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Rubrik: Lesen statt Hören
14. November 2004

"Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen VertreterInnen von Sondereinrichtungen und BefürworterInnen von Integration?

von Walter Lindner

Moderator Walter Lindner:Herr Prof. Schönwiese, sehen Sie das auch so wie unsere Mailschreiberin die Situation betrachtet?

Volker Schönwiese:Ich glaube, sie hat ganz was wichtiges gesagt, was die Frau Direktor, wo sie durchaus richtig diese Dinge auch sagt, aber nicht erwähnt, dass das Selbstbewusstsein von behinderten Kindern sehr stark davon auch lebt, Gelegenheit gehabt zu haben mit nicht behinderten, mit so genannten nicht behinderten Kindern sich auch auseinandersetzen zu können, im Guten und im Schlechten, auch zu lernen, damit Aktivstrategien zu verbinden, was eine der schon wichtigen sozialen Voraussetzungen ist, sich auch am Berufsmarkt und wo auch immer, im Alltag sich bewegt, entsprechend zu bewegen. Das ist ja keinesfalls nur ein Problem der blinden Personen, das ist ja auch für die lernbehinderten Kinder vielfach auch so, die oft aus Klassen herauskommen, weil die Gruppe der Lernbehinderte ist ja die allergrößte in Österreich. Muss man ja auch so sehen: Zwei Drittel der Kinder, die in Sonderschulen sind, sind lernbehinderte Kinder. Die kommen aus Regelklassen heraus, wo sie extreme Schwierigkeiten gehabt haben, kommen in Sonderschulen, haben eine große Entlastung, haben eine großer Erleichterung, fühlen sich entlastet, aber
auf längere Sicht wendet es sich ins Gegenteil wieder, weil sie im Grund genommen in diesem Raum der Sonderschule es diese Reibungsflächen verlieren, mit dieser teilweise auch harten, nicht behinderten Welt, in der man aber auch sehr wohl Freunde finden kann und sich auch selbst auch schützen kann, abgesehen von dem, dass die Sonderschule für sich natürlich auch hierarchisch ist, es gibt auch dort die Guten und die Schlechten, man kann also durch die Sonderschule die Hierarchie als solches nicht abschaffen also ich denke, auf dieser Ebene der Didaktik, wie auch die Direktorin gesagt hat, ist es auch sehr interessant und spannend zwischen Vertretern von Sondereinrichtungen und der Integration zu diskutieren, dort wo es aber darum geht: Sind die nicht blinden Kinder vorhanden oder nicht, da hört sich irgendwo die Diskussion auf,
dort ist es eine Art Entscheidung. Ich seh die Frau Direktor in einer pragmatischen Haltung, dass sie sagt, es gibt Integration, es gibt die Sonderschule, die Eltern sollen entscheiden und damit hat sich die Geschichte, ich selbst entscheide mich eigentlich nicht. Die Politik entscheidet sich schon, würde ich sagen. Wie kann ich mir das sonst erklären, dass die Sonderschule in den letzten zehn Jahren ihre Schülerzahl vermehrt hat und darüber hinaus noch eine Menge Sonder/Regelschulkinder aufgenommen haben, also Geld vorhanden ist für eine Verdoppelung der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit bestimmten Unterstützungen, um was geht es da eigentlich? Ich würde provokant sagen: Es geht um die
Rettung der Sonderschule, die sehr, sehr effizient Lobbying betrieben hat ,trotz des Rechtes der Eltern, Bedingungen geschaffen worden sind, dass die Sonderschulen wohl auch möglichst immer voll sind und da war auch dann der Zusatz, dass man noch andere Kinder, wo die Eltern nicht Ruh geben, halt auch integriert, durchaus auch recht. Teilweise sind die Kinder ja auch in einer Art Verschubbahnhof unterwegs, wo werden sie gebraucht vom System Schule, um Klassen zu retten oder auch nicht, vor allem lernbehinderte Kinder sind ja da in sehr großer Gefahr. Also nochmals zu sagen: Ich denk, dort, wo es sehr konkret wird, wie beraten wir Eltern, wie machen wir Didaktik, da geht auch vieles an
Zusammenarbeit und auch Diskussion, die sehr produktiv ist. Dort, wo es um diese Systemeffekte geht, da hört sich's für mich auf. Ein Beispiel: Zum Beispiel, warum sind in Österreich 8500 Buben in den Sonderschulen und 4800 Mädchen? Ganz im Gegensatz zu den Regelschulen. Was ist denn da für ein Prozess? Das kann mir doch jetzt niemand mehr erklären mit dem, daß die Sonderschulen besser sind für Buben und schlechter für Mädchen sind. Also hier sind viele Effekte unter der hand, die wirken, die auf einer anderen Ebene entschieden werden müssten und auf einer anderen Eben durchgesetzt werden
müssten, sonst, wenn wir auf einer mittleren, unteren ebene diskutieren, dann können wir uns auch schön einigen oder streiten, aber es bleibt letzten Endes Viel offen. Also, was ich schon vor allem einfordere, zu einer rationalen Entscheidung zu kommen, welches System man denn eigentlich will. Systeme einfach nur zu verdoppeln, das ist die schlechteste Lösung, die man sich überhaupt noch vorstellen kann. Und jetzt, nach zehn Jahre Integration in Österreich, muss man feststellen: Es ist gut, dass es <die>
aber insgesamt hat man den schlechtesten Weg gewählt.</die>


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