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.Stolperstein "Körperliche Eignung"
Erneut ist in einer Verordnung der Begriff "körperliche Eignung" aufgetaucht, der im Vorjahr in vielen Gesetzen wegen Diskriminierung beseitigt wurde. Demnach werden es Studierende mit Behinderung, die an Pädagogischen Hochschulen studieren wollen, schwer haben.
Die Europäische Union und auch die Republik Österreich haben in den letzten Jahren mit zahlreichen gesetzlichen Initiativen versucht, die berufliche Gleichstellung für Menschen mit Behinderung durchzusetzen. Das war nicht immer einfach.
Österreich ist anders
Lange Zeit war es etwa in Österreich umstritten, ob Lehrerinnen und Lehrer an Schulen diese formale Eignung aufweisen müssen. Während Lehrer in anderen Staaten mit Unterstützung ähnlich der "Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz" (die es seit einigen Jahren auch in Österreich gibt und die es vielen behinderten Menschen ermöglicht hat, ihre Fähigkeiten in einem Beruf einzubringen) unterrichten, ist dies an Österreichs Schulen noch immer anders.
Zwar wurde im Juni 2006 das Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz nachgereicht: Dieses hatte den Begriff "geistige" oder "körperliche Eignung" für vielen Berufsgruppen, vor allem auch im Bildungsbereich gestrichen. Obwohl diese Begriffe Menschen mit Behinderungen diskriminieren, hat sich deren Vermeidung in Österreich noch nicht durchgesetzt. In anderen Europäischen Staaten (etwa Frankreich, besonders vorbildlich ist hier jedoch Großbritannien: siehe externen Link) können auch LehrerInnen mit Behinderungen unterrichten.
Dass die Uhren in Österreich anders gehen, beweist eine aktuelle Verordnung; mit nachteiligen Folgen für all jene, die gerne Lehrerinnen oder Lehrer an Pflichtschulen werden wollen.
Zulassungsvoraussetzungen an Pädagogischen Hochschulen:
Plötzlich wieder nur mit "körperlicher Eignung"?
In der aktuellen "Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über die Zulassungsvoraussetzungen an Pädagogischen Hochschulen (Hochschul-Zulassungsverordnung ? HZV)" finden sich im Paragraph 3 gleich zwei Stellen, die dazu führen können, dass Menschen mit Behinderungen nicht zugelassen werden dürfen:
Im § 3. (1) 2. wird von "die für die Ausübung des Lehrberufes ... erforderliche Sprech- und Stimmleistung" gesprochen.
Mit dem Bundes-Behindertengleichstellungs-Gesetz 2006 war auch die Gebärdensprache gleichgestellt worden.
Doch diese Passage von 2007, wenn sie nicht entschärft wird, verschließt Menschen, die mit Gebärdensprache kommunizieren, den Zugang zum Lehrberuf. Die Pädagogischen Hochschulen bilden nicht nur Volks- und Hauptschullehrende aus, sondern auch Lehrer und Lehrerinnen an Sonderschulen. Wie weisen LehrerInnen, die in Gebärdensprache unterrichten, ihre Stimmleistung nach? Wie soll es nach dieser Verordnung möglich sein, dass gehörlose LehrerInnen gehörlose Kinder unterrichten?
Auch für bewegungsbehinderten Menschen gibt es in der aktuellen Verordnung neue Hürden: So soll etwa auch eine Rollstuhlfahrerin, die zum Lehrberuf geeignet wäre, im § 3. (1) 3 b die festgelegte fachliche Eignung, nämlich "die körperlich-motorische Eignung für die Bachelorstudien zur Erlangung des Lehramtes für Volksschulen und für Sonderschulen" nachweisen.
Erste Reaktionen
Explizit wird hier der Begriff "körperliche Eignung" noch verschärft, indem in dieser Verordnung von "körperlich-motorischer" Eignung gesprochen wird.
Nun gibt es einige Unterrichtsstunden, die dem Sport an Volksschulen und Sonderschulen gewidmet sind. Daraus aber in jener Verordnung abzuleiten, dass auch diese von behinderten Lehrern geleistet werden müssten und diese daher grundsätzlich zum Lehrberuf nicht geeignet wären, wird von vielen Betroffenen als diskriminierend abgelehnt.
Warum können etwa jene Sportstunden nicht im Outssourcing-Verfahren, wie es im modernen Management üblich ist, von anderen übernommen werden? Unsere Gesellschaft ist in hohem Maße arbeitsteilig. Warum soll die Schule hier Ausnahmen machen?
Und warum kann in einer Klasse nicht auch in Gebärdensprache unterrichtet werden? In vielen anderen Staaten der Europäischen Union dürfen auch behinderte Menschen Lehramt studieren, Lehrerinnen und Lehrer mit Behinderung sind dort kein Thema mehr (vgl. etwa Großbritannien). Warum ist das in Österreich noch immer nicht vorstellbar?
Der Behindertensprecher der ÖVP, Franz-Joseph Huainigg vermutet in diesem Zusammenhang, dass die Verordnung über die Zulassungsvoraussetzungen an Pädagogischen Hochschulen "in alte Zeiten" zurückzuführe, in denen "der Lehrerberuf behinderten Menschen versagt wird."
Freak-Online und Freak-Radio werden weiter über die Situation von behinderten Menschen berichten, die Lehrer werden wollen.