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Steuern sparen mit Behinderung
Signation Freak-Radio
Christoph Dirnbacher: Guten Abend bei Freak-Radio wünscht Ihnen Christoph Dirnbacher. Wir sprechen heute über das Thema "Steuern und Behinderung". Neben mir, im Studio hat Herr Franz Nagl Platz genommen. Herr Nagl, Sie sind Mitarbeiter der Fachgruppe für Lohnsteuer im Bundesministerium für Finanzen. Könnten Sie unseren Hörern kurz Ihren Werdegang schildern, so dass man auch einen Eindruck gewinnt, wer da heute vor dem Mikrofon sitzt.
Franz Nagl,BMF: Einen schönen guten Abend auch von mir. Ich bin derzeit im bundesweiten Fachbereich Lohnsteuer tätig. Meine Aufgabe besteht darin, die Kolleginnen und Kollegen in den Finanzcentern in Lohnsteuerangelegenheiten zu unterstützen - das ist eben mein derzeitiger Job. Früher war ich bei einigen Finanzämtern tätig und habe mich dort auch unter anderem mit Lohnsteuer beschäftigt. Jetzt betreue ich - wie gesagt - Österreichweit mit anderen Kollegen und Kolleginnen die Finanzbeamten in Lohnsteuersachen.
Christoph Dirnbacher: Sie und Ihre Kollegen machen Ihre Arbeit offensichtlich sehr gut. Das Steueraufkommen ist so hoch wie selten zuvor. Die Österreicher haben im Jahr 2007 rund 21 Milliarden Euro an Lohn- und Einkommensteuer entrichtet. Fangen wir vielleicht mal mit den "Basics" an: Herr Nagel, wer ist denn überhaupt lohnsteuerpflichtig?
Franz Nagl,BMF: Lohnsteuerpflichtig ist grundsätzlich jeder, der in Österreich seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das heißt, jemand, der eine Wohnung in Österreich hat oder sich längere Zeit - länger als 183 Tage - in Österreich aufhält, ist grundsätzlich steuerpflichtig, somit auch lohnsteuerpflichtig.
Christoph Dirnbacher: Jetzt kursieren da die verschiedensten Begriffe: da hört man immer wieder von einer Einkommensteuererklärung, die abzugeben sei und von einer Arbeitnehmerveranlagung. Können Sie dem Zuhörer, der vorher noch nie sich im Detail mit solchen Dingen beschäftigt hat, den Unterschied zwischen diesen beiden - doch sehr wichtigen - Begriffen ein wenig erläutern?
Franz Nagl,BMF: Grundsätzlich zahlen alle natürlichen Personen - alle Menschen in Österreich - Einkommensteuer: sie unterliegen dem Einkommensteuergesetz. Es gibt nur den einen Unterschied: den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, einschließlich Pensionisten wird ein vereinfachtes Verfahren angeboten. Sie zahlen unter anderem eben Lohnsteuer und wenn sie beim Finanzamt eine Erklärung einreichen, - im Regelfall um Geld zurückzuerhalten - dann ist es eben die Arbeitnehmerveranlagungserklärung, das Formular L1. Wenn jemand neben seinen lohnsteuerpflichtigen Einkünften andere Einkünfte von mehr als 730 Euro im Jahr bezieht, dann hat er die Einkommensteuerveranlagung mit dem Formular E1 zu verwenden. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ich neben meiner Tätigkeit als Finanzbeamter als Vortragender für das WIFI oder für das BFI arbeiten würde: dann wären das selbständige Einkünfte und ich müsste das Formular E1 verwenden. Aber die Masse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird mit dem Formular L1, mit der Arbeitnehmerveranlagung das auch mal empfinden.
Christoph Dirnbacher: An dieser Stelle ist es vielleicht wichtig auch die Tatsache zu erwähnen, dass für die Einkommensteuer alle Einkunftsarten - es gibt glaube ich insgesamt 7, wenn ich richtig informiert bin - zusammenaddiert werden müssen. Das heißt, dieses "steuerfrei dazuverdienen" - das immer wieder gern zitiert wird - gibt es in diesem Sinne nicht, wenn ich Sie richtig interpretiert habe.
