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Rubrik: Freak-Science
10. Dezember 2008

Menschen mit Behinderung im Journalismus

von Transkription des Vortrags von A.o.Univ.–Prof. Dr. Fritz Hausjell

Der darf keine Behinderung aufweisen. - Der muss gut bei Fuß sein. Und das zu einem Zeitpunkt nach diesem entsetzlichen zweiten Weltkrieg, wo viele Kollegen ja überhaupt nicht gut bei Fuß waren, hat man trotz alledem genau diese Ideale wieder verrückt hoch gehalten. Und waren wahrscheinlich auch damals weit davon entfernt von dem, was Realität war. Aber wir wissen es auch nicht. Wir wissen auch nicht was mit denen, die im Zuge des Krieges ein Bein verloren haben, oder ein Augenlicht verloren haben und die im Journalismus waren - was aus diesen geworden ist. Auch das haben wir uns hier bemüht - die Frage ist ja: Behinderung ist ja nicht etwas, was zwingend mit der Geburt kommt. Das kann man während der Kindheit bekommen - das kann man auch im mittleren Berufsalter bekommen. Gerade Journalisten sind ja auch sehr herzinfarktgefährdet und halbseitige Lähmungen im Journalistenberuf. Ich kenne einen einzigen Fall in Österreich: Das ist der frühere Chefredakteur der Presse, der es dann irgendwie dann doch noch geschafft hat - Thomas Chorherr - sozusagen, wieder zurück zu kommen. Ein anderer Kollege, der Chefredakteur der Austria Presse Agentur hat diesen Weg zurück nicht mehr geschafft. Den hat man sozusagen soweit hochgelobt, dass man gesagt hat, es gibt für ihn bessere Jobs. Allerdings also, etwas Höheres als den Chefredakteur der Austria Presse Agentur hat es eigentlich nicht gegeben, für einen Agenturjournalisten. Er ist von der Bildfläche inzwischen völlig verschwunden. Er ist nicht mehr als Journalist tätig. Diese Frage, der wir versucht haben auch mehrfach nachzugehen, etwa: Was macht denn die Interessensvertretung in dem Fall etwa im ORF? Wenn ein Kollege durch einen Unfall eine deutliche Beeinträchtigung langfristig bleibend hat? Sorgt man dann dafür, dass der im Journalismus bleiben kann? Oder kriegt der den Versorgungsjob irgendwo im Unternehmen? Die Interessensvertretung hat uns diese Fragen nie beantwortet - und immer mit der Argumentation: Dafür sind sie nicht zuständig. - Wofür ist sie dann zuständig? Also es gibt offiziell keinen Beauftragten für diesen Bereich. Also, hier sind wirklich noch die Basics zu leisten. Das war auch eine meiner großen Enttäuschungen. Weil ich eigentlich geglaubt habe, dass nachdem der ORF offizieller Partner war - dieses integrativen Journalismuslehrgangs – dass da nun ein gutes Stück, sozusagen ein Ruck vorangeht. Dem war so nicht. Der Mann, der vieles davon auch mit initiiert hat: Franz Josef Huainigg, der ja dann in die Politik ging, wie die meisten hier in der Runde wissen ist inzwischen aus der Politik wieder ausgeschieden. Und nicht nur er, auch die andere Rollstuhlfahrerin ist nicht mehr im Parlament. Also die Rahmenbedingungen, sozusagen die Unterstützung etwa durch die Politik selber, seitens Betroffener hat sich ganz sicher nicht verbessert, sondern verschlechtert. Ja. Was ist noch wesentlich zu sagen? Ein Stichwort war hier noch in der Runde: Die Vorbilder. Die Vorbilder - wir haben international breit recherchiert. Nicht nur die britischen - die schon von dir kurz erwähnt worden sind - die ja sehr beeindruckend sind. Es gibt sie auch in Deutschland, erstaunlicherweise, wenn man dann genauer schaut. Ja? Also, für uns war das wichtig, diese Vorbilder, nicht nur aus dem Grund, dass es hier Persönlichkeiten gibt mit denen man sich auch als Betroffene identifizieren kann. Sondern auch um die andere Seite die dann als Arbeitgeber relevant ist, die dann wissen: Das ist eigentlich nicht wirklich ein neues Phänomen. Das gibt es, man muss nur ein bisschen