt eine Chance?

Ernst Hinterberger: Naja, sie sagt ja, das ist nur platonisch: Denn sie studiert ja und wird Magistra. Aber mitsamt dem, dass sie studiert und eine gescheite Frau ist, steht sie vor dem Gänsehäufel und kein Mensch kümmert sich um sie. Nur der "Deppate", der "Trottl" fragt sie, was sie denn da machtund ob man nicht vielleicht irgendwie helfen kann. Denn die anderen gehen ja vorbei...

Moderation, K. Zabransky: Auch die Darstellerin der Sandra, Birgit Linauer, denkt über ihre Rolle und damit auch über das Leben behinderter Menschen nach. Sie hat bei den Vorarbeiten für ihre Rolle mit dem Regisseur, die Vorgeschichte der Sandra, wenn man so will, recherchiert.

Birgit Linauer: Meine Beziehung zu ihm ist eigentlich auch eine schöne. Der Regisseur und ich haben ja am Anfang darüber gesprochen, dass diese Sandra so mit 8-9 Jahren durch eine Kinderlähmung gelähmt war. Wir haben die Rolle so angelegt, dass sie im Moment nicht wirklich den Absprung schafft. Das heißt: Sie ist jung und sie möchte es machen, aber sie traut sich noch nicht und sie schafft es noch nicht ganz. Sie ist keine Kämpferin, sondern sie ist eher introvertiert und zurückgezogen und schaffft es daher nicht wirklich, sich auf ihre Beine zu stellen und ihre Dinge selbst zu gestalten. Wir haben dann so Geschichten gesponnen, das steht alles nicht in den Büchern, dass etwa die Eltern ein sehr schlechtes Gewissen haben, weil sie das übersehen haben und sie deshalb überbemuttern. Und dann es ist natürlich auch sehr schwer, aus so einer Situation auszubrechen. Und dass sie zu studieren beginnen wollte und es eigentlich nicht schafft: Sie steckt also im Moment in einer Krise, weil sie es nicht richtig schafft, etwas zu machen, aber auch nicht hilflos sein zu wollen. Und da ist es halt mit ihm sehr schön, weil ich ja für ihn auch Verantwortung habe. Und dann kann ich es dann auch zulassen, dass er mich herumschiebt und um mich kümmert, und ich trage auch Verantwortung für ihn, weil er geistig nicht ganz da ist und ich schütze dann ihn, wenn Leute böse zu ihm sind. Das ist eigentlich eine sehr schöne Entwicklung. Es wird auf dem Dampfer klar gestellt, dass das eine Freundschaft bleibt und wir einfach Dinge gemeinsam machen und für einander da sind.


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