Franz Nagl,BMF: Ja, so ist es. Irgendwo, in den Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher drängelt es: ich darf ja etwas dazuverdienen. Das sind diese ominösen 10.000 Schilling oder die derzeitigen 730 Euro. Dies gilt - wie gesagt - nicht, wenn ich zwei Tätigkeiten habe, die lohnsteuerpflichtig sind. Dann wird es eben am Jahresende zusammengezählt und es kommt eben auch in diesen Fällen regelmäßig zu Nachzahlungen. Also da gibt es keine steuerfreie Zuverdienstgrenze, wenn ich lohnsteuerpflichtige Einkünfte beziehe.
Christoph Dirnbacher: Gibt es eine Faustregel für die Berechnung der Einkommensteuerschuld? Wenn sich jemand gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat oder auseinandersetzen will - wie kann der in etwa einschätzen, wie viel Nachzahlung am Ende des Jahres auf ihn zukommen wird? Welche Schritte muss er setzen, um das herauszufinden?
Franz Nagl,BMF: Die einfachste Steuer wäre - eine ganz leicht nachvollziehbare. Die haben wir derzeit leider nicht.
Auf einen Blick kann man es auch nicht wirklich ausrechnen, - wie es früher geheißen hat – man kann jedoch als Faustregel ein drittel abziehen. Es ist aber sehr, sehr unsicher. Es gibt immer wieder Möglichkeiten, sich aus dem Internet - auch über die Finanz-Homepage zum Beispiel - einen Rechner zu besorgen. Dort kann man ganz genau die Steuer auch berechnen.
Christoph Dirnbacher: Wenn ich jetzt das Formular für die Einkommensteuererklärung oder für die Lohnsteuererklärung vor mir liegen habe, so tauchen da die verschiedensten Begriffe auf, die einem Normalverbraucher die Haare zu Berge stehen lassen - da lese ich von Absetzbeträgen, Freibeträgen. Können Sie uns diese zwei Grundbegriffe einmal auseinander dröseln? Ich denke, es wäre auch wichtig, weil wir später noch mehr darauf eingehen werden.
Franz Nagl,BMF: Wenn jemand Ihnen anbietet, 100 Euro Absetzbetrag oder 100 Euro Freibetrag, so nehmen Sie auf jeden Fall den Absetzbetrag. Der Absetzbetrag bedeutet nämlich - jeder Euro Absetzbetrag bringt auch einen Euro mehr in die Geldbörse. Es gibt z.B. einen Alleinverdienerabsetzbetrag oder einen Alleinerzieherabsetzbetrag und da ist jeder Euro tatsächlich spürbar. Freibeträge vermindern die Lohnsteuerbemessungsgrundlage und von dieser verringerten Bemessungsgrundlage wird dann die Steuer berechnet. Und da hängt es wieder davon ab: verdiene ich sehr viel, wird der Prozentsatz, den mir der Freibetrag bringt, wesentlich höher sein, als wenn ich wenig verdiene.
Christoph Dirnbacher: Das heißt kurz und gut: der Freibetrag vermindert den Betrag, von dem ich Steuern zahle und der Absetzbetrag vermindert mir die Steuer direkt.
Franz Nagl,BMF: Genau, so ist es. Vielleicht noch kurz; bei den Freibeträgen - die werden regelmäßig auch beantragt - sind zu erwähnen: die Werbungskosten, die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen.
Christoph Dirnbacher: Davon werden wir später noch sehr viel mehr hören. Zunächst mal zu einem anderen - auch für Menschen mit Behinderungen - sehr wichtigen Thema, nämlich der so genannten „Negativsteuer“. Menschen, die im Monat weniger, als 1.127 Euro brutto verdienen, können sich vom Finanzamt bis zu 110 Euro zurückholen - was hat es damit genauer auf sich?
