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.Portrait Georg Freund
Also in Amerika hat man begonnen mit Rollstuhl-Langstreckenfahren. Da kamen die Ersten darauf und haben sich gerichtlich erstritten, am New York-Marathon teilzunehmen. Ich habe das in der Zeitung gelesen und habe mir gedacht, ich mache doch auch so lange Distanzen. Warum eigentlich nicht in Österreich?
Und dann kamen die Funktionäre und haben gesagt, das darfst du nicht und dann bist du krank und machst deine Schultern kaputt! Im übrigen: Wenn, dann musst du uns miteinladen, damit wir auch dorthin kommen. (Gelächter) Ja! Und dann gab es Resolutionen, ich darf das nicht machen! Da habe ich mich natürlich nicht unterkriegen lassen und ich habe es gemacht! Und der Erfolg hat mir natürlich Recht gegeben! Es gibt jetzt Veranstaltungen, da sind 100, 10 Rollstuhlfahrer, die einen Marathon betreiben. Und ich war ein Einzelkämpfer... gegen äußersten Widerstand!
Wie haben sich eigentlich die Widerstände der Funktionäre geäußert?
Georg Freund: Ich habe wirklich an mir gearbeitet. Ich war der erste Österreicher, der sich auch Sponsoren gesucht hat, weil die Reisen ganz anders nicht mehr machbar gewesen wäre. Das wurde angkreidet, und es wurde wirklich alles niedergemacht, was ich in die Wege geleitet habe und was heute auch auf dem Behindertensektor eine Selbstverständlichkeit ist! Das kann man nicht und das darf man nicht. Man hat auch gemeint: "Die Behinderten verlieren dann ihr Pfelgegeld, wenn es da so einen Depperten gibt, der quer durch Österreich fährt!" Es hat bis heute kein einziger behinderter Mensch deshalb sein Pflegegeld verloren. Angegriffen wurde ich damals vonseiten der behinderten Menschen, aber vor allem von den Funktionären. Die eigenen Sportler haben es nicht verstanden. Erst als ich aufgehört habe, hat erst die Marathonära der Österreicher begonnen! Heute haben wir in Oberösterreich einen Weltspitzenfahrer, der trotz seiner Tetraplegie eine Medaille nach der anderen absahnt, also: Toll!
Georg Freund: Es ist jetzt abgehakt, ich habe mich dann irgendwann entschlossen, mit dem Sport aufzuhören, ich habe dann 1985 noch eine Österreichrundfahrt gemacht, um mein Buch zu promoten. Ich habe dann langsam abtrainiert. Heute mache ich so zwei, dreimal in der Woche noch eine kleine Trainingseinheit, aber ich bin schon sehr faul geworden, man sieht es auch an der Leibesmitte! (lacht).
Musik
Vom Sport- zur Behindertenszene
Georg Freund: Im anderen Bereich, in der Behindertenszene, habe ich, glaube ich, doch recht viel bewirkt, weil ich es da etwas Gescheiter angegangen habe. Nicht so frontal wie beim Sport, dass ich einfach der "Größte" und der "Beste" war, da habe ich viele vor den Kopf gest0ßen. Danach habe ich immer wieder versucht, etwas unterschwellig unterzubringen. Erstens durch meine Präsenz: Es war halt bei diplomatischen Empfängen ein Rollstuhlfahrer da! Oder dass ich einmal mit dem Bürgermeister Zilf Essen gegangen bin, um wieder einmal etwas weiter zu bringen, oder mit dem Bezirksvorsteher, dem ich auf die Zehen gestiegen bin und ihm gezeigt habe, wo noch ein paar Gehsteigkanten abgeschrägt werden sollten. Durch Kleinarbeit habe ich in den letzten Jahren sehr viel erreicht.
Das gelingt in dem Kreis: Wenn man mit den Leuten zusammensitzt, kann man doch sehr viel weiterbringen, wenn man nicht immer nur fordert!
Es gibt in der Behindertenszene sehr viele Leute, die die anderen vor den Kopf stoßen: Die fordern, fordern, fordern, und dann wird es irgendwann einmal durchgesetzt, und dann wird es nicht angenommen.