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.Kaisermühlen-Blues, Teil 1
Nicht viele Menschen mit Behinderung im Film sind so beliebt wie der »Fünfer«, Franzi Meierhofer.
Gerald Pichowetz spielt den Fünfer
Der Schauspieler, der den »Fünfer« gespielt hat, nämlich Gerald Pichowetz, erzählt: Er hat sehr viele Zustimmung bekommen, aber keine einzige Ablehnung! Darauf ist Gerald Pichowetz stolz.
Er hat früher beruflich öfters mit verhaltensauffälligen Menschen (=Menschen mit psychischen Behinderungen) in Wien zu tun gehabt. Denn früher hat Gerald Pichowetz »Psychologie« auf der Universität gelernt. Deshalb hat er Menschen gekannt, die nicht als so »normal« angesehen werden wie die meisten anderen.
Gerald Pichowetz ist als »Fünfer« sehr beliebt geworden. Aber es stört ihn auch, wenn er manchmal von wildfremden Leuten auf der Straße oder in einem Wiener Einkaufszentrum als »Deppater« angesprochen wird. Wenn ihm die Leute dann auf die Schulter klopfen, bekommt er genau mit, wie sie in Wien auf »den Franzi« reagieren und was sie von ihm halten.
Menschen wie du und ich
Ernst Hinterberger, der den »Fünfer« erfunden hat, möchte mit dieser Rolle zeigen, dass Menschen mit Behinderung durchaus Leute sind wie du und ich. Wenn sich alle bemühen, kann man sich sehr gut verstehen.
Freak-Radio hat sich auch bei anderen Leuten umgehört und hat der Berlinerin Birgit Stenger den »Kaisermühlen-Blues" gezeigt. Birgit Stenger ist selbst behindert, sie ist Rollstuhlfahrerin, und hat auch in ihrem Beruf mit behinderten Menschen zu tun. Ihr Eindruck von der Rolle des »Fünfers«, Franzi Meierhofer:
»Ich fand diesen Franzi ziemlich niedlich von seiner äußeren Erscheinung her und auch von der Art, wie er sich gibt: Alle finden ihn liebenswert. Wie gut sie wirklich mit ihm zurecht kommen, kann ich nicht genau sagen. Ich habe nur zwei Filme (von 65 Folgen) gesehen.
Ein eigenes Leben führen...
Der Film zeigt auch, dass es für die Verwandten nicht immer leicht ist. Franzis Schwester hat für ihn die Verantwortung, aber sie möchte auch ein wenig ein eigenes Leben führen. Das ist manchmal schwierig.
Gerald Pichowetz, der Schauspieler des »Fünfers« erzählt: Ich erinnere mich da an eine Szene mit dem Franzi, der natürlich ziemlich auf seine Schwester bezogen ist: Die Schwester hat geheiratet und kann ihn nicht mehr so umsorgen, weil sie eine eigene Familie haben möchte: Dann wird ihm erklärt, dass er Onkel wird:
Und das war gar nicht so einfach für mich, das darzustellen, sagt Gerald Pichowetz: Denn das ist ja ein großer Verlust!
Wenn es also die Möglichkeit gibt, dem Publikum auch nur ganz wenig von dem zu zeigen, wie es wirklich ist, dann ist damit sehr viel erreicht.
Wie ist es denn in Wirklichkeit?
Birgit Stenger findet nicht, dass es in Wirklichkeit so ist wie im Film, denn es dreht sich ja alles hauptsächlich um den Franz. Das ist ja sicherlich nicht immer so. Wenn es darum geht zu zeigen, dass behinderte Menschen integriert leben können, dann heißt ja integriert, dass sie keine Sonderrolle haben: weder im Positiven, noch im Negativen! Und hier ist es ja eben positiv übersteigert, alles kümmert sich um ihn und macht sich Gedanken um ihn. Diese Frau in der Gärtnerei geht sogar so weit, dass sie ihm ihre sexuellen Dienste umsonst anbietet, weil er ihr halt so leid tut...