Franz Nagl,BMF: Ja, es ist so: für aktive Personen, also für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also nicht für Pensionisten - darauf muss man hinweisen - gilt folgendes: wenn das Einkommen so gering ist, dass keine Einkommensteuer, keine Lohnsteuer anfällt, dann erhalten die 10% der Sozialversicherungsbeiträge - maximal 110 Euro im Jahr - erstattet. Das braucht man nicht gesondert beantragen. Wenn man die Veranlagung beantragt beim Finanzamt, - im Regelfall mit dem Formular L1 - und es trifft zu, lauft das automatisch. Wichtig ist nur, dass wir darauf hinweisen: ab 2008 und im Jahr 2009 gibt es eine höhere „Negativsteuererstattung“, und zwar immer dann, wenn ich im Jahr 2008 oder 2009 Anspruch auf das Pendlerpauschale gehabt habe. Da geht es um die Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte: dann erhalte ich nämlich statt dem 10% sogar 15% - maximal 240 Euro an „Negativsteuer“ zurück, also 15% von den Sozialversicherungsbeiträgen - maximal 240 Euro.
Christoph Dirnbacher: Damit wären wir am Ende des ersten Teils angelangt. Nach der kurzen Pause machen wir dann mit den außergewöhnlichen Belastungen weiter.
MUSIK
Christoph Dirnbacher: Ein sehr wichtiges Thema im Bezug auf den Steuerausgleich sind die sogenannten außergewöhnlichen Belastungen. Herr Nagl, können Sie uns vielleicht kurz erläutern, was hinter diesem Begriff steckt.
Franz Nagl,BMF: Bei außergewöhnlicher Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes - geregelt ist es im § 34 - gibt es folgendes zu beachten: Wann ist etwas abschreibbar? - dann, wenn dieser Aufwand einem zwangsläufig erwächst, das heißt, ich kann mich aus tatsächlichen rechtlichen oder sittlichen Gründen dieses Aufwands nicht entziehen. Mal angenommen, mein Sohn entschließt sich, in Wien zu studieren. Ich komme aus Oberösterreich und bin aus rechtlichen und sittlichen Gründen verpflichtet, ihm dieses auswärtige Studium zu ermöglichen - der Aufwand ist daher absetzbar.
Der zweite Punkt: der Aufwand muss nämlich außergewöhnlich sein. Das heißt, andere Steuerpflichtige mit gleichen Einkommensvermögens- und Familienverhältnissen haben diesen Aufwand nicht. Also nicht jeder Sohn eines 48 Jährigen oder 49 Jährigen studiert auswärts. Und bei einigen außergewöhnlichen Belastungen - nicht bei allen - muss der Aufwand meine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, das heißt es kommt dort ein Selbstbehalt, der sich nach dem Einkommen richtet, zum Abzug. Dies gilt aber nicht für alle: vor allem auch bei bestimmten behinderungsbedingten Aufwendungen gibt es keinen Selbstbehalt, der abgezogen wird.
Christoph Dirnbacher: So zum Beispiel bei den Krankheits- und Kurkosten - wenn ich es richtig in Erinnerung habe.
Franz Nagl,BMF: Da muss man unterscheiden. Grundsätzlich kommt auch bei Krankheits- und Kurkosten der Selbstbehalt weg. Wenn aber eine Behinderung besteht, - auf die werden wir noch später zu sprechen kommen - dann nicht. Grundsätzlich ist es bei den Krankheitskosten so: Sie können es beim Formular auf der zweiten Innenseite ausfüllen - da gibt es einen Punkt: Krankheitskosten, Kennzahl 730 - falls jemand es ausfüllt. Dort fallen grundsätzlich darunter: Arztkosten, Krankenhaushonorare, die Zuzahlungen zum Beispiel bei Krankenhausaufenthalten, Medikamentenkosten, oder auch diese Zahlungen, die man alles als Selbstbehalt leisten muss – Rezeptgebühren; Aufwendungen für Heilbehelfe, wie zum Beispiel für Brillen, Kontaktlinsen; Kosten für Zahnbehandlungen, Zahnersatz bis hin zur Zahnprothese, zu Zahnregulierung für Kinder. All diese Kosten fallen unter diesen Punkt: Krankheitskosten.
Christoph Dirnbacher: Immer vorausgesetzt natürlich, dass die Aufwendungen nicht von der Krankenkasse oder von anderer Stelle erstattet wurden. Also ich kann es mir nicht von der Krankenkasse refundieren lassen und es dann noch einmal absetzen.
