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.Selbstständigkeit: Mut, Weitblick, Chancen und Behinderung
Wie stellen Sie sich einen Unternehmer vor? Dynamisch, kreativ und behindert! Mit einer Behinderung ein Unternehmen aufbauen scheint für viele absolut unvorstellbar. Eine sehbehinderte Tourismusmanagerin, ein Topmanager und ein Trafikant mit Gehbehinderung beweisen das Gegenteil ...
Am 2. April 2009 fand die von der Wiener Wirtschaftskammer und dem AMS initiierte Veranstaltung: " Erfolgreich mit Behinderung?" statt. Im Zentrum der Tagung standen die „Erfolgstories“ von Menschen, die es mit ihrer Behinderung meisterten ein Unternehmen zu gründen. Ziel der Veranstaltung war über Fördermöglichkeiten und Chancen zu informieren. Eine Zusammenschau von Sandra Knopp.
Leistung und Leidenschaft
Bereits in der Eröffnungsrede geht die Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien Brigitte Jank auf die Risiken von Unternehmensgründungen ein, speziell in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Das gilt umso mehr für Menschen mit Behinderung. Der sehbehinderte Manager Julian Hadschieff ist dieses Risiko eingegangen und schildert seinen Aufstieg zum Top-Manager. In seinem sehr engagierten Vortrag betont er wie wichtig es ist behinderten Menschen eine Chance zu geben. Man muss auf die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung vertrauen, meint er. Aber diese sollen auch an ihre besonderen Talente glauben.
Überblick über Förderungen
Otto Jarisch ist in der Abteilung für berufliche Rehabilitation des Bundessozialamtes Wien tätig. Sein Vortrag umfasst Fördermöglichkeiten für selbstständige und unselbständige Menschen mit Behinderung. Selbstständige Unternehmer mit Behinderung sind beispielsweise von der Kommunalsteuer, dem Dienstegeber Beitrag zum Familienausgleichsfond sowie Wirtschaftskammerumlage befreit.
Nähere Informationen hierzu sind auf der Homepage des Bundessozialamte ersichtlich: http://www.bundessozialamt.gv.at/
Wege in ein "neues" Leben
Georg Fraberger ist klinischer Psychologe. Seine Klienten überleben schwere Operationen und Unfälle finden aber nur schwer in die Berufstätigkeit zurück. Nach einer Amputation finden 24-41% der Betroffenen keine Anstellung und müssen bis zu drei Jahren warten. Behinderung ist nach der Meinung des selbst behinderten Psychologen auch „die Chance Talente herauszufinden und sie zu nutzen“. Georg Fraberger ist an beiden Beinen amputiert, auch seine Hände kann er nur eingeschränkt verwenden.
Best-Practice-Beispiele
Barbara Kern führt seit vier Jahren durch ihre Heimat das Salzkammergut. Ihren Erfolg verdankt die sehbehinderte Tourismusmanagerin ihrer Einsatzbereitschaft und der Unterstützung ihres Umfelds. Die leidenschaftliche Autostopperin kritisiert jedoch die fehlenden Informationen über Fördermöglichkeiten und Einrichtungen. Daher fordert sie eine eigene Internetseite, die sämtliche Förderungsangebote in Österreich auflistet.
Claudia Rauch ist blind und arbeitet als Coach. Neben der Tätigkeit als Lehrbeauftragte und Behindertenbeauftragte an der Pädagogischen Hochschule Wien ist sie als Unternehmerin im gesundheitsfördernden, beratenden und Erwachsenenbildungsbereich tätig. Den Mut sich nebenberuflich selbstständig zu machen verdankt sie vor allem der Kooperation mit dem Gründerzentrum sowie der Rückendeckung durch ihre Familie. Ihre unternehmerische Tätigkeit erfüllt sie und ist für sie auch eine Möglichkeit ihren Lebensunterhalt aufzubessern.
Karl Mick erlitt kurz nach dem Beginn seiner Friseurlehre eine Knochenschwäche und ist seitdem zu 50% behindert. Dennoch arbeitet er 60 Stunden die Woche. Der Trafikant schätzt an seiner Arbeit besonders die soziale Komponente.
Die drei Unternehmer sind sich einig, dass vor allem im Versicherungs – und Bankenbereich einiges getan werden muss um Chancengleichheit zu gewährleisten.
Podiumsdiskussion
Herbert Pichler vom ÖGB zeigt sich äußerst erfreut über das Zustandekommen einer solchen Veranstaltung. Dennoch kritisiert er die zu hohen Stehtische am Gang. Diese seien zur Geschäftsanbahnung (von Unternehmern mit Behinderung), äußerst ungeeignet meint er lächelnd und verweist sogleich auf die Wichtigkeit von Kontakten.
Von der SVA für Gewerbetreibende erhofft sich Pichler mehr finanzielle Unterstützung. Georg Urbanek von der SVA wies darauf hin, dass im Jahr 2005 eine barrierefreie Kundenzone eröffnet wurde, um sozialversicherungsrechtliche Fragen an einem Ort klären zu können. „Eine sozialversicherungsrechtliche Besserstellung sei aber Sache der Politik“, meint er. Landtagsabgeordnete (ÖVP) Karin Praniess-Kastner greift dieses Stichwort dankbar auf. Die Aufgabe der Politik liegt ihrer Meinung nach vor allem darin die Bedürfnisse der Betroffenen zu spüren und für einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen zu sorgen. Angesprochen auf den Mangel an Barrierefreiheit im öffentlichen Raum verweist Praniess-Kastner auf die Bauordnung 2005, die zu Barrierefreiheit verpflichtet. Die gesetzliche Übergangsfirst gehe wegen der teils hohen Aufwände für Umbauarbeiten bis zum Jahr 2016.
Elena Missethon vom Gründerinnenzentrum Wien möchte die Betroffenen durch den Jungle an Information führen. Sowohl in punkto Versicherungsschutz, als auch bei der Vergabe von (Klein)Krediten an behinderte Menschen sieht sie Reformbedarf.
Ausblick
Elena Missethon erhofft sich in ihrem Abschlussstatement, dass Barrieren auf dem Weg ins Unternehmertum abgeschafft werden, um Menschen mit Behinderung die Chance zu geben es zu versuchen.
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