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Mode macht Menschen
"Kleider machen Leute“, sagt ein altes Sprichwort: Anzug und Blazer oder Jean und Wollpulli. Im Alltag beurteilen wir Menschen, bewusst oder unbewusst, auch nach ihrem äußeren Erscheinungsbild. Es ist nicht leicht, ansprechende, rollstuhlgerechte Mode zu finden. Sie hören ein Freak-Radio-Gespräch mit Reinhold Sampl, der sich mit seinem Unternehmen Xsampl auf rollstuhlgerechte Kleidung spezialisiert hat.
Freak-Moderatorin: Welcher Rolli-Fahrer und welche Rolli-Fahrerin kennt es nicht: Das Suchen nach bequemer und modischer Kleidung, die auch im Sitzen angenehm zu tragen ist, gestaltet sich oft sehr schwierig. Reinhold Sampl kam aufgrund seiner eigenen Betroffenheit zu dem Schluss, dass...
Reinhold Sampl: ... die sitzende Position einfach eine andere Schnittführung von den Kleidern, sag ich, erfordert, weil einfach eine Hose im Sitzen, die hinten zu kurz ist, vorne zu lang ist und bei den Füßen zu kurz ist. Die eigene Betroffenheit hat mich drauf gebracht. Ich hab dann irgendwann einmal mit einer Schneiderin zusammen versucht, mir selber Sachen zu machen, die mir einfach passen – im Sitzen passen. Und so war dann irgendwie die Gründungsidee der Firma.
Freak-Moderatorin: So entstand die Idee zur Gründung der Firma Monotool, welche Sampl im Jahr 2002 gemeinsam mit seiner Partnerin und einer Schneiderin verwirklichte. Die dahinterstehende Zielsetzung war es, dass man Bekleidung für Rolli-Fahrer und Rolli-Fahrerinnen produziert, die der jeweiligen Sitzposition angepasst ist und somit entsprechenden Tragekomfort bietet. Monotool wurde im Zuge des Weggangs der damaligen Schneiderin aus der Firma von Reinhold Sampl übernommen und es kam in diesem Zusammenhang zu einer Änderung des Firmennamens. Worauf geht denn der jetzige Name Xsampl zurück?
Reinhold Sampl: Da ich auch Sampl im Nachnamen heiß und wir ins Englische jetzt schon relativ viel exportieren und ich einfach sag, mit einem X vorne hin, also Xsampl – ist auch „Beispiel“. Ich glaub ein bisserl steht es für meine Person. Und das war eigentlich die Strategie dahinter, dass man meine Person als Sportler mit der Firma in Verbindung bringt, weil früher hab ich immer sagen müssen: Ich bin Sportler und Unternehmer, und Monotool und Sampl Reini... und jetzt haben wir versucht, das ganze unter einen Hut zu bringen und deswegen heißt’s jetzt Xsampl.
Freak-Moderatorin: Nach der Gründung von Xsampl stand das Unternehmen vor der schwierigen Aufgabe, sich auf dem Rehabilitationsmarkt zu etablieren. Reinhold Sampl spricht in diesem Zusammenhang auch davon, dass viele Rolli-Fahrer der Meinung gewesen sein, sie könnten doch auch „normale“ Kleidung tragen.
Reinhold Sampl: Ja, ich kann’s am besten an meiner Person sagen. Ich sag: Einmal eine Hose von uns angehabt, nie wieder was anderes anziehen wollen, weil die Sachen so viel besser passen und man sich einfach wohlfühlt drin. Es hat auch ein bisserl was mit Lifestyle zu tun, weil wir Rollstuhlfahrer oder wir Behinderten bewegen uns ja auch im Alltag. Ich will ja halt bei einem Geschäftstermin oder wo immer auch gut angezogen sein und nicht eine bodenscheuernde Hose, wie wir daheim sagen, anhaben. Oder jetzt im privaten Bereich: Wenn ich ausgeh, versuch ich auch irgendwie Klamotten anzuhaben, die ein bisserl stylish sind, trendig sind, weil ich vielleicht Mädels kennenlernen will. Oder einfach nicht nur, weil ich vielleicht Sachen hab, die mir jetzt von der Schnittführung her nicht genau passen, wieder ins Hintertreffen komm. Weil als Rollstuhlfahrer oder als Behinderter startet man meistens eh schon mit einem Minus wenn man irgendwo hin geht, weil jeder denkt sich: Ja, der arme Rollstuhlfahrer... und wenn die Klamotten auch nicht passen und nicht gut ausschauen, dann hab ich zwei Minus. Und genau das wollen wir vermeiden. Also da, glaub ich, ist die Zufriedenheit schon ganz groß von unseren Kunden, weil’s einfach auch Lebensqualität zurück gibt in gewisser Form.
