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.Premiere "Helver Nacht"
Die neueste Produktion von "Theater Delphin" beschäftigt sich mit dem schmalen Grad zwischen Humanität und dem Kampf um die eigene Existenz. Helver hat eine Lernbehinderung. Er lebt mit seiner Pflegemutter zusammen. Er ist fasziniert von den militärischen Vorgängen auf den Straßen, kann die Ideologie dahinter aber nicht begreifen. Er wird vom Mitläufer zum Verfolgten. Seine Pflegemutter versucht ihn zu retten ...
Über das Stück
Eine kleinbürgerliche Küche in einer europäischen Großstadt. Schreie von Demonstranten auf der Straße. Ein junger Mann stürmt freudig in die Küche und zeigt seine Militärabzeichen und sein Sturmgewehr. Seine Freunde haben das Geschäft des alten Nachbarn angezündet. Er zwingt die Frau auf den Boden und unter den Küchentisch. Sie muss mitmarschieren. Sie droht ihm mit der psychiatrischen Anstalt. Das weist ihn in die Schranken.
Die Frau erzählt die Geschichte ihres Lebens: Sie war glücklich verheiratet. Nach der Geburt eines mongoloiden Babys zerbrach ihr Glück. Dem Ehemann zuliebe brachte sie das Kind in eine Anstalt, der sie trotzdem verließ. Das Kind stirbt. In derselben Anstalt begegnet sie dem debilen Helver und nimmt ihn auf.
Eine aufgebrachte Meute will Helver holen. Sie beschreibt ihm den Fluchtweg. Mit berührender kindlicher Naivität macht sich Helver auf den Weg. Halb totgeschlagen kehrt er zurück. Aus bunten Tabletten bauen sie Bilder, die Helver in eine bessere Welt bringen sollen.
Ein fiktives totalitäres Regime und die Vernichtung vermeintlich minderwertigen Lebens, des Anderen und Kranken, sind die Themen.
Die Arbeit an "Helvers Nacht" bildet eine besondere Herausforderung, denn das Stück zeigt zu einem Teil die historischen Grausamkeiten gegenüber Menschen mit Behinderung im Nationalsozialismus, aber gleichzeitig zeigt es auch zwei Menschen am Rand ihrer Existenz, die alles geben, um ihr Leben miteinander zu gestalten. Genau dieser Aspekt macht dieses Theaterstück so ansprechend. Inmitten der Grausamkeit und der zerstörten Welt präsentiert es zwei Menschen, die einfach versuchen ihr Leben "normal" zu leben, obwohl sie beide mit ihren eigenen Problemen z.B. einer schweren Vergangenheit oder der körperlichen Behinderung zu kämpfen haben.
In dieser faschistisch werdenden Welt, die immer mehr von Hass regiert wird, versuchen sie ihr Leben zu gestalten.Der Umschwung des Hauptcharakters vom Mitläufer zum Opfer des totalitären Regimes ist eine Hauptproblematik des Stücks und zeigt auch für unser heutiges Moralverständnis einige Parallelen auf. Wir sollten immer hinterfragen, ob unser Handeln weiterhin so richtig bleiben kann, wenn sich die Lebensumstände grundlegend verändern, d.h. ob wir so behandelt werden wollen, wie wir andere behandeln. Besonders in der heutigen Zeit, in der blinder Hass wieder zu neuer Stärke gefunden hat, ist es wichtig, dies immer wieder neu für uns zu reflektieren. Genau dafür ist das Theater ja da, um aufzuklären, sozial kritisch die Welt zu betrachten und uns selbst zu hinterfragen. In der Inszenierung will ich ganz stark auf die Menschlichkeit eingehen. Es stehen echte Menschen auf der Bühne, die nicht irgendein Leid spielen, sondern einfach die Geschichte so präsentieren, wie es damals war. Das Stück übertreibt nicht und ist sehr ehrlich. Der Dialog ist immer auch hinterfragend an das Publikum gerichtet und bleibt dabei gnadenlos.
Die Frage, ob wir Menschen einfach vorverurteilen und deswegen anders behandeln, bleibt immer relevant, besonders wenn es um Menschen mit Behinderungen geht. Deswegen ist es sehr wichtig solche Stücke aufzuführen.
Weitere Vorstellungen: 23.-25.3.2017, jeweils 19.30h, „Theater Delphin“, 1020 Wien, Blumauerg. 24