Franz Nagl,BMF: Genau, man zählt alle Kosten zusammen, zieht alle Ersetze ab - was die Krankenkasse bezahlt hat oder auch eventuell eine private Krankenversicherung bezahlt hat - und der Restbetrag, der mich tatsächlich belastet, kommt dann unter diese Kennzahl 730 in das Formular hinein. Vielleicht noch wichtig: wenn jemand Diät halten muss, dann kann er auch die Kosten für diese krankheitsbedingte Diät steuerlich absetzen. Dafür gibt es bestimmte Pauschalsätze - weil es ja schwer wäre, die tatsächlichen Mehrkosten nachzuweisen. Bei Diabetes ist es zum Beispiel ein monatlicher Freibetrag von 70 Euro, der aber auch grundsätzlich vom Selbstbehalt betroffen ist – das heißt, auf Grund des Einkommens wird das ganze verkürzt. Es sei denn, ich bin behindert – also ich habe da eine bestimmte Behinderung nachzuweisen.
Christoph Dirnbacher: Wer ist denn behindert im Sinne des Steuerrechts?
Franz Nagl,BMF: Behindert im Sinne des Steuerrechts sind Personen, die eine mindestens 25%-ige Behinderung haben – da spricht man von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit, - das täuscht manchmal. Das gilt aber genauso gut für Kinder wie auch für ältere Menschen; ab 25% Behinderung ist man also begünstigt behindert im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Wenn die Diät mit diesem Leiden zusammenhängt, wird eben kein Selbstbehalt mehr abgezogen. Dann wäre aber diese Zuckerdiät auf der dritten Seite zu beantragen - dort sind die außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderungen angeführt. Da schreibt man eben hinein, wie hoch der Prozentsatz der Behinderung ist und man kreuzelt an, welche Art von Diät man benötigt.
Christoph Dirnbacher: So weit ist alles klar. Wenn man das Formular vor sich liegen hat, gibt es im Bezug auf außergewöhnliche Belastungen noch andere Dinge, die man Ihrer Meinung nach unbedingt erwähnen sollte?
Franz Nagl,BMF: Es gibt eine ganz große Palette noch. Es fallen zum Beispiel Kosten für Kuraufenthalte darunter, soweit das ganze medizinisch indiziert ist; das heißt, entweder wird es vom Arzt bescheinigt, aber meistens ist es so, dass die Krankenkasse einen Teil übernimmt und so bald die Kasse einen Teil der Kosten übernommen hat, geht auch das Finanzamt davon aus, dass das ganze eben tatsächlich notwendig gewesen ist und somit ist das ganze abschreibbar. Abschreibbar ist die Anfahrt zum Kurort, weiters die ganzen Kuranwendungen und auch die Unterbringung und die ganze Logie dort. Allerdings wird hier eine so genannte Haushaltsersparnis abgezogen - 5,23 Euro pro Tag - deswegen, weil man in der Zeit, wenn man auf Kur ist, zu Hause den ganzen Haushalt spart.
Christoph Dirnbacher: Das heißt, das Finanzamt zieht das ab, was ich zu Hause gegessen hätte.
Franz Nagl,BMF: Das kann man so sagen.
Christoph Dirnbacher: Vorher ist das Stichwort gefallen: der Grad der Behinderung, der Grad der Erwerbsunfähigkeit. Wer stellt einen solchen fest? Wo muss ich hingehen, um einen solchen mir bescheinigen zu lassen?
Franz Nagl,BMF: Es gibt verschiedene Stellen, aber für die Masse der betroffenen Personen ist das Bundessozialamt zuständig. Beim Bundessozialamt kann man den Antrag stellen und die stellen eben den Grad der Behinderung fest. Dabei muss man unterscheiden: erreicht man dort eine 50%-ige Behinderung oder eine noch höhere Behinderung, dann erhält man vom Bundessozialamt einen Behindertenpass - das ist so ein orange Ausweis. Erreicht man diese 50% nicht, kriegt man zwar vom Bundessozialamt eine Abweisung, aber in diesem abweisenden Bescheid wird auch mitgeteilt, wie hoch wirklich der Grad der Behinderung ist. Wenn es mindestens 25% sind, dann gibt es dennoch beim Finanzamt bereits steuerliche Absetzungsmöglichkeiten.
Christoph Dirnbacher: Wenn jetzt jemand Pflegegeld bezieht, kann er sich ja dieses - doch recht aufwendige - Verfahren unter Umständen ersparen, weil das Finanzamt ohnehin davon ausgeht, dass der Grad der Behinderung ausreicht. Stimmt es?
