Inhalt:
.Musik als nonverbales Ausdrucksmedium bei Menschen mit Lernbehinderung
...dann ist es die Musik, die die Rolle einer Sprache einzunehmen vermag und nonverbal zu Menschen durchdringen kann, die sich wiederum ohne Worte Ausdruck verschaffen können - auch dann, wenn eine schwere kognitive Beeinträchtigung scheinbar im Wege steht.
In einem Gespräch mit einer Musiktherapeutin aus Wien soll in dieser Sendung die Bedeutung der Musik als nonverbales Ausdrucks- und Kommunikationsmedium erläutert werden.
Signation
Teaser (Klangaufnahmen musiktherapeutischer Praxisraum)
Moderatorin: Einen schönen guten Abend, herzlich willkommen bei Freak-Radio, am Mikrophon begrüßt Sie diesmal Julia Wolkerstorfer. Was Sie soeben hören konnten, sind Klangaufnahmen aus einem musiktherapeutischen Praxisraum, auf die dann etwas später eingegangen wird. Vorerst aber zur Motivation für diese Sendung: im Mittelpunkt stehen heute Abend Menschen mit (mehr oder weniger) mentaler Behinderung, die auch nicht über die verbale Sprache verfügen. Sei es, dass sie bei ihren Eltern, Angehörigen, in Behinderteneinrichtungen oder in psychiatrischen Einrichtungen leben, ihre Gemeinsamkeit ist die der Sprachlosigkeit, der verbalen Ausdruckslosigkeit - allerdings aber auch nur der verbalen Audruckslosigkeit. Was diese Menschen abgesehen davon - oder gerade deshalb - gemeinsam haben, ist die Situation, dass andere Menschen FÜR sie sprechen, und zwar oft im wahrsten Sinne des Wortes. Dass man sich als Angehöriger, Betreuer, Therapeut, Freund oder Arzt im Zusammenleben und in der Zusammenarbeit mit den Betroffenen ständig in einem Grenzbereich befindet, der sich gerade auf dieses FÜR jemanden sprechen bezieht, steht außer Frage, gerade dann, wenn es sich um erwachsene Menschen handelt...
Musik (free divin´- Ben Lee)
Moderatorin: Die Musik kann als ein nonverbales Ausdrucks- und Kommunikationsmedium gerade bei geistig Behinderten Menschen, die nicht über die verbale Sprache verfügen, eine gute Möglichkeit darstellen, um sich Ausdruck zu verschaffen. Musik IST Sprache, und es ist auch ein menschliches Grundbedürfnis zu kommunizieren und sich auszudrücken. Bei geistig behinderten Menschen kann Kommunikation im Sinne von Ausdruck und Selbstbestimmung oft an ihre Grenzen stoßen. Es wird hierzulande recht viel für geistig Behinderte getan bzw. eingeleitet. Man denke in dem Zusammenhang an betreute Wohngemeinschaften, betreute Eizelwohnungen, Beschäftigungstherapien, geschützte Werkstätten, Freizeitangebote, Therapieangebote, ideologische Konzepte usw.
Doch es gibt auch ein Defizit, was eben die Kommunikation anbelangt. Es ist auf der einen Seite ein unausweichliches Problem bzw eine unausweichliche Sache FÜR geistig Behinderte zu sprechen, doch es kann auf der anderen Seite das Ziel stehen, kommunikative Kompetenzen weitmöglichst zu maximieren, um dem so oft betonten Normalisierungsprinzip oder Konzepten des Empowerment entgegenzukommen - nämlich nicht nur nach aussen, um die Gesellschaft und die Kultur hinsichtlich der Integration und Wahrnehmung von geistig Behinderen als fortschrittlich oder "schön" darzustellen, sondern vor allem nach innen, wo es darum geht, dass eben nach Möglichkeiten gesucht wird, über welchen Weg sich geistig Behinderte eben bestmöglichen Ausdruck verschaffen können.