Freak-Moderatorin: In den letzten Jahren schätzen und schätzten die Kunden von Xsampl Kleidung, die die sitzende Position unterstützt, immer mehr, und die Etablierung am Markt ist gelungen. Betrachtet man die angebotene Produktpalette der Rolli-Moden näher, so stellt man fest, dass sie von Sportbekleidung über Freizeitmode bis hin zu Abendgarderobe nahezu alles abdeckt. Ein ganz spezielles Produkt ist der patentierte Rolli-Bademantel. Was ist denn das Besondere daran?
Reinhold Sampl: Man legt ihn einfach sauber auf, man kann ihn vorne überschlagen. Der ist vorne offen, also nur hinten verbunden, und das Oberteil ist wie eine Jacke. Es ist für uns einfach viel einfacher. Man legt den hin. Der Vorteil ist von dem Ganzen: Man hat schon mal ein flauschiges Teil unterm Hintern, damit die Sitzkissen nicht nass werden. Man ist eigentlich angezogen, man kann auch mal durchs Hotel fahren oder zu Hause bleiben, was immer, und muss nicht mit drei Handtüchern durch die Gegend wirtschaften. Und wir haben das Ganze dann zum Patent angemeldet und haben eigentlich beides patentiert, also die Sitzführung und auch das Ganze haben wir patentieren lassen, haben eine Patentnummer drauf, und verkaufen den relativ viel auch außerhalb unserer Zielgruppe der Rollstuhlfahrer: an Altersheime für ältere Leute, einfach alle, die öfter einen Rollstuhl benutzen oder nicht mehr so gut zu Fuß sind.
Freak-Moderatorin: Wichtigstes Unterscheidungskriterium zwischen Rolli-Mode und den Produkten der Bekleidungsindustrie ist nach Firmenchef Sampl die Schnittführung der Kleidung, welche der sitzenden Position angepasst ist. Ansonsten produziert Xsampl seine Erzeugnisse hauptsächlich in Serie, wobei auch die Möglichkeit besteht eine Sonderanfertigung zu bekommen. Es werden neben der Kleidung dazugehörige Accessoires angeboten, die beispielsweise im Bereich der Hochzeitsmoden von Xsampl zum Einsatz kommen. Mitbewerber in der Rolli-Modebranche gibt es sehr wenige. Herr Sampl, wird es hier in Zukunft Veränderungen geben?
Reinhold Sampl: Ich glaub, das wird in den nächsten paar Jahren passieren, weil die ganze Wirtschaft ein bisserl umdenkt und sehr wohl den Markt dahinter erkennt: was in den Behinderten steckt, egal ob’s Tourismus ist oder Autofirmen sind oder jetzt wir in der Modebranche sind. Die Behinderten sind definitiv eine Wirtschaftskraft und nicht nur irgendwas, wo man halt aus sozialen Gründen investieren muss.
Freak-Moderatorin: Um sein Unternehmen erfolgreich zu führen beziehungsweise seine jeweiligen Produkte erfolgreich auf den Konsumentenmarkt abzusetzen, braucht es meist Produktwerbung auf verschiedenen Ebenen. In den nächsten Minuten werden wir uns deshalb damit beschäftigen, auf welche Weise die Rolli-Modefirma Xsampl aus Innsbruck ihre Produkte den Kunden präsentiert. Reinhold Sampl erzählt im Gespräch, dass das Unternehmen beispielsweise neben dem werbewirksamen Internetauftritt des Modelabels und Modekatalogen auch im Rahmen von Modenschauen die Produkte von Xsampl präsentiert. In diesem Zusammenhang gibt es nicht nur das Modelabel Xsampl, sondern auch eine mit dem Unternehmen in Verbindung stehende Modelagentur. Wie läuft denn die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Firmen ab?