Franz Nagl,BMF: Es ist so: auf Grund dieser Einstufung gibt es einen Freibetrag, der sich nach dem Grad der Behinderung richtet. Der ist zum Beispiel bei einer Behinderung von 25 bis 34% 75 Euro im Jahr, und geht hin ab 95% Behinderung bis zu 726 Euro im Jahr. Wenn jetzt ganzjährig Pflegegeld bezogen wird, dann steht dieser Freibetrag nicht zu. Also aus dem Titel müsste ich mich nicht darum bemühen. Neben diesem prozentuellen Freibetrag gibt es jedoch auch die Möglichkeit, mit diesem Leiden zusammenhängende Kosten für Medikamente zum Beispiel oder für Hilfsmittel wie Rollstuhl oder Hörgerät abzuschreiben. Und wenn man jetzt mindestens zu 25% behindert ist, dann wird in diesen Fällen kein Selbstbehalt abgezogen und da spielt auch das Pflegegeld keine Rolle. Daher ist es für viele Menschen trotzdem wichtig diesen Nachweis zu erhalten, weil eben auch Aufwendungen die mit diesem Leiden zusammenhängen, ohne Selbstbehalt abschreibbar sind. Und wie gesagt, - noch einmal - das sind im Wesentlichen die Kosten für Medikamente für dieses Leiden und eben für Heilbehelfe oder Hilfsmittel, wie Rollstuhl, Hörgerät usw.
Christoph Dirnbacher: Das wäre meine nächste Frage gewesen; gibt es - von dem abgesehen, was Sie eben beschrieben haben - Punkte, auf die ich aufpassen muss, wenn ich Pflegegeldbezieher bin und an meiner Steuererklärung arbeite? Gibt es da Fallen, die man möglichst vermeiden sollte?
Franz Nagl,BMF: An und für sich, - wenn man es auf die richtige Seite des Formulars schreibt – nicht. Das ist in dem Fall die rechte Innenseite des Formulars: der Punkt „außergewöhnliche Belastungen bei Behinderungen" - dort schreibt man den Prozentssatz der Behinderung rein. Wenn man eine Diät benötigt, braucht man nur ein Kreuzerl bei der jeweiligen Diät machen und man muss angeben, in welchen Monaten in dem Jahr Pflegegeld bezogen wird. Und wenn man ganzjährig Pflegegeld bezieht, dann gibt es eben diesen prozentuellen Freibetrag nicht. Aber, die jeweilige Diät ist abschreibbar, wenn man da die Kennzahl 476 verwendet, - das ist die Kennzahl, bei der die Hilfsmittel und die Kosten für Heilbehandlungen berücksichtigt werden, die mit dieser Behinderung zusammenhängen. In dem Fall schreibt man das dort hinein und die Anlage macht es automatisch richtig. Hätte ich aber beispielsweise Aufwendungen für Medikamente, die nicht mit dem Leiden zusammenhängen, also Aspirin oder Zeckenschutzimpfung, dann gehört das nicht auf der „behinderungsbedingte" Seite eingetragen, sondern auf der Seite zwei bei den „allgemeinen Krankheitskosten". Die werden aber wiederum um Selbstbehalt gekürzt.
Christoph Dirnbacher: Wie hoch ist hier der Selbstbehalt, in etwa?
Franz Nagl,BMF: Das kann man nicht sagen, weil das ganze eben vom Einkommen her zu berechnen ist. Da spielt auch die Anzahl der Kinder eine Rolle, ob man Alleinverdiener ist oder nicht. Aber der Selbstbehalt - würde ich sagen, aber das ist nur wirklich bei jemandem, der 40 Stunden Job hat - ist doch relativ hoch und der bewegt sich ca. bei 1.000-2.000 Euro im Jahr. Wie gesagt, das muss man aber in Einzelfällen anschauen.
Christoph Dirnbacher: Das ist der Fall nur bei dem Beispiel, - das Sie eben genannt haben - dass jemand wirklich 40 Stunden arbeitet.
Franz Nagl,BMF: Ja, genau.
