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Rubrik: Lesen statt Hören
04. Juli 2004

Leben mit Behinderung in Österreich

von Bernhard Hruska

Martin Kopper: Ich kann relativ wenig alleine, ich bin aber eigentlich sehr gut betreut da.
...........Man ist völlig frei.... Wenn ich am Nachmittag duschen will, kann ich am Nachmittag duschen; wenn ich um 10:00 Uhr aufstehen will, kann ich auch erst um 10 aufstehen.

Sprecherin: Auch späteres Heimkommen stellt theoretisch keine Hürde dar, wenn die Betreuer informiert sind. Martin Kopper muss weder gegen 22.00, noch um 0.00 zu Hause sein. Nur kommt dies nächtens in seinem Leben selten vor. Am Wochenende stockt Balance die Anzahl der Betreuer und Betreuerinnen auf. Bei rechzeitiger Absprache mit diesen begleiten sie die Bewohner bei ihren Freizeitaktivitäten.

Martin Kopper: Ich habe sogar einen recht großen Hilfebedarf, ich würde aber trotzdem sagen, dass ich mich nicht besonders abhängig fühle.

Sprecherin: Drei Mal die Woche nimmt Martin Kopper zudem einen Assistenten über die Wiener Assistenzgenossenschaft für ungefähr 13 Stunden in Anspruch. Dieser unterstützt ihn beim Toilettengang und Kopieren von Studienmaterialien.

Martin Kopper: Da ich da in der WG voll betreut bin und, also rund um die Uhr, und das von der Gemeinde Wien finanziert wird, brauch ich sonst nur Dinge, die außerhalb passieren, sprich auf der Uni, hin und wieder. Und da ist es so, dass ich von der WAG einen Betreuer zugewiesen bekommen habe, mit dem ich mich auch gut verstehe. ..... Eigentlich habe ich ihn mir selber ausgesucht.

Sprecherin: Der 12. Wiener Gemeindebezirk bietet eine ausgezeichnete Infrastruktur, sowie ein gutes öffentliches Verkehrsnetz. Martin Kopper benützt gelegentlich die U-Bahn. Um den Anfahrtsweg zu den Vorlesungen und Seminaren zu bewältigen, bestellt er meistens den Fahrtendienst.
Wenn Martin Kopper seine Zeit nicht dem Studium widmet, besucht er ehrenamtlich eine ältere Dame in einem Pflegeheim der Caritas oder kümmert sich um eine psychisch kranke Freundin. Die Wochenenden verbringt er zu Hause bei seinen Eltern, mit denen er viel unternimmt und einige gemeinsame Urlaube verbracht hat. Diesen September wird er mit der Wohngruppe nach Tunesien reisen.
Nur eines mag er nicht: in Lokalen herumsitzen.

Martin Kopper: Ich habe auch einen Freund, der mit mir öfter ins Kino geht, da wird es dann später, da legt er mich selber nieder.

Sprecherin: Durch seine redaktionelle Mitarbeit an der Zeitung des Vereins Balance hilft er seiner Mutter in ihrer Funktion als Obfrau.

Martin Kopper: Es ist schon so, dass ich meine Eltern unterstütze, bestimmte Sachen in Gang zu setzen. Man kommt immer mehr drauf, dass die Behinderten selbst mehr Selbstbestimmung in ihrem Leben haben sollen. Das ist auch im Verein ein Lernprozess, der erst langsam in Gang gekommen ist.
Die Behinderung ist nur im Kopf. Man gewöhnt sich auch an die Behinderung und ich habe mich sehr gut daran gewöhnt. Für mich ist meine Behinderung völlig normal. Ich kann mir nicht jeden Tag den Kopf darüber zerbrechen, was wäre, wenn ich keine hätte. Dafür habe ich zu wenig Zeit.


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