Reinhold Sampl: Zusammen fungieren tun sie auf jeden Fall, es wird von den gleichen Leuten betreut. Entstanden ist das ganze so, dass wir ja für unsere Zwecke öfter Modenschauen gemacht haben, wo wir Rollstuhlfahrer eingesetzt haben, gemischt mit Fußgängern. Und daraus ist entstanden, dass halt immer mehr Firmen, sprich Aufzugfirmen, wurscht welche Firmen, irgendwie Rollstuhlfahrer gesucht haben auch für Photoshootings und solche Sachen. Und wir bieten einfach unseren Models, eine seriöse Plattform, wo sie gelistet sind und wir vermitteln die Models dann weiter an diverse andere Firmen. Entstanden ist es daraus, dass wir unsere Models aus Modenschauen übernommen haben und wir denen eine seriöse Plattform bieten wollen, weil da oft auch noch viele schräge Sachen laufen. Logischerweise verwenden wir die Models für unsere eigenen Zwecke selbstverständlich auch, das war ja die Grundidee damals dahinter, aber wir vermitteln sie auch gerne weiter, weil wir kein Problem haben damit, wenn die Leute irgendwo geshootet werden oder für andere Zwecke eingesetzt werden – im Gegenteil.
Freak-Moderatorin: Mittlerweile sind knapp über fünfzig Models in der Kartei der Modelagentur vermerkt, unter denen sowohl Damen, Herren und – natürlich nicht zu vergessen – auch Kinder zu finden sind. Wenn von Xsampl Modenschauen veranstaltet werden, wird dabei sehr darauf geachtet, den Integrationsgedanken mit zu berücksichtigen. Aus diesem Grund gibt es kaum reine Rolli-Modenschauen, sondern die Rolli-Fahrerinnen und -Fahrer treten meist gemeinsam mit nicht-behinderten Models auf den Laufsteg. Womit wir gleich bei der nächsten Frage wären: Sitzen die Rolli-Fahrer und -Fahrerinnen denn im wirklichen Leben auch im Rollstuhl?
Reinhold Sampl: Ja, wir haben die Frage sehr, sehr oft, weil einfach komischerweise die Leute irgendwie nicht verstehen, dass es auch im Rollstuhl zum Beispeil ein bildhübsches Mädel oder einen total attraktiven Jungen geben kann. Wir haben heuer mit Barbara Simma einen Werbespot für den ORF gedreht und da sind auch ganz viele Anfragen gekommen: Ja, sie finden das eine Frechheit, dass Sie da ein Fußgängermodel reinsetzen in den Rollstuhl, die dann herum fahrt. Dabei war das unsere Barbara, die seit fünf Jahren im Rollstuhl sitzt. Aber ich glaub, da muss noch ein Umdenken bei den Leuten passieren, dass es durchaus im Rollstuhl auch Leute gibt, die gut ausschauen und sich gut anziehen können und auch Ausstrahlung haben. Aber wir verwenden logischerweise definitiv nur richtige Rollstuhlfahrer, weil das würd sich mit unserer Philosophie nie vereinbaren lassen, dass wir – wie so manche andere schon probiert haben – einfach irgendwelche Fußgänger reinsetzen. Das Problem ist hauptsächlich einfach auch, dass man das sieht. Ein Rollstuhlfahrer sieht eigentlich zu neunzig Prozent, wenn da ein Fußgänger drin sitzt, weil einfach die Verhaltensweisen anders sind. Und das nimmt die Szene dann ganz, ganz übel auf, wenn man selber Rollstuhlfahrer ist und in der Branche tätig ist und würd da einen Fußgänger verwenden für solche Aktionen, also das ist bei uns ein hundertprozentiges No-go.
Freak-Moderatorin: Bei den Models handelt es sich vorwiegend um Menschen mit Querschnittlähmungen. Allerdings möchte die Agentur ihr Modelspektrum in Zukunft dahingehend erweitern, dass auch amputierte Menschen und Spastiker vermehrt aufgenommen werden. Wie kann man Rolli-Model bei Xsampl werden?