Wer noch mehr über die Heimerfahrungen vom »Fünfer«, über seine Scherze und über das gemeinsame Zusammenleben, also über »Integration« erfahren möchte, kann unten auf "Fortsetzung" klicken!
Eine Frau in der Gärtnerei hat dem Franzi ihre sexuellen Dienste angeboten, weil er ihr leid getan hat: Für den »Fünfer« war das dann im Film so schrecklich, dass er sich tagelang auf der Donauinsel versteckt hat.
Birgit Stenger spricht von bestimmten Leuten, die es sich zur Aufgabe machen, dafür zu sorgen, dass behinderte Menschen ausgesondert werden. Die verkleiden das dann als »Sich kümmern um« oder »Sorge tragen um« und in Wirklichkeit steckt man sie einfach ins Heim!
Im Heim
Auch Gerald Pichowetz, der Schauspieler, hat sich über das gemeinsame Zusammenleben, also über »Integration« seine Gedanken gemacht:
Wenn alles richtig ist, dann kann es auch sehr schnell gehen, dass die Leute selber etwas in die Hand nehmen. Sie sehen, was sie können, wenn sie eines nach dem anderenangehen: "A jo, des schaff ich!" und kann sich dann seine Ziele stecken. Aber das tut er bewusster als ein "Normaler", weil er weiß: »Das und das kann ich nicht, und deshalb stecke ich mir andere Ziele!«
Aber wenn das in Wohngemeinschaften oder in Heimen alles verloren geht, weil es keine Anreize gibt, dann darf man sich nicht wundern, dass jene Kraft, die bei Leuten wie dem »Franzi« vorhanden ist, überhaupt verschwindet und dann ganz wegfällt! Auch Franzi ist es einmal ganz schlecht gegangen, weil er in einer Wohngemeinschaft war, in der er sich nicht wohl gefühlt hat.
Deshalb ist es auch so wichtig, sagt die Berlinerin Birgit Stenger, dass man den Franzi ernst nimmt und mit ihm redet:
Der »Fünfer« ist auch Gesprächspartner
Es passiert nicht nur um ihn herum etwas, sondern er ist auch tatsächlich Partner: Er fragt zum Beispiel, was ist Politik, und dann wird ihm das erklärt.
Der Franz reagiert sehr humorvoll: Erst durch ihn macht sich der Politiker eigentlich lächerlich, weil er gescheiter tut als er ist: Er trennt Pol und Tik, was ja so überhaupt nicht wirklich ist, und Franz bezieht sich auf das Letzte und geht dann halt hin, sagt »Ich bin dick« und reicht ihm dann dieses Brötchen. Dadurch geht »Franzi« fast kindlich und sehr einfach auf den Politiker ein, aber gleichzeitig zeigt er auch, dass er sehr verständnisvoll ist. Er merkt, dass es dem Politiker peinlich wird, was er da sagt. Und Franzi nimmt dann die seltsame Situation einfach mit Lachen.
Szene aus dem Kaisermühlen-Blues:
Franzi: »Was heißen Politik, was sein?«
Politiker, Bezirksrat Gneisser: »Des Wort? Äh, des kommt aus, ausn Griechischen, ah aus Griechenland und dort heißt Polis Staat und Tik...
...Das is... alles was man halt in diesem Staat macht, verstehst?«
Franzi: "Freilich verstehn...Franzi nicht blöd! Tik alles was machen! Franzi dick...bimbim...hihi"
Politiker Gneisser: »Weißt du, die Politik, die ist halt was undurchsichtiges, da kann man nicht durchblicken.«
Franzi: "Franzi dick - du auch dick!"
Dazu meint der Schauspieler des Franzi, Gerald Pichowetz: Dass Menschen mit Behinderungen so gut aufgenommen werden wie im Kaisermühlen-Blues ist leider nicht immer: Es ist ein Film und die Wirklichkeit ist meist anders!
Also ich bin überzeugt, dass es den behinderten Menschen leider nicht so gut geht wie dem Franzi Meierhofer, das wär schön, wenn es denen so gut geht!
Sendungsverantwortlich: Gerhard Wagner, Katharina Zabransky