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.Stellenwert der Internet-Barrierefreiheit in Österreich
Heidrun Silhavy ist Staatssekretärin im Bundeskanzleramt für Regionalpolitik und Verwaltungsreform
Staatssekretärin Heidrun Silhavy: Sehr geschätzte Damen und Herren!
Sehr gerne habe ich die Einladung angenommen, anlässlich der heutigen Veranstaltung "<A-Tag>07: Barrierefreie Medien" einige Worte an sie zu richten.
In den mir übertragenen Kompetenzbereichen zur Verwaltungsreform fällt unter anderem auch E-Government und da sind wir auch schon mitten in der Thematik, nämlich dem
Stellenwert der Internet-Barrierefreiheit
Der Webauftritt einer Verwaltungsorganisation ist heute deren Visitenkarte.
Auch wenn die wichtigste Kontaktform zur Bürgerin und zum Bürger das persönliche Gespräch ist, stellen heute die Internet-Angebote der Behörden quasi auch ein Schaufenster und Eintrittstor für Bürgerinnen und Bürger dar. Vielfach bestimmt also die Qualität des Webangebotes den ersten Eindruck.
Ein wichtiges Qualitätskriterium ist deshalb die Zugänglichkeit öffentlicher Webseiten, sie hat für die österreichische Verwaltung insgesamt und für das Bundeskanzleramt im Speziellen hohe Priorität. Das zeigt sich einerseits in der gesetzlichen Verankerung entsprechender Zielsetzungen bzw. Anforderungen und andererseits an den Unterstützungsmaßnahmen sowie den laufenden Optimierungsaktivitäten in der Verwaltung.
Rechtsrahmen
Die Verankerung eines spezifischen Diskriminierungsverbotes im Artikel 7 der Bundesverfassung wird die Bedeutung der Barrierefreiheit deutlich: Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich dazu, behinderte und nicht behinderte Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens gleich zu behandeln.
Also: Webangebote müssen daher für alle Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne Hilfe nutzbar sein (§ 6 Abs. 5 Behindertengleichstellungsgesetz). Eine weitere Konkretisierung nehmen die Bestimmungen des E-Governmentgesetzes vor, sie beziehen sich speziell auf Webangebote von Behörden:
Die Verpflichtung, barrierefreien Zugang zu behördlichen Internetauftritten für Menschen mit Einschränkungen bis 1. Jänner 2008 umzusetzen, ist gesetzlich verankert (§ 1 Abs. 3 E-GovG). Weitere Festlegungen treffen das Zustellgesetz sowie die Zustelldiensteverordnung (§ 30 Abs. 5 ZustG, § 3 Abs. 1 Z 10 ZustDV). Als Rechtsmittel im Zusammenhang mit einer Diskriminierung steht betroffenen Menschen eine Klage bei den ordentlichen Gerichten offen, dieser ist ein Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt obligatorisch vorgelagert (§ 10 Abs. 2 BGStG).
Chancengleichheit bedeutet auch Barrierefreiheit
Internationale Standards über die Web-Zugänglichkeit (WAI-Leitlinien ), Richtlinien oder gesetzliche Vorgaben sind bedeutsame Messgrößen, jedoch nicht die ursächliche Motivation für die laufenden Aktivitäten. Es geht in erster Linie darum, Webangebote zur Verfügung zu stellen, die von allen Menschen in gleicher Weise einfach, rasch und komfortabel genutzt werden können.
Was setzen wir nun ganz aktuell an Aktivitäten? Wie sie wissen, ist mir das Thema Chancengleichheit und Barrierefreiheit ein persönliches Anliegen und dennoch will ich vorweg doch einige Feststellungen treffen:
In der österreichischen Verwaltung engagieren sich zahlreiche Organisationen sehr erfolgreich im Bereich der Barrierefreiheit von Webangeboten: Beispielsweise erfüllt der Amtshelfer HELP.gv.at seit 2005 höchste Zugänglichkeitsanforderungen. Aktuelle Bestätigung dafür ist die Auszeichnung von HELP.gv.at mit dem goldenen BIENE-Award (HELP-Auszeichnungen). Auch bei allen anderen Webauftritten des Bundeskanzleramtes wird besonderes Augenmerk auf die Barrierefreiheit der Inhalte gelegt.
Ein Service ist zum Beispiel, dass wichtige Inhalte auch als Video in Österreichischer Gebärdensprache angeboten werden. An einer weiteren Optimierung der Zugänglichkeit der BKA-Webangebote wird aktuell im Rahmen eines Relaunchs aktiv gearbeitet.
Ich schaue jetzt zum Herrn Ladstätter hinüber: Das hat einen Hintergrund. Denn wir hatten anlässlich der Feiern »10 Jahre HELP.gv.at ein kurzes Gespräch. Er hat mich gefragt: »Frau Staatssekretärin, haben Sie sich schon einmal das [Rechtsinformationssystem] RIS angeschaut?«
Ich habe es natürlich noch nicht unter diesem Aspekt angeschaut und bin ziemlich rasch in unserem Büro zur entsprechenden Stelle gegangen. Dort hat man mir versichert, dass der entsprechende Relaunch bis zum Jahresende durchgeführt wird. Ich habe mir jetzt alle technischen Details angeschaut. Ich weiß, dass das nicht einfach ist, aber ich weiß, dass die Kollegen und Kolleginnen wirklich heftig daran arbeiten - und wir werden es schaffen!