Christoph Dirnbacher: Herr Nagl, ein- vor allem für Eltern - sehr wichtiges Thema sind die Absetzbeträge für Kinder mit Behinderung. Was gibt es denn da im Besonderen zu beachten?
Franz Nagl,BMF: Wenn das Kind zwischen 25 und 49% behindert ist, dann gibt es prinzipiell die gleichen Absetzungsmöglichkeiten wie für Erwachsene. Mit Ausnahme: es gibt keinen Freibetrag für ein KFZ in diesem Fall. Das kann dann die Mutter oder der Vater beantragen und man findet hier die Rubriken auf der dritten Seite des Formulars bei L1 - behinderungsbedingte Aufwendungen für Kinder. Wenn das Kind zu 50% oder mehr behindert ist, dann hat man Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe, das heißt ich erhalte für dieses Kind zusätzlich noch zu normaler Familienbeihilfe erhöhte Familienbeihilfe. Und auf Grund des Bezugs der erhöhten Familienbeihilfe steht mir für dieses Kind ein monatlicher Freibetrag von 262 Euro zu. Allerdings da gibt es dann zusätzlich nichts mehr für Diät usw., weil der Freibetrag ohne dies schon sehr hoch angetragen ist. Was man dabei beachten muss; wird für das Kind Pflegegeld bezogen, dann ist das Pflegegeld von diesem Freibetrag, von 262 Euro in Abzug zu bringen.
Wenn das Kind in einer behinderten Schule oder in einer behinderten Werkstätte untergebracht ist, dann sind zusätzlich die Kosten für diese behinderte Schule oder die behinderte Werkstätte absetzbar - allerdings auch wieder unter Anrechnung des Pflegegeldes. Was es zusätzlich jedenfalls in diesem Fall gibt, das sind Kosten der Heilbehandlung, also wieder Kosten, die mit diesem Leiden unmittelbar zusammenhängen - es gehört im Antrag unter der Kennzahl 471 hinein - oder wenn ich für dieses Kind Hilfsmittel wie einen Rollstuhl benötige. Ebenfalls die behindertengerechte Ausstattung der Wohnung, wenn ich zum Beispiel breitere Türen brauche, wenn ich im Bad Umbauarbeiten auf Grund einer neu eingetretenen Behinderung habe - all diese Kosten werden dann noch zusätzlich absetzbar.
Christoph Dirnbacher: Das gilt aber auch für Erwachsene, wenn ich das jetzt richtig interpretiert habe.
Franz Nagl,BMF: Genau, die behindertengerechte Adaptierung gilt genau so bei erwachsenen behinderten Menschen.
Christoph Dirnbacher: Wichtig noch, - da sind Sie mir vorher entkommen - wenn ich das richtig in Erinnerung habe, so kann man sich, wenn man Pflegegeld bezieht, die Feststellung des Grades der Behinderung unter Umständen ersparen, weil das Finanzamt ohnehin davon ausgeht, dass diese bei 100% läge. Ist es korrekt?
Franz Nagl,BMF: Aus steuerlicher Sicht ist es dann immer notwendig sich gesondert einstufen zu lassen, weil ab Bezug von Pflegegeld davon ausgegangen wird, dass diese Behinderung vorliegt und dann sind eben von diesen, - mit diesem Leiden zusammenhängenden - Aufwendungen keine Selbstbehalte mehr abzuziehen. Generell braucht man eigentlich nicht genau zu wissen, wie hoch der Selbstbehalt ist; - ich würde mal sagen - wenn ich den Aufwand gehabt habe, dann schreibe das rein. Ist der Selbstbehalt höher, dann wird es durch das Finanzamt mit Bescheid ohne dies mitgeteilt und darin wird auch der tatsächliche Selbstbehalt ausgewiesen.
Christoph Dirnbacher: Das heißt, für denjenigen, der die Arbeitnehmerveranlagung oder Steuererklärung macht, ist es eigentlich nicht so wichtig, wie hoch der Selbstbehalt im Detail ist.
Franz Nagl, BMF: Genau, ich würde jetzt das nicht selbst ausrechnen, sondern da würde ich mich wirklich auf das System beim Finanzamt verlassen.
Christoph Dirnbacher: Sie verlassen sich auf Ihre Kollegen.
Franz Nagl, BMF: Ja.
