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Studienkarrieren ohne Barrieren
Sind Studierende mit Behinderung tatsächlich gleichgestellt?
Diese Frage hat Gerhard Wagner von Freak-Radio im ORF-Kultur zwei betroffenen gehörlosen Studierenden, Lena Schramek und Sigo Bachmayer sowie einer Vertreterin des Unterrichtsministeriums, Lucie Bauer, gestellt.
Freak-Moderator: Von 6. bis 9. März 2008 läuft in der Wiener Stadthalle die Berufsinformationsmesse . Wir haben dies zum Anlass genommen, uns die Situation von behinderten Studierenden näher anzusehen. Die heutige Sendung trägt den Titel »Studienkarrieren ohne Barrieren?«. Guten Abend bei Freak-Radio sagt Gerhard Wagner.
Seit mehr als zwei Jahren gibt es nun das Gleichstellungsgesetz, das es Menschen mit Behinderungen ermöglichen soll, ihre Bürgerrechte wahrzunehmen. Doch wie sieht es für Menschen mit Behinderungen an den Universitäten aus? Und welche Chancen haben sie an pädagogischen Hochschulen? Ein Schwerpunkt der heutigen Sendung wird die Ausbildung von Lehrern sein. Außerdem beschäftigen wir uns mit der Situation gehörloser Studenten.
Welche Möglichkeiten haben sie, welche Möglichkeit haben sie, Lehrveranstaltungen zu verstehen bzw. mitzuschreiben? Wie sieht der Alltag im Studium aus? Darüber wollen wir in der heutigen Sendung aus dem ORF KulturCafé sprechen. Ich begrüße Frau Lena Schramek, sie ist Lehramtsstudierende an der Akademie für bildende Künste. Frau Schramek, was hat Sie dazu bewogen, ein Lehramtsstudium zu ergreifen und wie ist es Ihnen dabei ergangen?
Lena Schramek: Ich wollte ein Lehramtsstudium besuchen, weil ich gewusst habe, dass es für gehörlose StudentInnen sehr schwierig ist, wirklich ein Lehramt zu bekommen. Das heißt, was ich wollte, war in erster Linie eine ordentliche und nicht eine außerordentliche Studentin zu sein und ich weiß, dass die Bildungssituation gehörloser Kinder nicht optimal ist. So war es mein Ziel, sie wirklich gut zu fördern und ich wollte sie in Gebärdensprache fördern und deshalb war die Motivation außerordentlich groß, an der Akademie für bildende Künste meine Ausbildung zu beginnen.
Freak-Moderator: Sie sind Studentin an der Akademie für bildende Künste. Sie absolvieren ein Lehramtsstudium, weshalb Sie auch Lehrveranstaltungen an der Universität Wien besuchen. Welche Fächer möchten Sie später unterrichten?
Lena Schramek: Mein Hauptfach ist bildnerische Erziehung und ich habe textile Gestaltung als Zweitfach. Das heißt, ich nehme an der Akademie und auch an der Universität teil. An der Universität sind es vor allem die pädagogischen Fächer, an denen ich teilnehme. In erster Linie ist es eben die bildende Kunst.
Freak-Moderator: Die Lehramtsstudien in Österreich sind zweigeteilt. Die Ausbildung für die allgemein bildenden höheren Schulen und die berufsbildenden höheren Schulen läuft an den Universitäten. Jene für die Pflichtschullehrer und -lehrerinnen an den pädagogischen Hochschulen. Da hat sich ein bisschen etwas geändert. Ich begrüße dazu Frau Lucie Bauer vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. Sie sind nicht nur für die pädagogischen Hochschulen zuständig, sondern Sie sind auch zuständig für die Integration von behinderten Studierenden.
Lucie Bauer: Ich bin zuständig für Sonderpädagogik und Integration von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen und natürlich habe ich in diesem Zusammenhang auch mit den pädagogischen Hochschulen zu tun, die ja tatsächlich, wie Sie schon gesagt haben, eine große strukturelle Änderung erfahren haben. Seit vergangenem Herbst, (1. Oktober 2007) hat die formale Umwandlung der pädagogischen Akademien in pädagogische Hochschulen stattgefunden. Diese haben gegenüber der früheren Ausbildung eine Reihe von Veränderungen und Verbesserungen gebracht.