über die eigenen Grenzen gucken und es war uns auch aus dem Grund wichtig, um so etwas wie Vernetzung möglich zu machen. Das, was uns glaube ich nicht gelungen ist, ist die Popularisierung dieser Ergebnisse. Und jetzt in Vorbereitung dieser Tagung bin ich eigentlich zur Überzeugung gekommen, dass wir diese Forschungsergebnisse in jedem Fall updaten müssen und dass wir uns noch vehementer darum bemühen müssen, eine entsprechende Öffentlichkeit dafür herzustellen. Auch wenn das Herstellen dieser Öffentlichkeit in den großen breiten Medien schwierig ist - das verhehle ich nicht. Und noch eines kommt hinzu, das habe ich jetzt ein bisschen übersprungen: Es ist die Bilanz der Bemühungen der Einrichtungen, die nicht ganz unwesentlich für die Qualitätsentwicklung im Journalismus ist. Das sind die verschiedenen Institutionen, die NGOs, die Interessensvertretungen im Journalismus, im Medienbereich. Die sind in Österreich: Taub, stumm und unbeweglich. Ich sage es jetzt bewusst, so provokant. Weil,  ich weiß schon, alle verstehen mich hier in der Runde und wissen, dass das jetzt nicht sozusagen dieser stereotype Ausdruck dafür ist. Nach wie vor finden Sie weder auf den Homepages der Journalistengewerkschaft, noch des österreichischen Journalistenclubs, noch des Verbands der Zeitungsherausgeber, noch der Aufsichtsbehörde 'Com Austria' oder 'RTR' auch nur einen Hinweis auf das Thema 'Diversity', Behinderung - noch wurde auch nur eine Gruppe gebildet. Dabei schaute es anno 2003, ich kann mich noch erinnern: Bei der finalen Präsentation damals des integrativen Journalismuslehrgangs, da waren Vertreter auch der Journalistengewerkschaft anwesend - und sie hatten dort auch einbekannt, dass ihnen das bis jetzt nicht als eine Aufgabe bewusst war und dass sie diese jetzt wahrnehmen wollen. Und wenn ich fünf Jahre später darauf schaue: Es ist so wie gehabt. Das ist das Enttäuschende. Ich glaube da müssen wir - und das ist sozusagen mein Schlusssatz: Wir müssen trotz alledem weiterhin sehr lästig, sehr beharrlich sein. Und was der Unterschied ist zur Situation vor fünf oder vor acht Jahren: Wir haben heute ganz sicher das systematische Wissen ausreichend abgesichert. Wir brauchen diese Dinge nicht noch mal zum x-ten Mal erforschen - sie sind da. Die Halbwertszeit dieses Wissens ist lang genug. Das ändert sich nicht so schnell. Die wesentlichsten Beweise sind erbracht und wir müssen, glaube ich noch viel stärker in der Umsetzung sein und in der Öffentlichkeitsarbeit. Gegenüber nicht nur den Gruppierungen, die für die weiteren Projekte - das ist eine wichtige Botschaft: Die weiteren Projekte in diesem Bereich. Diese Veränderung werden wir nur erreichen indem wir auch die Partner, welche die Gelder hergeben für die entsprechenden Projekte - ich meine jetzt nicht die Forschungsprojekte, sondern die Beschäftigungsprojekte, die Ausbildungsprojekte - dass wir diese Partner überzeugen müssen. Und die meisten wissen es auch, dass diese Veränderung nur zu haben ist, wenn man sie über einen längeren Zeitraum beharrlich verfolgt. Begleitend etliches evaluiert um 'nachzujustieren', um zu sehen: Was greift? Was hat nicht so gut gegriffen? - Und wenn dabei die Wissenschaft ein Stück Unterstützung zeigen kann, dann werde ich das sicher weiter sehr gerne sein. Ich habe mir ohnedies schon vor längerer Zeit vorgenommen das zu einem regelmäßigen inhaltlichen Programmpunkt zu machen. Es wird jetzt wieder Zeit, das schwerpunktmäßiger zu behandeln und ich wünsche Allen die daran mitarbeiten, dass es uns gelingt, diesen Schritt für eine humanere Arbeitswelt, die wichtige Gruppen nicht ausschließt, und allen die da drinnen arbeiten wollen, viel Glück und gutes Gelingen. Vielen Dank.


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