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.Portrait einer gehörlosen Studentin
Barbara Hager, Studentin: Ich möchte mich zunächst herzlich für die Einladung von Freak-Radio bedanken.Mein Name ist Barbara Hager, ich studiere selbst Psychologie an der Uni Wien. Ich war in einer hörenden, einer oralen Schule ohne Gebärdensprache – nur mit deutscher Lautsprache und bin erst spät, erst mit zwanzig Jahren, in die »Gehörlose Welt« gekommen. Ich habe Gebärdensprache gelernt. Das ist ein bisschen von meiner Lebensgeschichte. Aber zu dieser Situation möchte ich später noch genauer kommen. Das Wichtigste, was ich Ihnen sagen möchte, ist: Ich studiere Psychologie und bin andererseits in der Bildungsberatung tätig. Gehörlose Personen, die ihre Matura nachholen wollen oder Informationen zu Studienrichtungen benötigen, haben beim Polycollege im fünften Bezirk, in der Volkshochschule Stöbergasse, die Möglichkeit dazu. Ich habe an der Uni Wien über neun Monate bei dem Projekt »Diversity Management« mitgearbeitet. Des Weiteren bin ich Vorsitzende im Verein VÖGS. Das ist die StudentInnenvertretung der österreichischen Gehörlosen. Nebenbei arbeite ich auch noch beim Verein VITA, der sich für die Situation gehörloser Frauen einsetzt. Außerdem bin ich noch in einem Netzwerk tätig, in dem Personen, die im psychosozialen Bereich arbeiten, auch dem Gehörlosenbereich, sich regelmäßig treffen und austauschen. Zwei Mal pro Jahr gibt es große Treffen, bei denen ich auch selbst dabei bin. Auch PsychologInnen, die mit Gehörlosen arbeiten, kommen dort regelmäßig zusammen. Ein Bereich, den ich jetzt noch mitunterstütze, ist wie erwähnt ein Projekt, das wir gerade aufbauen. Wir arbeiten hier mit dem Ministerium, vor allem dem Wissenschaftsministerium, zusammen: »gehörlos erfolgreich studieren«.
Ich habe mein Psychologiestudium vor zirka zehn Jahren an der Universität Salzburg begonnen. Dort habe ich TutorInnen in Anspruch genommen, die ich selbst organisierte, weil Gehörlose im Studium eine Begleitung brauchen. Die Aufgabe der TutorInnen bestand darin, mir die Inhalte der Vorlesungen zu erklären und mir nach der Vorlesung ihre Mitschriften zu zeigen und näher zu bringen. Als ich dann nach Wien übersiedelt bin, war es so, dass es sowohl DolmetscherInnen als auch TutorInnen gab. Ich konnte anfangs die Gebärdensprache nicht, weil ich ohne diese aufgewachsen bin. Ich habe aber dann als erwachsene Frau die Gebärdensprache erlernt und DolmetscherInnen beauftragt. Das wäre mir vorher gar nicht möglich gewesen. Der Unterschied war: Ich bemerkte, dass ich durch das Lernen der Gebärdensprache und meinen Zugang zu den DolmetscherInnen einfach viel mehr Möglichkeiten hatte.
Ich habe eine ganze Reihe von Praktika, zum Beispiel an einer Gehörlosenschule in Linz, absolviert. Ein Jahr lang habe ich auch mit autistischen Kindern gearbeitet sowie in vielen anderen Bereichen Erfahrungen gesammelt. Nun bin ich fast am Ende meines Studiums angelangt und arbeite gerade an meiner Diplomarbeit. Mein Thema: »Emerging Adulthood« (Erwachsen werden). Ich beschäftige mich damit, wie und ob es Unterschiede zwischen Gehörlosen und Hörenden in diesem Bereich gibt, beispielsweise in der Altersgruppe zwischen 18 und 25. Hierbei gibt es schon Erfahrungswerte in Amerika. Ich möchte mir in der Altersgruppe von 18 - 25 anschauen, wie die Lebenssituation der Gehörlosen ist und welche Möglichkeiten sie haben, Bildung zu erwerben.
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