Zum einen, etwas Formales, aber ich denke dieser Aspekt ist sehr wichtig: Das Lehramtsstudium für LehrerInnen an Pflichtschulen, das heißt für Volksschul-, Hauptschul- oder SonderschullehrerInnen wird jetzt mit einem Bachelor of Education abgeschlossen, so dass es hier eine Gleichstellung gibt zu den Bachelorausbildungen an den Universitäten. Darüber hinaus verfügen die pädagogischen Hochschulen im Gegensatz zu früher über eine weitgehende Autonomie. Dieser wird durch bestimmte Gesetze und Verordnungen schon ein Rahmen gegeben.
Freak-Moderator: Sind Ihnen schon Studierende mit Behinderungen aus den pädagogischen Hochschulen bekannt? Gibt es bereits erste Beispiele?
Lena Schramek: Wir haben diesbezüglich Recherchen durchgeführt. Wie gesagt, die neue Ausbildung hat ja erst im vergangenen Herbst begonnen und bis jetzt sind uns noch keine Anmeldungen bekannt. In diesem Studienjahr hat es noch keine Studierenden mit Behinderungen gegeben, die sich für ein Lehramtsstudium angemeldet haben.
Freak-Moderator: Ich möchte nicht zu sehr auf den zweiten Teil vorgreifen, dennoch gehe ich davon aus, dass es erwünscht wäre, dass sich auch behinderte Studierende melden und vielleicht könnte man auch in dieser Radiosendung darauf hinweisen: All jene, die das studieren bzw. studieren möchten und eine Behinderung haben, sollen sich trauen, an die pädagogischen Hochschulen zu kommen und dort die Aufnahmsprüfungen zu versuchen.
Ich komme im zweiten Teil wieder auf Sie zurück. Wir werden dann unter anderem über das Gleichstellungsgesetz sprechen. Nun möchte ich mich aber Herrn Sigo Bachmayer zuwenden. Er studiert an der Universität in Linz. Herr Bachmayer, was studieren Sie?
Sigo Bachmayer: Ich studiere Soziologie und bin momentan im 5. Semester. Ich kann bislang nur fünf Lehrveranstaltungen besuchen, weil es immer wieder Hürden, aufgrund der Dolmetschsituation, gegeben hat. Die Situation ist sehr, sehr schwierig bezüglich der Finanzierung. Die Situation ist leider noch immer nicht geklärt, im Moment liegt das alles im Wissenschaftsministerium. Die Entscheidung ist noch offen.
Freak-Moderator: Was bedeutet das ganz konkret?
Sigo Bachmayer: Ich habe schon einen außerordentlichen Antrag eingebracht, insgesamt ist es schon ein ganzer Packen an Anträgen, die ich schon gestellt habe. Diese sind gerade eben in Bearbeitung. Ich habe sie im Dezember eingebracht und im Moment warte ich noch auf ein Ergebnis und ich würde mich freuen, wenn ich bald hier eine positive Entscheidung erfahre, weil dann kann ich mein Studium an der Universität Linz noch mehr intensivieren.
Freak-Moderator: Das heißt, Sie bekommen nicht die Unterstützung im Studium die Sie bräuchten, um das Studium frist- und zeitgerecht weiterzubringen?
Sigo Bachmayer: Ja, das kann man durchaus so sehen. Im Moment ist es ein Rückstand für mich.
Freak-Moderator: Ich würde aber gerne noch bei Ihnen bleiben, ich weiß, dass Sie auch Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten von Amerika haben und möchte daher etwas darüber erfahren: Wie war das damals und wie ist es im Vergleich dazu in Österreich?