Reinhold Sampl: Bei uns kann sich jeder bewerben. Über die Homepage kann man sich ganz normal bewerben, kann man Fotos und Daten schicken, und wir beantworten das dann und ich glaub wir haben noch fast gar niemanden irgendwie zurück gewiesen. Und ich glaub ja, man muss nicht immer nur das Beste haben. Nicht nur das Hübscheste vom Hübschen ist gefragt, sondern es gibt auch ganz natürliche Leut, die vielleicht nicht ganz Idealmaße haben. Aber eigentlich bewerben sich Leute. Sie wissen mittlerweile alle, dass es uns gibt, und die bewerben sich bei uns über die Homepage, schicken Fotos, und so machen wir’s eigentlich. So von den Castings sind wir nicht so ganz überzeugt. Ja, die ganzen Castings sind viel PR und viel Medienwirksamkeit, aber ich glaub unser Hintergrund ist ein anderer. Bei uns können sie sich alle über die Homepage bewerben. Ein Behinderten-, Rollstuhlfahrer-Casting oder was immer zu machen wär ja wieder das, was ich nicht will, dass ich das so ausgrenz und nur die einen irgendwie rein lass, also in die Castings. So weit sind wir glaub ich noch nicht.
Freak-Moderatorin: Auf die Frage, ob es denn im Vergleich zu Photoshootings mit nicht-behinderten Models große Unterschiede gäbe, wenn Rolli-Shootings veranstaltet werden, verneint Reinhold Sampl. Der Ablauf wäre grundsätzlich genauso wie bei jedem anderen Shooting, auch mit Fotografen, Stylisten und dergleichen. Allerdings sei bei der Wahl der Location darauf zu achten, dass sie möglichst barrierefrei sei, oder man für den Fall der Fälle zusätzliche Personen mitnimmt, die unterstützend eingreifen können, wenn es notwendig ist. Welche Zukunftspläne gibt es denn für Xsampl?
Reinhold Sampl: Ja, ich glaub wir wachsen stetig, schön langsam weiter und wir sind jetzt grad dabei den skandinavischen Markt irgendwie zu erobern, sprich Schweden und die ganzen Sachen da oben, weil die einfach, was Behinderten-Alltagstauglichkeit betrifft, schon weiter sind als wie wir so in Mitteleuropa zum Beispiel. Oder Amerika, die sind viel, viel weiter wie wir. In Amerika gibt’s fast kein einziges Gebäude, wo keine Rampe reingeht oder solche Sachen. Und in die Richtung tendieren wir jetzt ein bisserl, aber ich glaub allzu schnell groß werden ist nicht die beste Lösung. Wir wachsen jetzt stetig weiter und werden jetzt den skandinavischen Markt angehen und dann vielleicht irgendwann den Schritt über den großen Teich wagen, aber step by step, immer.
Freak-Moderatorin: Zur allgemeinen Situation der Barrierefreiheit im Alltagsleben meint Sampl:
Reinhold Sampl: Ja, ich glaub, als Rollstuhlfahrer kommt man da öfters am Tag in solche Situationen, wo man einfach vor einem riesengroßen Gehsteig steht oder vor einer Stufe steht, wo immer. Wo man sich einfach denkt: „Wenn sie da eine Rampe hingebaut hätten...“ Speziell bei Neubauten, oder? Da denk ich mir wär’s wichtig, dass man einfach mitdenkt. Ich bin jetzt auch nicht der Verfechter, der sagt, man muss jetzt von heut auf morgen alles rollstuhlgerecht machen, alle Altbauten umreißen – das kann kein Mensch bezahlen. Aber ich bin sehr wohl einer, der sagt: Man soll drüber nachdenken, wenn man Sachen neu baut oder umbaut, weil eine Rampe bauen oder eine Stiege bauen ist genau gleich viel Aufwand, vom Kostenaufwand auch nur minimal mehr. Also da bin ich schon einer, der sagt, wenn man’s jetzt neu baut, sollte man echt drauf schauen, dass behindertengerecht gebaut wird. Aber Probleme gibt’s für Rollstuhlfahrer definitiv jede Menge, auch in unserem Breitenkreis. Da brauchen wir uns nichts vormachen. Aber ich glaub der Weg ist der richtige, auch die Politik, die Wirtschaft geht in die richtige Richtung. Und Leute wie wir können dazu beitragen, ein bisserl Öffentlichkeitsarbeit zu machen und einfach die Leute auch darauf hinweisen. Ich denk, ganz oft ist es einfach die Unwissenheit der normalen Bevölkerung, die uns das Leben schwer macht, weil viele Leute einfach nicht drüber nachdenken, dass sie statt so einer Stiege eine Rampe hinbauen können, weil sie vielleicht keinen Rollstuhlfahrer kennen, was immer. Es gibt zwar ganz viele Gesetze und ganz viele Normen, aber ich glaub das Wichtigste ist, dass man ein Miteinander hat und die Leute einfach auf uns zugehen oder wir auf die Leute zugehen. Und dann wird früher oder später auch alles oder das Meiste behindertengerecht werden.