Vielleicht - es steht mir zwar nicht zu , aber ich habe mich in der Zwischenzeit schlau gemacht, wie es denn in anderen Bereichen der Verwaltung aussieht: Ich komme immer wieder darauf, dass speziell in kleineren Gemeinden die Frage des Webangebots insgesamt und dann auch vor allem des barrierefreien Webangebots nicht so selbstverständlich ist. Aber als ein positives Beispiel kann man durchaus die Inselseite der Stadt Wien bezeichnen.
Neue Fakten zum Thema barrierefreie Webangebote der öffentlichen Hand liefert der Endbericht zur Erhebung Barrierefreiheit 2007: Die von Februar bis Juli 2007 durchgeführte Erhebung ist eine gemeinsame Initiative der Bundesministerien und ermittelte den Status quo betreffend die Barrierefreiheit von Webangeboten innerhalb der österreichischen Bundesverwaltung. 94 Prozent durchschnittlicher Erfüllungsgrad des zugrunde gelegten internationalen Standards für barrierefreie Webinhalte (WCAG 1.0 Stufe A) ist Nachweis dafür, dass barrierefreie Webangebote in zahlreichen Organisationen einen hohen Stellenwert einnehmen. Die Ergebnisse bestätigen einerseits, dass sich die österreichische Verwaltung auf einem sehr guten Weg befindet. Andererseits müssen auch weiterhin noch notwendige Verbesserungen mit Engagement realisiert werden.
Ich habe aus diesem Grund nochmals eine Information gemeinsam mit dem Städtebund und dem Gemeindebund an jede Bürgermeisterin/jeden Bürgermeister geschickt. Darüber hinaus organisiert über meine Initiative das Bundeskanzleramt in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Konsumentenschutz am 26. November 2007 unter dem Titel "Online ohne Ausnahme" einen Tag der Barrierefreiheit im Internet. Entscheidungsträger der Verwaltung und andere Anbieter umfassender Webauftritte sind sehr herzlich dazu eingeladen. Im Rahmen dieser Veranstaltung werden bestehende Initiativen und Unterstützungsmöglichkeiten für die Umsetzung von barrierefreien Webangeboten präsentiert und zum Erfahrungsaustausch eingeladen.
Weiters wurde in der aktuellen Evaluation der Bedarf an Weiterbildung zum Thema Zugänglichkeit von Web-Angeboten identifiziert. Das Bundeskanzleramt erarbeitete deshalb in intensiver Abstimmung mit Barrierefrei-ExpertInnen zielgruppen- und bedarfsorientierte Weiterbildungsangebote im Bereich von barrierefreiem Webdesign und Online Redaktion. Diese Workshops werden als Unterstützungsmaßnahme für eine weitere Optimierung der öffentlichen Webangebote als Bestandteil des E-Governmentprogrammes an der Verwaltungsakademie des Bundes angeboten.
Menschen mit Behinderungen stellen an die Informations- und Kommunikationstechnologie besondere Anforderungen. Die Vielfältigkeit an besonderen Bedürfnissen führt dazu, dass zahlreiche und sehr unterschiedliche Aspekte in die Gestaltung von Webangeboten einzubeziehen sind. Wo barrierefreie Webangebote noch nicht im wünschenswerten Ausmaß umgesetzt sind, ergibt sich dringender Handlungsbedarf. Barrierefreiheit ist ein kontinuierlicher Prozess, in dem ein Schritt auf den anderen Schritt folgen muss.
Eine moderne Verwaltung - wie jene in Österreich - bietet ihre Leistungen im Internet an und gestaltet diese so, dass sie für alle Menschen einfach, schnell und komfortabel zugänglich sind. Zentrales Anliegen ist es, weiterhin intensiv an Verbesserungen der barrierefreien Gestaltung von Webangeboten zu arbeiten. Das ist eine permanente Aufgabe, die dann erfolgreich ist, wenn wir alle gemeinsam dazu beitragen.
In diesem Sinne möchte ich mich auch für die heutige Veranstaltung bedanken, denn ich bin sicher, dass sie ein weiterer Schritt und ein guter Beitrag zur Barrierefreiheit von Webseiten und Netzangebote der Österreicherinnen und Österreicher sind.
Ich möchte vielleicht abschließend hinzufügen: Ich muss Sie leider wieder verlassen. Das war aber bereits zum Zeitpunkt, wo wir das Referat ausgemacht haben, schon bekannt, dass ich leider weitere Termine habe. Ich werde mir wahrscheinlich noch das nächste Statement anhören können, dann bitte ich Sie, mich zu entschuldigen. Es ist nicht Desinteresse. Aber seitens des Bundeskanzleramtes sind wir hier bestens vertreten. Frau Mag. Heike Wagner Leimbach wird Ihnen heute den ganzen Tag für Anfragen, für Beschwerden, die sie haben, zur Verfügung stehen. Ich darf Ihnen für Ihre heutige Veranstaltung viel Erfolg wünschen - und uns allen eine möglichst barrierefreie Webzukunft!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Applaus)
Eva Papst: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin! Vor allem dafür, dass es Ihnen ein großes Anliegen ist, die Sache zu unterstützen! HELP.gv.at gehört sicher zu jenen Seiten, die man mit 94 Prozent gut betiteln kann. Andere sind da vielleicht nicht so weit. Aber wir sind auf einem guten Weg, wie Sie gesagt haben.
(Ergänzende Transkription: Gerhard Wagner, www.freak-online.at)