Sigo Bachmayer: Ja, das mache ich gerne. Ich habe an der New Yorker University ein Filmstudium gemacht, habe mich dort angemeldet, habe dann auch gleich bekannt gegeben, dass ich gehörlos bin. Dann habe ich eine E-Mail bekommen, dass ich mich persönlich melden muss für das Interpretment Service und bin dorthin gekommen und habe gleich einen Termin für ein Informationsgespräch bekommen. Sie konnten mich so kennen lernen. Wir haben alle Formalitäten besprochen und ich habe mich natürlich auch in amerikanischer Gebärdensprache unterhalten.
Bei diesem Termin haben sie gesehen, dass meine ASL-Kenntnisse ausreichend sind, ich bekam ein umfassendes Dolmetschservice zur Verfügung gestellt. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass das ohne Bürokratie oder diverse Hürden von statten gegangen ist. Ich habe für jede Lehrveranstaltung für die gesamte Zeit meines Studiums GebärdendolmetscherInnen mit dabei gehabt.
Wenn ich diese Situation mit Österreich vergleiche: Natürlich hätte ich gerne für mich die gleichen Bedingungen, die eben in New York an der University positiv waren, um auch hier mein Studium gut machen zu können. Im Moment habe ich hier wirklich große Probleme und für mich ist es sehr, sehr schwierig, das Studium unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu absolvieren.
Freak-Moderator: In den USA, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, war es so, dass die Universität Ihnen die Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung gestellt hat, die Sie gebraucht haben. Das war kein Problem, Sie sind einfach hingegangen, und haben das bekommen, was Sie brauchten. Wie ist das in Österreich?
Sigo Bachmayer: In Österreich ist es im Moment so, ich bin ganz normal an der Universität inskribiert, ich muss aber selber für die Dolmetschorganisation aufkommen, ich muss diverse Ämter- und Behördenwege erledigen, zum Beispiel bei der Landesregierung für Soziales, in der Sozialabteilung einen Antrag einbringen, auch beim Bundessozialamt habe ich einen Antrag eingebracht. Ich habe mich bei anderen Einrichtungen, wie zum Beispiel beim Institut für integriertes Studieren, erkundigt, auch bei der Hochschülerschaft war ich. Ich könnte noch Vieles aufzählen.
Freak-Moderator: Das heißt, während in den USA die Universität auch für die finanzielle Abwicklung zuständig war, ist es in Österreich so, dass Sie für die Finanzen verantwortlich sind und Sie sich die Ressourcen selbst besorgen?
Sigo Bachmayer: Exakt, ganz genau!
Freak-Moderator: Frau Schramek, wie läuft der Alltag in Ihrem Studium ab? Wo liegt der Unterschied zwischen Ihnen und anderen Studierenden? Was brauchen Sie speziell, was können Sie vielleicht besser als andere?
Lena Schramek: Der Alltag an der Universität: ich betrete die Universität und es ist so, dass die Leute keinerlei Ahnung davon haben, dass ich gehörlos bin und somit mache ich zuallererst eine Aufklärung. Bei Lehrveranstaltungen oder diversen anderen Veranstaltungen muss ich jemanden fragen oder bitten, ob er für mich die Mitschriften erledigt. Ich bekomme dann die Unterlagen.
Wenn zum Beispiel ein Professor, eine Professorin noch vieles dazu ergänzt und erklärt, dann muss ich sagen, dass ich nicht 100% verstehen kann. Ich brauche ganz einfach eine Dolmetscherin, um dem zur Gänze folgen zu können und das organisiere ich mir dann auch.
Freak-Moderator: Sie brauchen auch Mitschriften. Es gibt dazu verschiedene Modelle: Die technische Universität in Wien bietet beispielsweise ein Service an, bei dem TutorInnen Mitschriften für behinderte StudentInnen anfertigen. Gibt es so etwas Ähnliches auch in Ihrer Studienrichtung?