Freak-Moderatorin: In den letzten beiden Einstiegen unserer Sendung zur rolli-gerechten Bekleidung haben wir schon sehr viel über das Unternehmen Xsampl, seine Gründungsphilosophie und die damit in Verbindung stehende Modelagentur erfahren. Aber wer steht eigentlich hinter dem Gründungsgedanken? Wer ist Reinhold Sampl?
Reinhold Sampl: Auf jeden Fall, Sport war mein Leben, Sport ist mein Leben. Ich leb nicht nur für den Sport, aber Sport ist ganz ein großer Bestandteil in meinem Leben – vorher gewesen und jetzt nach wie vor.
Freak-Moderatorin: ... sagt Reinhold Sampl über die Tätigkeit, die einen sehr großen Teil seines Lebens ausmachte und immer noch ausmacht. Der fünfunddreißigjährige begeisterte Sportler und gebürtige Lungauer begann schon sehr früh sich für den Sport zu interessieren und betrieb in diesem Zusammenhang das Schifahren als Leistungssport. Doch woher kam die frühe Begeisterung dafür?
Reinhold Sampl: Ich bin ein bisserl familienbelastet. Ich bin eben im Salzburger Lungau aufgewachsen und mein Vater war Bezirkstrainer der Schimannschaft, und da haben’s mich logischerweise als kleiner Bub immer zum Schifahren mitgenommen. Dann fängt man halt irgendwann an zum Rennen fahren und so ist eigentlich die Begeisterung für den Sport gekommen.
Freak-Moderatorin: Neben dem Schisport hatte er die Möglichkeit eine Ausbildung bei Porsche zu machen um beruflich abgesichert zu sein, falls der Schisport nicht klappen sollte. Was ist sein persönlicher Bezug zum Thema körperliche Behinderung?
Reinhold Sampl: Gezwungenermaßen dadurch, dass ich eben eine Querschnittlähmung hab, bin ich zum Thema zwangsvergattert worden. Aber ich glaub körperliche Behinderung ist heutzutage - kommt auf die Behinderung drauf an. Sprich, in meinem Fall, ich hab eine tiefe Paraparese, also einen Querschnitt, wo nur die Füße betroffen sind: Mit solchen Sachen kann man heutzutage ganz gut leben. Ich glaub die ganzen baulichen Maßnahmen werden immer besser. Es gibt ganz viele Behelfe, damit man halt handbiken kann, schifahren kann, was immer. Also ich sag, mit meiner Behinderung kann man ein relativ glückliches, erfülltes Leben führen.
Freak-Moderatorin: Seine Behinderung geht auf einen Schiunfall 1996 zurück. Reinhold Sampl kam danach gleich ins Unfallkrankenhaus Salzburg und in weiterer Folge ins Reha-Zentrum Bad Häring in Tirol. Dort lernte er alltägliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung seiner Querschnittlähmung zu bewältigen. Doch wie geht man mit einer derartigen Lebensveränderung um?
