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Rubrik: Lesen statt Hören
03. April 1997

Kultur bis Unkultur

von Dorothea Brozek

(Jingle: NEWS AUS DEM BRAILLEDRUCKER: Man hört ein hämmerndes Geräusch und ein Klingeln wie von einer Schreibmaschine, dann ein Schnarren, wie wenn man bei einer mechanischen Schreibmaschine einen Absatz einstellt)

Europäische Union: Jahrelang kämpfen behinderte Menschen in Europa um die Aufnahme einer Nichtdiskriminierungsklausel in den Nach-Maastricht-Vertrag. Mehr und mehr Staaten konnten von dieser Notwendigkeit überzeugt werden. Als "großen Schritt" werteten behinderte Menschen, dass vor einigen Monaten Irland als vorsitzendes Land der Regierungskonferenz dies in die offiziellen Verhandlungsunterlagen aufgenommen hat.

Doch Anfang des Jahres wechselte der Vorsitz zu den Niederlanden. Entsetzt mussten vor wenigen Tagen diskriminierte Gruppen in Europa feststellen, dass die Vertreter der Niederlande kaum Interesse an einer Nichtdiskriminierungsklausel haben, und alle strittigen Begriffe wie Behinderung, Alter und sexuelle Orientierung gestrichen worden sind. Derzeit laufen eine Reihe von Aktionen, um Druck gegen diese Entscheidung zu machen. Zum Beispiel wird von vielen verschiedenen Gruppen ein sogenannter Euromarsch auf Amsterdam organisert. Anlass ist der Regierungsgipfel EU-Staaten am 16. und 17. Juni 1997.

Die internationale Vereinigung der Lesben und Schwulen ILGA konnte mit ihrer Aktion bereits erreichen, dass die genannten Begriffe "Sexuelle Orientierung", "Alter" und "Behinderung" wieder in die Verhandlungsunterlagen aufgenommen worden sind.

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Schweiz: Aktivisten und Aktivistinnen des Züricher Zentrums für selbst bestimmtes Leben haben alle zwei Wochen Demonstrationen gegen die Diskriminierung beim Bahnfahren organisiert: mit diesem anhaltenden Druck ist es den Behindertenaktivisten gelungen die Schweizer BundesBahnen SBB zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen, um gemeinsam eine nicht diskriminierende Lösung für eine Zugskomposition zu finden. Diese neue, für alle zugängliche Lösung soll schon im März in Betrieb genommen werden.

Trotz diese Ankündigung sind die Demonstranten noch skeptisch und werden die weitere Vorgangsweise der SBB genau verfolgen. Die Signalwirkung ist da: Behinderte Menschen lassen sich in der Schweiz nicht mehr alles gefallen. Dies wird von den Organisatoren als wichtiger Teilerfolg gewertet.

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Österreich: Die Anerkennung der Gebärdensprache als eine offizielle Landessprache und mehr Untertitel im Fernsehen: Das sind zwei Forderungen des österreichischen Gehörlosenbundes, die am 20. März 1997 in Form von zwei Petitionen im Parlament dem Nationalratspräsidenten Dr. Heinz Fischer übergeben wurden: 20.000 Unterschriften wurden gesammelt. Von der Anerkennung der Gebärdensprache erwarten sich die Initiatoren dieser Petition wesentliche Verbesserungen bei der Frühförderung gehörloser Kinder sowie bei der Schul- und Berufsausbildung.

Moderatorin: Zu guter Letzt noch einige Hinweise: Kommenden Freitag und Samstag am 4. und 5. April findet eine Tagung zum Thema "Der Albtraum vom perfekten Menschen. Segen und Fluch der modernen Biomedizin statt. Veranstaltungsort: Wien IV, Haus der Wirtschaft.


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