Christoph Dirnbacher: In diesem Sinne werden wir wieder eine kurze Unterbrechung machen um dann in den dritten Teil einzusteigen, in dem es vorwiegend um das Thema Mobilität - ein in den Zeiten steigender Benzinpreise doch echt wichtiger Themenkreis - gehen wird.
MUSIK
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Christoph Dirnbacher: Herr Nagl, ich habe versucht, Ihren Ausführungen so gut wie nur möglich zu folgen. Angenommen, ich sitze zu Hause mit meiner Steuererklärung, ich habe mir das Steuerhandbuch 2008 besorgt und kenne mich trotzdem hinten und vorne nicht aus - ich weiß nicht, wo und was ich hineinschreiben soll von den Dingen, die wir gerade diskutiert haben. Wohin darf ich mich dann vertrauensvoll wenden?
Franz Nagl, BMF: Jedes Finanzamt hat ein Infocenter. Dieses Infocenter ist von Montag bis Donnerstag von 7.30 bis 15.30 und am Freitag von 7.30 bis 12.00 Uhr erreichbar. Dort kann ich entweder anrufen und erhalte Informationen oder ich kann selbst dort hinkommen. Es gibt aber auch über die Finanzhomepage unter www.bmf.gv.at die Möglichkeit, im Internet nachzuschauen - da gibt es umfangreiche Informationen auch zu den einzelnen Themen - die kann ich es dort abrufen.
Christoph Dirnbacher: Gibt es Dinge, die man beim Ausfüllen der Steuererklärung beachten sollte?
Franz Nagl, BMF: Ja, auf der ersten Seite bitte die Versicherungsnummer unbedingt angeben - das ist die zentrale Drehscheibe. Wenn ich meine Versicherungsnummer hineinschreibe und mein Arbeitgeber die auch verwendet, dann finden alle Daten, die für die Verarbeitung notwendig sind, sehr rasch zusammen. Das funktioniert dann für mich als Bürger schnell - im Regelfall erwarte ich dann vom Finanzamt eine Erstattung. Was auch wichtig ist; auf der ersten Seite die Anzahl der Bezugsauszahlenden Stellen anzugeben- die sollte nach Möglichkeit stimmen. Wenn ich da reinschreibe: ich habe drei Stellen gehabt und es waren nur zwei, dann schaut der Computer jede Nacht nach und wartet auf den dritten Lohnzettel. Und so wie es sich mit dem Taxi ergibt - es kommt nicht, kommt nicht, kommt nicht - es dauert dann sehr lange, bis ich beim Finanzamt anrufe oder bis der Finanzbeamte diese Liste abarbeitet. Umgekehrt ist es genau so schlecht: ich schreibe dort hinein, es waren zwei und tatsächlich waren es drei Stellen. In dem Fall erhalte ich sehr schnell einen Bescheid, wenn aber der dritte Lohnzettel kommt, erhalte ich den nächsten Bescheid - nämlich einen Wiederaufnahmebescheid - und ich muss wieder etwas nachzahlen. Es wäre somit sehr unangenehm - also daher sollte diese Anzahl wirklich korrekt sein. Was auch noch wichtig ist, wenn ich Alleinverdiener bin, dann dieses Kreuzerl auch auf der ersten Seite beim Alleinverdienerabsetzbetrag zu machen - denn ansonsten wird es nicht berücksichtigt, ich muss dann unter Umständen dagegen berufen und das wäre sehr unangenehm. Dies wären die ganz wichtigen Dinge, die jedenfalls beachtet werden sollten - aus meiner Sicht.
Christoph Dirnbacher: Ich danke für ein höchst interessantes Gespräch und sage auf Wiederhören, bis zum nächsten Mal. Am Mikrofon verabschiedet sich Christoph Dirnbacher.
Christoph Dirnbacher: Willkommen zurück zu einer Freak-Radio Sendung zum Thema „Steuern und Behinderung". Neben mir sitzt nach wie vor Franz Nagl - er ist Mitarbeiter der Fachgruppe Lohnsteuer im Bundesministerium für Finanzen. Herr Nagl, in Zeiten steigender Benzinpreise kommt dem Thema Mobilität - vor allem auch für Menschen mit Behinderung - steigende Bedeutung zu. Welche Möglichkeiten gibt es jetzt hier steuerliche Vergünstigungen geltend zu machen; Stichwort Pendlerpauschale?