Lena Schramek: TutorInnen gibt es an meiner Universität nicht. Das heißt ich muss immer KollegInnen fragen, ob sie sich dazu bereit erklären. Wir sind eine sehr kleine Gruppe von Studierenden. Bei uns ist es so, dass die ProfessorInnen sehr kreative Menschen sind und immer wieder Neues unterrichten. Es gibt keine vorgefertigten Skripten, wie wir sie von der Hauptuni kennen. Das heißt, wenn ich irgendwo hin komme, dann ist alles völlig neu und wir müssen die Dinge immer erkämpfen. Ich brauche die DolmetscherInnen auch, um mich dabei zu unterstützen.
Freak-Moderator: Wir haben jetzt gerade von Herrn Bachmayer gehört, dass er Schwierigkeiten hat, genau die Stunden zu bekommen, die er braucht. Wie ist das bei Ihnen?
Lena Schramek: Das Budget, das wir vom Fonds Soziales Wien zur Verfügung gestellt bekommen, ist dazu gedacht, dass wir unsere DolmetscherInnen zahlen können. Das ist ein Witz. Mit diesem Budget ein Studium zu absolvieren, das geht nicht. Wir können uns mit diesem Budget vielleicht zwei Lehrveranstaltungen dolmetschen lassen. Was soll ich mit dem Rest machen? Ja, mit diesem Budget würde ich 15 oder 20 Jahre brauchen, bis ich mein Studium absolviert habe und bis dahin wäre ich wahrscheinlich eine alte Frau. Das heißt, wir bräuchten da natürlich ein viel größeres Budget, damit wir pro Semester mehr Lehrveranstaltungen besuchen und damit unsere Studien in einer angemessenen Zeit absolvieren könnten.
Freak-Moderator: Die Zahl von gehörlosen Studierenden in Österreich ist relativ gering. Es ist jetzt erst möglich, weil es GebärdendolmetscherInnen gibt und das Potential wäre eigentlich wesentlich größer. Haben Sie eigentlich an Ihren Universitäten auch Kollegen, die gehörlos sind oder sind Sie die einzigen?
Lena Schramek: An meinem Institut gibt es natürlich unterschiedlichste Bereiche und im Spezialgebiet der bildnerischen Erziehung, das ist ein kompliziertes Studium, da bin ich alleine. Im Bereich des textilen Gestaltens habe ich eine gehörlose Studierende kennengelernt, aber sonst gibt es niemanden.
Freak-Moderator: Im Unterrichtsfach bildnerische Erziehung sind Sie alleine und im Bereich textiles Gestalten hatten Sie eine Kollegin?
Lena Schramek: Diese Kollegin hat nicht Lehramt studiert. Im Lehramtsstudium der bildnerischen Erziehung bin ich tatsächlich die Einzige.
Freak-Moderator: Herr Bachmayer, wie ist das bei Ihnen?
Sigo Bachmayer: In meiner Studienrichtung Soziologie bin ich im Moment der einzige Gehörlose. Es gibt aber noch einen zweiten Studenten in Linz, der ein Informatikstudium absolviert. Der ist kurz vor dem Abschluss und ich habe ihn auch gefragt, warum wir uns nicht zusammensetzen um uns gemeinsam etwas zu überlegen, um hier gemeinsam aufzutreten bzw. zu kämpfen. Aber er meinte, er hat keine Kraft mehr, er ist schon viel zu müde und möchte jetzt nur noch sein Studium abschließen.
Für mich ist es aber ein so hoher Aufwand, fast schon ein Nebenjob, mich hier zu informieren und mich einzusetzen. Am Anfang war es für mich natürlich eine sehr, sehr schwierige, eine sehr neue Situation. Aber ich habe wirklich alles daran gesetzt, um hier mit öffentlichen Stellen mehr und mehr Kontakt aufzubauen. Ich habe regelmäßig DolmetscherInnen im Rahmen meiner Möglichkeiten eingesetzt und auch mit den Professorinnen und Professoren gibt es ein gutes Einvernehmen. Mittlerweile ist meine Situation als gehörloser Studierender bekannt.
