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.Persönliche Assistenz
Das Auslaufen des Modellversuchs zur Persönlichen Assistenz in Wien war bei vielen behinderten Menschen mit Sorgen verbunden. Man fürchtete einen Qualitätsverlust im Leben, den Arbeitsplatz zu verlieren oder sogar in ein Heim zu müssen. Nun präsentierte Stadträtin Sonja Wehsely die neue Pflegegeldergänzungsleistung. - Bei Freak-Radio diskutierten VertreterInnen aus Politik, Organisationen sowie Betroffene über die Qualität des alten und neuen Modells.
Neben der allgemeinen Zufriedenheit über die Entscheidung, den bisherigen Modellversuch durchzuführen, wurden die damit verbundenen direkten Leistungen für behinderte Menschen als sehr positiv bewertet: So auch die Tatsache, dass persönliche AssistentInnen geregelte Arbeitsverhältnisse hatten und nach individuellen Bedürfnissen eingesetzt werden konnten.
Kritisiert wurde die mangelnde Flexibilität und geringe Wahlmöglichkeit, Assistenzbedarf nach Stunden individuell zu bestimmen. Eine Person mit hohem Assistenzbedarf beispielsweise konnte keine zusätzlichen Stunden einkaufen, wenn sie bereits das Arbeitgebermodell in Anspruch nahm.
Nach dem Arbeitgebermodell ist die behinderte Person selbst Arbeitgeber und somit auch für die komplizierte finanzielle Abwicklung und sonstige Formalitäten verantwortlich. Es werden demnach zahlreiche Kompetenzen vorausgesetzt. - Aufgaben, so die Kritik, die sich für viele Menschen (auch ohne Behinderung) als schwierig erweisen.
Verbesserungen im neuen Modell
Im neuen Modell sollen nun diverse Verbesserungen vorgenommen werden. Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, spricht von einer Erweiterung für die Pflegestufen 3 und 4. Auch die Beschränkung der Anzahl an TeilnehmerInnen ist aufgehoben. Gemeinsam mit der "Selbstbestimmt Leben Bewegung" seien die Kriterien definiert worden, die zur Teilnahme am Modell erfüllt sein müssen. Auch der Pauschalsatz von derzeit 13,73 € wird auf 16 € angehoben.
Claudia Smolik, Behindertensprecherin der Grünen in Wien, zeigt sich beeindruckt vom bisherigen Einsatz der Menschen mit Behinderungen für das Modell. Ob die Stadt Wien schlussendlich hält, was sie verspricht, werde man noch sehen müssen.
Zielgruppe sind ausschließlich Personen mit Körperbehinderung
Für weitere Kritik sorgt die Regelung, nach der Personen mit Sachwalter von der Pflegegeldergänzungsleistung ausgeschlossen sind. Annemarie Srb-Rössler, Obfrau des Vereins BIZEPS und Teilnehmerin des Pilotversuchs meint: Jeder Mensch könne selbstbestimmt leben, es brauche nur individuell unterschiedliche Unterstützungsformen. Eine Person mit Lernschwierigkeiten, die lediglich die Finanzkompetenz an den Sachwalter abgibt, sollte genauso die Leistung des Modells in Anspruch nehmen können.
Karin Praniess-Kastner, Behindertensprecherin der ÖVP Wien, würde sich auch eine Erweiterung des Modells für Menschen mit Sinnesbehinderung wünschen: "Auch blinde Menschen, die alle Kompetenzen des täglichen Lebens haben, sind ausgenommen von der Leistung der Persönlichen Assistenz - und das finde ich sehr schade."
Erschwerend im täglichen Leben sieht Dorothea Brozek, Vorstand der Wiener Assistenzgenossenschaft, die selbst mit persönlicher Assistenz lebt, die Splittung der Persönlichen Assistenz. So ist jene am Arbeitsplatz Kompetenz des Bundes - und jene vor und nach der Arbeitszeit Kompetenz der Länder.
Wie es nun weitergeht…
Allgemein wurden das neue Modell sowie der Schritt zur Persönlichen Assistenz als Regelleistung als eine sehr wichtige und positive Entscheidung beurteilt. Auch die Abkehr vom medizinischen hin zu einem sozialen Modell ist eine bedeutende Veränderung.
Anfang des Jahres 2008 soll das komplette Regelwerk für das Modell feststehen und planmäßig bis 2011 aufrecht erhalten werden. Eine Übergangsregelung soll dafür sorgen, dass die bisherige Leistung bis zur Entscheidung der neuen bezogen werden kann.
Wie die neue Lösung von den Betroffenen aufgenommen wird und ob in Zukunft selbstbestimmtes Leben für alle möglich sein kann, wird sich herausstellen.