Franz Nagl, BMF: Da muss ich ein bisschen weiter ausholen: Unabhängig davon, ob ich behindert bin oder nicht, gibt es eben das Pendlerpauschale. Das ist ja auch in den letzten Jahren mehrmals erhöht worden, auf Grund der steigenden Treibstoffpreise - und auch die öffentlichen Verkehrsmittel werden ja immer wieder teurer. Diese Pendlerpauschale steht einmal grundsätzlich dann zu, wenn ich weiter als 20 km zu Arbeit fahren muss und das öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann. Wenn ich kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen kann, weil ich zum Beispiel als Bäcker um 2 Uhr in der Früh am Land überhaupt keine Verbindung habe oder die Fahrzeit sehr, sehr lang ist, - dann gibt es die Möglichkeit, bereits bei einer Wegstrecke über 2 km das so genannte "große Pendlerpauschale" zu beanspruchen. Nähere Details findet man hier am Formular L34 - das ist der Antrag auf Pendlerpauschale. Den sollte man grundsätzlich beim Arbeitgeber einreichen, damit der diese Aufwendungen berücksichtigen kann. Und wenn ich jetzt zum Beispiel zu den behinderten Menschen zurück komme: wenn jemand das öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen kann, weil es ihm nicht zumutbar ist - das trägt das Bundessozialamt unter Anderem in den Behindertenausweis als Zusatzeintragung ein- oder wenn ich diesen 29B Straßenverkehrsordnungsausweis habe, - es sagt niemandem etwas, aber das ist dieser blauer Rollstuhlfahrer, den man öfter in den Autowindschutzscheiben vorfindet - dann ist das der Nachweis, dass ich gehbehindert bin, dass ich das öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen kann und somit steht mir auf jeden Fall das "Große Pendlerpauschale " zu.
Christoph Dirnbacher: Davon abgesehen gibt es ja auch Abschreibmöglichkeiten für das eigene KFZ bzw. Taxi, die doch - wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe - bei 153 Euro monatlich liegen, das heißt nicht so niedrig sind, dass man sie außer acht lassen sollte.
Franz Nagl, BMF: Sie sind ein Steuerinsider, Sie wissen den Betrag auf den Cent genau; 153 Euro pro Monat. Wenn ich eben jetzt das öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen kann und diese Bescheinigung vom Bundessozialamt oder eben diesen 29B STVO Ausweis mit dem blauen Rollstuhlfahrer habe, dann steht mir, für mein eigenes Fahrzeug - das Fahrzeug muss auf mich zugelassen sein - Pauschale von monatlichen Freibetrag von 153 Euro zu, und zwar unabhängig, ob ich Pflegegeld erhalte oder nicht.
Wenn ich jetzt kein eigenes KFZ verwende, dann kann ich bis zu diesem Betrag von 153 Euro monatlich Taxikosten beanspruchen. Wichtig dabei: die Belege brauche ich der Steuererklärung nicht beilegen, ich muss aber zu Hause diese Belege haben und im Bedarfsfall bei den Taxikosten das beim Finanzamt auch nachweisen können.
Christoph Dirnbacher: Das gilt aber für alle Belege, soweit ich informiert bin. Das heißt, das Finanzamt will nicht mehr jeden Zettel mitgeschickt haben - sehr wohl aber jede Zeit Einsicht nehmen können.
Franz Nagl, BMF: Genau, so ist es. Seit die Steuererklärung auch über das Internet online eingereicht werden kann, - und da kann ich ja auch nichts beilegen, zumindest nicht wirklich einfach derzeit - hat man gesagt; auch derjenige, der die Papiererklärung einreicht wird gleich behandelt. Grundsätzlich sollten also keine Belege beigelegt werden. Wenn das Finanzamt etwas benötigt, dann meldet sich es schriftlich oder telefonisch und ersucht eben um Vorlage der Belege.
Christoph Dirnbacher: Das war es auch schon zum Thema Mobilität. Im vierten und letzten Teil der heutigen Sendung werden wir uns damit beschäftigen, was zu tun ist, wenn es Probleme bei der Steuererklärung gibt.