Musik
Freak-Moderator: Sie hören Freak-Radio auf Mittelwelle 1476, eine Sendung aus dem ORF-Kulturcafé »Studienkarrieren ohne Barrieren«. Ich möchte jetzt gerne zur Thematik Gleichstellung und gesetzliche Bestimmungen kommen. Seit ungefähr zwei Jahren gibt es das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und dazu gibt es auch ein entsprechendes Begleitgesetz, das in der Umgangssprache auch oft Bündelgesetz genannt wird.
Kurz nach Beschluss des Gleichstellungsgesetzes wurden bestehende Gesetze durchforstet, um herauszufinden, welche Bestimmungen in den Gesetzen dem Gleichstellungsgesetz nicht entsprechen. Eine ganze Reihe von Gesetzen wurden entdeckt, angefangen mit dem Beamtendienstrechtsgesetz über Landeslehrerdienstrechtsgesetze, Sänitätsgesetze, etc. Insgesamt waren es 19 Gesetze, die man am 13. Juni 2006 geändert hat. Hauptsächlich ging es damals darum, diskriminierende Begriffe wie »körperliche Eignung« durch andere Begriffe zu ersetzen.
Im Jahr 2007 ist allerdings im Unterrichtsministerium eine Novelle, die Verordnung der Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über die Zulassungsvoraussetzungen an pädagogischen Hochschulen, Hochschulzulassungsverordnung, kurz HZV, erlassen worden. In diesem Text fanden sich wieder Begriffe wie »erforderliche Sprech- und Stimmleistung«, die im §3 genannt sind, oder »körperlich-motorische Eignung« für Bachelorstudien zur Erlangung des Lehramts an Volks- und Sonderschulen. Lucie Bauer, das ist nach der Verabschiedung des Bundesgleichstellungsbegleitgesetzes passiert. Wie ist es zu erklären, dass solche Bestimmungen immer noch auftauchen?
Lucie Bauer: Sie haben das schon angesprochen, diese Bestimmungen beziehen sich auf LehramtskandidatInnen, die eine Ausbildung zur Volks- oder SonderschullehrerIn machen wollen. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht wichtig darauf hinzuweisen, Volks- und SonderschullehrerInnen arbeiten in einem Klassenlehrersystem. Das heißt hier gibt es keinen Fachunterricht, so wie in der Hauptschule, sondern die Volks- oder SonderschullehrerIn muss alle Unterrichtsgegenstände abdecken können. Deshalb hat man den Passus der körperlichen Voraussetzungen in der HZV drinnen gelassen.
Freak-Moderator: Nun ist es aber so, dass an Volksschulen auch die Turn- oder ReligionslehrerInnen nicht unbedingt die gleichen LehrerInnen sein müssen, wie die KlassenlehrerInnen. Wäre es nicht denkbar, dass man, um Gleichstellung zu ermöglichen, gewisse Ausnahmen in der Unterrichtssituation herstellt, sodass auch Mensch, die eine Behinderung haben in gleicher Weise wie alle anderen unterrichten können. Gibt es Überlegungen, die in diese Richtung gehen?
Lucie Bauer: Dafür muss ich eine kleine Richtigstellung vornehmen: Der Religionsunterricht wird tatsächlich von anderen LehrerInnen abgehalten, die auch eine andere Ausbildung haben. Sie haben den Unterricht in Bewegung und Sport erwähnt, früher Turnunterricht, das mag durchaus vorkommen, dass aus organisatorischen Gründen an einer Volksschule Stunden dann von anderen KlassenlehrerInnen gehalten werden, aber das ist eigentlich nicht vorgesehen.
Kinder in der Grundschule, also im Alter zwischen sechs und zehn Jahren, brauchen einfach eine ständige Bezugsperson. Das ist auch der Grund, warum man in der Volksschule, Grundstufe eins und zwei, von diesem Prinzip nicht abweichen möchte. Dasselbe trifft auch für Kinder zu, die aufgrund einer Lernbeeinträchtigung in einer Sonderschule sind. Auch hier ist die persönliche Beziehung zu möglichst wenigen Personen eine ganz wichtige Voraussetzung. Eine andere Situation haben wir in Integrationsklassen. Hier unterrichten in der Regel zwei LehrerInnen gleichzeitig.