Reinhold Sampl: Ich war zweiundzwanzig Jahre bei meinem Unfall. Ich bin vom Schifahren eigentlich nicht mehr heim gekommen, sondern sprich halt Hubschrauber und Krankenhaus. Man wird schon aus einem eigentlich zufriedenen Leben herausgerissen, und ich hab eigentlich vorher nicht wirklich einen Bezug gehabt zum Thema Behinderung, weil ich eigentlich wenig Rollstuhlfahrer gekannt hab oder keinen gut gekannt hab. Jetzt hab ich natürlich schon geglaubt nach dem Unfall, irgendwie das Leben ist... nicht vorbei, aber es wird jetzt richtig kompliziert. Also die ganzen coolen Sachen wie Motorrad fahren, am Strand spazieren gehen, die ganzen Sachen – hab ich mir damals eingeredet – die kann ich nicht mehr machen. Aber ich glaub man findet dann Mittel und Wege die Sachen einfach auch teilweise zu kompensieren oder auf andere Art und Weise, halt im Sitzen, zu machen. Und da kann man ganz ein gutes Leben führen damit. Ich glaub schon natürlich, man kann nicht sagen: Man kann wieder alles machen. Ich kann heut auch nicht mehr klettern oder solche Sachen, aber ich glaub so brutal oft bin ich früher auch nicht klettern gegangen. Es sind halt schon ein paar Tage im Jahr, an denen man vielleicht auf etwas verzichten muss, weil man jetzt einen Rollstuhl hat, aber ich, glaub der Großteil bleibt erhalten. Also man verliert nicht achtzig Prozent des Lebens, sondern man verliert maximal zwanzig Prozent, um jetzt irgendeine Zahl zu sagen. Und man muss einfach lernen, dass man das Gute daran sieht: Das ist was mir erhalten geblieben ist, dass ich das zu schätzen weiß, und das hab ich glaub ich ganz gut geschafft.
Freak-Moderatorin: Wie reagiert das Umfeld darauf?
Reinhard Sampl: Fürs Umfeld glaub ich war’s fast schwerer wie für mich selber, weil das Umfeld kann in dem Moment nicht wirklich viel beeinflussen. Die können zwar hinter dir stehen und dir helfen, aber den Weg musst du einfach ganz allein gehen. Und die können dich maximal unterstützen dabei, aber ich glaub darum ist das Umfeld mindestens gleich stark gewesen, sprich Eltern, Freunde und so als wie für mich selber nach meinem Unfall.
Freak-Moderatorin: Was hat sich denn nach dem Unfall für Reinhold Sampl ganz persönlich verändert?
Reinhold Sampl: Ich glaub ich war vor meinem Unfall ein relativ positiver Mensch und hab versucht Ziele zu erreichen und genauso hab ich das dann nach dem Unfall probiert einfach. Ich hab mir einfach kleine Ziele gesetzt, sprich im Reha-Zentrum die kleinen Ziele, dass man lernt selber ins Auto einsteigen, damit Auto fahren, Sachen lernen. Ich hab mir einfach immer Ziele gesetzt, die ich versucht hab step by step zu erreichen und somit meinen Alltag zu vereinfachen. Ja, man wächst mit der ganzen Situation mit. Man braucht eh das erste Jahr um die ganze Situation anzunehmen das allererste Mal und die Sachen zu lernen. Aber ich glaub so richtig groß verändert hat sich jetzt im Nachhinein betrachtet auch nicht wirklich viel. Ich mach halt jetzt die Sachen im Sitzen, manche Sachen nicht mehr, manche Sachen dafür schon noch. Aber ich glaub so nach einem eineinhalb, zwei Jahresrhythmus hat man irgendwie in den Alltag wieder zurückgefunden, den man halt dann im Sitzen verbringt. Die eineinhalb Jahre muss man einfach ganz viel Energie aufbringen und ganz viel Motivation aufbringen um die Schritte zu gehen, die sicher nicht immer leicht waren, keine Frage. Aber ich glaub es ist machbar gewesen und ich glaub ich bin ein gutes Zeichen dafür, dass es auch hinhaut und dass man durchaus ein nettes, vernünftiges Leben führen kann.
Freak-Moderatorin: Sein Lebensmittelpunkt hat sich mit der Firmengründung 2002 zwar zum Großteil nach Innsbruck verlagert, aber im Herzen ist und bleibt er Salzburger. Der Bezug zum Heimatbundesland ist immer noch sehr stark und wenn es seine Zeit erlaubt, fährt er am Wochenende sehr gerne in seine, wie er sie nennt, Homebase in den Lungau.
Gestaltung: Elisabeth Losbichler