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Minister Buchinger Interview
Sozialminister Erwin Buchinger: Insgesamt bringt die bedarfsgerechte Mindestsicherung den großen Vorteil, dass die Transferleistungen sozialer Natur in Österreich nach unten zur Armutsvermeidungsgrenze gesockelt sind. Für behinderte Menschen ist der große Vorteil der bedarfsorienteirten Mindestsicherung, dass sie diese Grenze der Armutsgefährdung als Mindestausmaß der Leistung sicher haben. Insgesamt ist noch wichtig zu betonen, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung mehr ist als nur eine Reform oder Pauschalierung der Sozialhilfe, sondern durch die enge Verknüpfung mit dem Arbeitsmarktservice die Wege hin zum Arbeitsmarkt für die Arbeitssuchenden erleichtern soll.
Freak-Radio: Das ist auch ein wenig das Ziel unserer Frage. Viele Menschen mit Behinderung, die etwa eine Waisenpension haben und ein Arbeitsverhältnis beginnen wollen, fürchten, dass eine Rückkehr, falls das Arbeitsverhältnis scheitern sollte, nicht mehr möglich ist. Oder, wenn sie eine sehr geringe Waisenpension mit Ausgleichszulage haben, dann kann es vorkommen, dass sie, selbst wenn sie geringfügig arbeiten, manchmal nicht mehr verdient haben, weil die Ausgleichszulage mit dem verdienten Geld wieder aufgerechnet worden ist. Das heißt, sie verdienen dann faktisch nichts oder nur sehr wenig, wenn sie arbeiten. Wird sich daran etwas durch die Mindestsicherung ändern?
Sozialminister Erwin Buchinger: Nein. Allein durch die Einführung der BM wird sich an dieser Problematik nichts ändern. Aber generell kann man überlegen, ob nicht eine Möglichkeit gegeben werden soll, dass nach einem gescheiterten Arbeitsversuch die ursprünglichen Rechte wieder aufleben. Das wird wahrscheinlich nur in einem bestimmte Zeitraum gelten, etwa ein halbes Jahr oder vielleicht ein Jahr, aber das ist zu überlegen, wenn es hier eine Initiative der Behindertenverbände gibt, kann das schon bei der nächsten ASVG-Novelle mit verwendet werden. Das wäre ein Punkt, den auch ich im Behindertenbeirat einbringen könnte.
Freak-Radio: Noch eine Nachfrage dazu: Wenn jetzt bestimmte Pensionen niedriger sind, als die vorgesehene Mindestsicherung: Ist es dann denkbar, dass die Waisenpension oder Halbwaisenpension, wenn sie darunter liegt, angehoben wird, oder bleibt das?
Sozialminister Erwin Buchinger: Die Waisenpension wird sich durch die BM nicht ändern, aber es wird aus diesem Titel dann die Differenzzahlung auf die 726,- Euro brutto oder 690,- Euro netto so wie jetzt ja auch schon im Einzelfall ja auch schon Sozialhilfe im Differenzbetrag nachgezahlt werden würde. Nur der Unterschied ist bei der Sozialhilfe in allen Bundesländern unterschiedlich geregelt, der Zugang ist teilweise erschwert, er gibt Regressforderungen. Das alles soll bei der BM ja wegfallen, ein weiterer großer Vorteil.
Freak-Radio: Ist schon näheres bekannt über die Verwertung des Vermögens im Rahmen der Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung? Wie viel an Vermögen wird man behalten dürfen?
Sozialminister Erwin Buchinger: Das ist ein Punkt, wo wir mit den Ländern jetzt auch bei den Finanzausgleichsverhandlungen im Gespräch sind. Das ist ein strittiger Punkt. Geklärt ist bereits, dass jedenfalls für eine bestimmte Dauer das Wohnungseigentum oder auch das eigene Wohnhaus nicht verwertet werden muss. Es gibt Länder, die wünschen, dass ab einer gewissen Dauer der BM, ein halbes Jahr oder ein Jahr, dann doch eine Grundbuchsvormerkung oder spätere Verwertung vorsieht. Wir aus Bundessicht würden eine großzügigere Lösung vorschlagen, aber wir die Länder grundsätzlich. Da sind wir noch im Gespräch und es ist noch nicht klar, was am Schluss herauskommen wird. Klar ist, dass verwertbares Vermögen, etwa Barvermögen, herangezogen werden wird. Klar ist aber auch, dass Vermögen für die spätere Alterssicherung, etwa eine Lebensversicherung oder aber auch eine private Pensionsvorsorge nicht verwertet werden muss. Und klar ist weiters, dass Sachwerte, sei es eine Stereoanlage oder ein Fernseher, auch wenn er größer ist, als man es normalerweise als Minimum braucht, dass auch das nicht verwertet wird. Denn da müssen wir lernen von Deutschland aus der Diskussion um Hartz IV, diese Schnüffelei unter den privaten Lebensumständen und diese Kleinkrämerei, das wollen wir in Österreich nicht haben.
Freak-Radio: Also in Österreich wird es kein Hartz IV geben?
Sozialminister Erwin Buchinger: Das ist unser fester Weg und unsere Absicht, die Schwächen von Hartz IV zu vermeiden: Das eine ist die Bürokratisierung und Kleinkrämerei, das zweite ist: Hartz IV hat ja nur eine niedrige Pauschale von knapp über 350,- Euro