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.Rauch-Kallat: Grundausbildung für Ärzte und Lehrer
Im Gespräch mit Freak-Radio präzisiert Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ihre Pläne für eine Ausbidung von Ärztinnen und Ärzten, aber auch für angehende Lehrer.
Das Interview hat Gerhard Wagner im Rahmen der Freak-Radio-Sendung "Reformen im Gesundheitswesen für behinderte Menschen" geführt, die am 22.8.2004 (WH: am 24.8.) um 20.30 Uhr auf MW 1476 ausgestrahlt worden ist.
Freak-Radio, Gerhard Wagner: Menschen mit Behinderungen berichten von manchen Ärzten, die etwa bei blinden Menschen prinzipiell die Angehörigen, die mitgehen, ansprechen - vielleicht haben Sie mit Ihrer Tochter ähnliche Erfahrungen gemacht? - und andere, etwa Patientinnen im Rollstuhl berichten, dass sie sogar von Ärzten geduzt werden. Bei erwachsenen Menschen würde man sich das eigentlich nicht erwarten.
Es gibt Bemühungen in der medizinischen Ausbildung von Ärzten, eine Sensibilisierung im Umgang mit behinderten Menschen zu forcieren. Wie soll diese aussehen?
BMin. Maria Rauch Kallat: Für mich ist es ganz besonders wichtig, dass behinderte Menschen mit der gleichen Höflichkeit, Freundlichkeit und mit dem gleichen Respekt behandelt werden, den man jedem entgegenbringen sollte. Das bedeutet selbstverständlich auch die Ansprache, das bedeutet die Kommunikation, aber generell genauso wie im pädagogischen Ausbildungsbereich, wo ich der Meinung bin, dass alle Lehrerinnen und Lehrer, egal für welchen Schultyp, eine Grundausbildung in Sonderpädagogik erhalten sollten, wünsche ich mir, dass alle Ärztinnen und Ärzte eine Grundausbildung in Gesprächsführung haben sollten.
Denn ein Arzt, eine Ärztin muss in Kontakt mit ihren Patientinnen und Patienten. Er oder sie muss den mündigen Patienten, die mündige Patientin auch entsprechend mit jeweiligen Informationen versorgen können und den respektvollen Umgang lernen. Sehr wichtige Fragen sind dabei, wie ich mit behinderten Menschen entsprechend respektvoll umgehe oder wie ich ihnen jene Anerkennung zolle, die ihnen gebührt. Das ist allerdings auch eine Generationenfrage: Studentinnen und Studenten, die schon in ihrer Schulzeit mit behinderten Kindern ihre Zeit verbracht haben, werden mit dieser Situation selbstverständlicher umgehen als Menschen, die nie Kontakt zu behinderten Menschen hatten.
Freak-Radio, Gerhard Wagner: Weil Sie die Lehramtsausbildung angesprochen haben: Am Institut für die schulpraktische Ausbildung der Universität Wien gibt es in einigen Übungen der Studieneingangsphase für angehende Lehrerinnen und Lehrer eine Einheit, in der Menschen mit Behinderungen eingeladen werden.
Es ist erstaunlich, wie groß danach die Bereitschaft der Lehramtsstudierenden ist, zu sagen, ja ich kann es mir gut vorstellen, Menschen mit Behinderungen später zu unterrichten. Es gibt sogar einige, die sich vorstellen können, Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten zu integrieren, was für angehende AHS- und BHS-Lehrerinnen und -Lehrer keineswegs selbstverständlich ist.
Es scheint, dass man in diesem Bereich bereits in der Ausbildung zusammen mit Betroffenen sehr viel bewirken könnte...
BMin. Maria Rauch Kallat: Das bestätigt meine Vermutung, die ich immer gehabt habe, dass die Angst vor der integrativen Beschulung, die vor allem Lehrerinnen und Lehrer hatten, auf Unsicherheit im Umgang mit behinderten Menschen beruht, auf der Sorge, ob die Lehrer und Lehrerinnen auch mit dieser Situation umgehen können - und dass dann, wenn man diese Angst durch persönliche Begegnung mildern kann, die Vorbehalte gegen eine integrative Beschulung weitaus geringer werden.