Freak-Moderator: Was bedeutet das konkret bezüglich der körperlichen Eignung? Heißt das zum Beispiel, dass Frau Schramek, um Pflichtschullehrerin werden zu können, die stimmliche Eignung nachweisen müsste? Hätte sie dann Probleme bei der Aufnahmeprüfung?
Lucie Bauer: Die HZV legt ja nur den Rahmen fest, die tatsächliche Eignung und die Voraussetzungen, die notwendig sind, werden aber von der Studienkommission festgelegt. Insofern existiert auch die gesetzliche Grundlage, dass Studierende mit einer Behinderung durch ein modifiziertes Curriculum (modifizierte Prüfungsmethoden) diese Aufnahmeprüfung schaffen können.
Freak-Moderator: Also das bedeutet, behinderte Menschen können sich sehr wohl bewerben und die Aufnahmeprüfung machen. Im Falle dass sie fachlich geeignet sind und die nötigen Voraussetzungen mitbringen, haben sie sehr wohl gute Chancen aufgenommen zu werden. Habe ich Sie richtig verstanden?
Sozialminister Erwin Buchinger, hat über diese Verordnung gesagt, es könnte eine graue Diskriminierung vorliegen. Die Frage ist, ob man nicht überlegen könnte, die eine oder andere Bestimmung noch zu präzisieren. Dadurch bewerben sich vielleicht auch mehr Menschen mit Behinderung. Und man muss sagen, in früheren Zeiten war es so, dass Studierende, die eine Behinderung hatten, mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen mussten. Damals hat es die körperliche Eignung in sehr vielen Lehramtsstudienplänen auch für jene der AHS und BHS gegeben.
Lucie Bauer: Bis jetzt hatten wir noch keine Bewerbungen, ich denke aber, dass die Perspektiven heute durch die neue pädagogische Hochschule wesentlich besser sind, als sie zu Zeiten der pädagogischen Akademien waren.
Freak-Moderator: Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich möchte deshalb dem Publikum die Möglichkeit geben sich zu Wort zu melden. Eine Frage können wir noch in die Sendung hineinnehmen. Nachdem das nicht der Fall ist, frage ich Frau Schramek und Herrn Bachmayer: Was würden Sie sich für die Zukunft in Ihrem Studium eigentlich noch wünschen?
Lena Schramek: Ich hätte gerne mehr Dolmetschkapazitäten. Ich wünsche mir, dass ich 100% meiner Lehrveranstaltungen besuchen kann und dass diese alle gedolmetscht werden. Und dass gehörlose StudentInnen wirklich alle Studien besuchen können. Wenn jemand einen Berufswunsch hat, so soll er oder sie diesen Wunsch auch in die Tat umsetzen können. Das wünsche ich mir.
Freak-Moderator: Herr Bachmayer?
Sigo Bachmayer: Ich kann mich Frau Schramek nur anschließen. Für mich wäre es wirklich toll - weil Sie Wünsche ansprechen - dass gehörlose Lehrer und Lehrerinnen selbst auch an den Universitäten unterrichten, damit wir dadurch automatisch mehr Mitspracherecht bekommen. Das geht nur, wenn an der jeweiligen Fakultät auch gehörloses Personal mitarbeitet.
Freak-Moderator: Herzlichen Dank. Damit sind wir am Ende unserer Sendung angelangt. Zum Abschluss noch ein Literaturtipp: »Die soziale Lage gesundheitlich beeinträchtigter Studierender«. Die umfassende Studie, durchgeführt von Frau Angela Wroblewski, Martin Unger und Roswitha Schilder ist auf der Homepage des Ministeriums für Wissenschaft abrufbar.
Ich danke den GebärdendolmetscherInnen Sabine Zeller und Ferdinand Leszecz Im Namen des gesamten Freak-Radio-Teams verabschiedet sich Gerhard Wagner.